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Wie sich die Sucht nach Nasenspray bekämpfen lässt

Eine lange Anwendung von Nasenspray kann zu einer Schädigung der Nasenschleimhaut führen. Foto: thinkstock

Düsseldorf. Wer die Tropfen bei einer Erkältung zu lange nimmt, kann abhängig werden. Wege aus der Sucht gibt es, aber sie können viel Geduld erfordern.

„Wenigstens abends, sonst kann ich nicht schlafen. Nur noch einmal, dann höre ich auf. Es muss ja bald besser werden, dann brauch ich es eh nicht mehr."

Einige Menschen werden diese Gedanken kennen, wenn der Griff zu einem kleinen Fläschchen zur Gewohnheit wird. Die Nasenschleimhaut will nicht abschwellen, und der beliebte Helfer wirkt schnell und zuverlässig. Die Sucht nach Nasenspray mit Wirkstoffen wie Xylometazolin kann schnell voranschreiten, gerade weil es ein so gängiges Medikament ist.

Schwellung in der Nase

Dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Martin Wagenmann, Oberarzt am Uni-Klinikum Düsseldorf, ist die Sucht nicht unbekannt. „Dieser künstliche Nervenimpuls, den das Nasenspray hervorruft, wird durch starke Nutzung irgendwann zur Gewöhnung", sagt Wagenmann. Die Rezeptoren stumpfen ab, man braucht immer mehr und mehr Wirkstoff, um die Nase frei zu bekommen. Die Schwellung der Schleimhaut ist irgendwann nicht mehr entzündungs- sondern wirkstoffbedingt. Die Schleimhaut trocknet aus, die natürliche Schutzfunktion der Nase lässt dadurch nach und wird empfindlicher für Krankheitserreger.

„Bei wirklich langer Anwendung kann es zu einer richtigen Schädigung der Nasenschleimhaut führen", so Wagenmann. Ab wann dies auftrete, sei jedoch nicht exakt nachzuweisen. Die Packungsbeilage empfiehlt, das Medikament nicht länger als sieben Tage und nicht häufiger als drei Mal am Tag zu nehmen. Dr. Winfried Hohenhorst, Chefarzt der HNO Abteilung am Alfried Krupp Krankenhaus Essen, sagt vielen Patienten, dass sie die abschwellenden Tropfen sogar nicht häufiger als drei Mal am Tag und insgesamt drei Tage sprühen sollten. „Ansonsten beginnt bei vielen schnell ein Teufelskreis", so Hohenhorst.

Entzug mit Cortison

„Das erste, was man abklären sollte, wenn die Nase nach über einer Woche immer noch sehr geschwollen ist: Ist es überhaupt noch eine banale Erkältung oder eine Nasennebenhöhlenentzündung? Vielleicht spielt auch eine Allergie mit?", sagt Martin Wagenmann. Eigenmächtig sollte man das Spray nicht einfach über einen längeren Zeitraum einnehmen. „Abschwellende Nasentropfen sind nur sinnvoll, wenn es schon Probleme mit den Nasennebenhöhlen gibt", sagt Hohenhorst. Oder wenn andere pflegende Maßnahmen wie Nasenspülungen oder Öle ansonsten nicht wirken könnten, weil die Nasenschleimhaut zu angeschwollen sei.

Die Nasensprayabhängigkeit wird wie andere Suchterkrankungen auch, durch Entzug geheilt. Dabei gibt es verschiedene Herangehensweisen. Ein Weg, der aber nicht als Königsweg bezeichnet werden kann: Die Wirkstoffdosis schrittweise so zu verringern, dass sich die Schleimhaut langsam entwöhnt. „Die Präparate sind in unterschiedlichen Konzentrationen zu kaufen - das ist eine Möglichkeit, den Wirkstoff zu reduzieren", sagt Martin Wagenmann.

Eine weitaus wichtigere Säule der Therapie ist der Einsatz von verschreibungspflichtigen Cortisonsprays. Cortison wirkt als Spray am Zielorgan antiallergisch, entzündungshemmend und abschwellend, weil es die lokale Synthese von Entzündungsauslösern hemmt. „Auch während eines akuten Infekts ist es kein Problem, dieses Spray zu nehmen", bestätigen beide HNO-Ärzte. Die Annahme, dass es den Körper zusätzlich schwächt, sei überholt - gerade weil sowohl Asthma- als auch Nasensprays mit Cortison fast ausschließlich lokal wirken würden. Die Wirkung setzt nicht so schnell ein, wie die von abschwellenden Medikamenten, hier ist Geduld gefragt. Zudem ist die regelmäßige Einnahme wichtig, um den Cortisonspiegel konstant zu halten. Eine regelmäßige Kontrolle beim HNO-Experten soll sicherstellen, dass die Schleimhaut durch das Cortison keinen Schaden nimmt. So kann die Dosis richtig eingestellt werden.

Operative Methode

Zahlreiche Operationsmethoden versprechen, die Nase ohne Medikamente wieder frei zu bekommen. Dabei werden die permanent geschwollenen Nasenmuscheln verkleinert. Ein Verfahren ist die so genannte Radiofrequenzbehandlung. Eine Sonde verödet hierbei mit hochfrequenten Radiowellen überschüssiges Gewebe an den Nasenmuscheln. „Der Vorteil ist, dass die Schleimhaut intakt bleibt und nicht vernarbt", sagt Winfried Hohenhorst. Dieser Eingriff, der ambulant durchgeführt werden kann, sei nicht der erste Schritt in der Behandlung, aber wirke langfristig bei vielen Patienten, bei denen eine konservative Therapie nicht ausreiche. Die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen in der Regel jedoch nicht übernommen.

Um die gereizte Nasenschleimhaut zusätzlich zu unterstützen, können Nasenduschen hilfreich sein. „Hier ist aber wichtig, dass der Salzgehalt in der Lösung stimmt", sagt Martin Wagenmann. Die Konzentration sollte möglichst physiologisch sein (0,9 Gramm Kochsalz in 100 Milliliter Wasser). Spült man seine Nase mit zu viel Salz oder nur mit reinem Wasser, reizt es die Schleimhaut zusätzlich. „Regelmäßige Nasenspülungen sind besser als abschwellende Tropfen", sagt Winfried Hohenhorst. Damit sich Keime in der Nasendusche nicht vermehren, sollte die Dusche nach jeder Benutzung gründlich gespült werden. Auch spezielle Nasensalben und -Öle können den Heilungsprozess vorantreiben.

Janna Cornelißen

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