Kiel | „Wir werden aus Protest gegen das Schulsystem in ganz Deutschland öffentlich Schulzeugnisse rauchen." Mit diesen Worten ruft die LeonidasNet-Stiftung auf ihrer Internetseite unschulbar.net zu einer bundesweiten Protestaktion auf. Unter dem Motto „Du bist nicht deine Schulnote" wollen die rund 300 Unterstützer, dass Schüler nicht mehr nur auf ihre Noten beschränkt werden.
Auch in Kiel ist eine Aktion geplant. Das Ordnungsamt bestätigte, dass für den 23. März ein Protest mit 500 bis 1000 Menschen auf dem Rathausplatz angemeldet ist. Die Landesschülervertreter wissen allerdings nichts von einer Beteiligung ihrer Schulen. Für sie steht außerdem fest: „So eine Aktion bringt doch nichts und ist völlig unvernünftig."
„Sag deinen Eltern vorher nichts von der Demonstration", heißt es auf der Internetseite. Dahinter steckt der 39-jährige George Papa, selber vierfacher Vater. Schlechte Schüler werden seiner Meinung nach viel zu schnell als hoffnungslos abgestempelt, deshalb habe er die Protestaktion ins Leben gerufen.
Angeblich will die Stiftung Schulabbrechern auch dabei helfen, ihren Traumjob zu finden. Eine Ausbildung zum Programmierer bieten sie an, mit einem versprochenen Jahresgehalt von 36.000 Euro. „Einzige Bedingung ist, dass du bereit bist, deine Schule kurzfristig abzubrechen", heißt es.
Als Florian Lienau, Landesschülersprecher der Gymnasien, zum ersten Mal von den Demonstrationen gehört hat, konnte er es kaum fassen: „Jeder, der einigermaßen klar denken kann, wird da nicht mitmachen", sagt er. Auch Christoph Leide, Sprecher der Berufsschulen, schätzt die Aktion als sehr fragwürdig ein. „Also - ich brauche mein Zeugnis noch", sagt er. Kritik am System finde er aber grundsätzlich gut, nur das sei der falsche Weg.
Die Reaktionen der Schülersprecher dürften dem Bildungsministerium in Kiel gefallen. Sein persönlicher Eindruck sei, so Sprecher Thomas Schunck gestern gegenüber shz.de, „dass die Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein sehr wohl zwischen Sinn und Unsinn von Aktionen unterscheiden".
Den Kern der Demonstration könne er allerdings nachvollziehen, sagt Lienau weiter. Dass Schüler manchmal nur auf ihre Noten beschränkt würden, sei tatsächlich ein Problem. Deshalb ist die Landesschülervertretung auch der Ansicht, dass es bis zur zehnten Klasse keine Noten, sondern individuelle Bewertungen geben sollte. „Doch dafür muss es natürlich auch ausreichend Ressourcen geben." In der Oberstufe seien Noten aber sinnvoll, sagt der Landesschülersprecher. Eine zusätzliche Bewertung in Schriftform oder zeugnisbegleitenden Gesprächen müsse aber trotzdem sein. „Das passiert aber auch schon ganz häufig", betont er.
von Jana Walther erstellt am 24.Jan.2014 | 19:13 Uhr