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Kieler Sportlerparty außer Kontrolle

Kiel | Schon Tage vor Beginn war die Sportlerparty der Fachschaft Sport der Uni Kiel restlos ausverkauft. Auf dem Schwarzmarkt wurden die Karten mitunter für das Fünffache angeboten. Rund 6000 Feierwütige stürmten am Freitagabend in die Sparkassen-Arena, um für den guten Zweck zu tanzen. Die Einnahmen sollen an die Hilfsorganisationen Viva con Aqua sowie an die Welthungerhilfe gehen.

Es sollte die Party des Jahres werden. Mit der Ankündigung einer spektakuläre Licht- und Lasershow und 15 Dj´s auf drei Dancefloors wurde im Vorfeld geworben. Doch was sich dann vor den Eingängen der Sparkassen-Arena abspielte, damit hatten die Veranstalter (offizieller Veranstalter ist die Spielmacher Event GmbH, die Veranstaltung wird aber gemeinsam mit der Fachschaft Sport geplant und organisiert) nicht gerechnet. Zur Stoßzeit zwischen 1 und 2 Uhr nachts drängten die Massen in Richtung Halle. Das Problem: Nur zwei Eingänge waren geöffnet und die Gäste drängelten und quetschten, um der Kälte zu entkommen und auf die Mega-Party zu gelangen. Doch dabei kam es gleich zu mehreren kritischen Situationen. Wer ganz vorne stand, wurde gegen die eisernen Stangen der Absperrung gedrückt. Wer in der Mitte war, kämpfte gegen das Umfallen. Mehrere weibliche Gäste mussten von den Sanitätern herausgezogen werden, der Kreislauf machte einfach nicht mehr mit, die Platzangst war zu groß.

Während die Menschentraube wuchs und wuchs, dauerte es einige Zeit, bis sich die Sicherheitskräfte dazu entschlossen, einzugreifen. Sie bildeten schließlich eine Kette und versuchten die Partygäste in eine Reihe zu drängen - doch ohne Erfolg. Es wurde weiter geschubst und gerangelt. Viele sprangen einfach über die Absperrung an der Seite oder kletterten darunter durch. Die Sicherheitskräfte - sichtlich überfordert - waren längst nicht mehr Herr der Lage. Einige Gäste traten empört den Rückweg an, andere wiederum riefen die Polizei. Nach gut anderthalb Stunden hatte sich die Aufregung langsam wieder gelegt, die Schlange war zurück zu einer übersichtlichen Größe geschrumpft.

Doch im Internet ist die Aufregung auch noch zwei Tage nach der Party groß. Auf einigen Facebook-Seiten der Veranstaltung ist ein regelrechter Shitstorm ausgebrochen. „Wenn man überfordert ist, so große Veranstaltungen zu planen, sollte man es in Zukunft lassen", schrieb Anneke Kühn. Ein anderer meint: „Für so viele Leute anfangs nur zwei Eingänge zu öffnen, ist einfach fahrlässig. Man steht in der Schlange und neben einem kippen die Leute um. Garderobe unter aller Sau."

Auch Marius Jacobsen macht seinem Ärger auf Facebook Luft und prangert die Arbeit der Sicherheitskräfte an: „Das fast die Mädels am Eingang tot gedrückt wurden, hat die Security dezent ignoriert auch nachdem die Polizei von mindestens 50 Betroffenen gerufen wurde, konnte sie nichts unternehmen, da die Security, die sogar einen Freund angegriffen hat, so getan hat, als hätte sie alles im Griff. Wenn ihr noch mal meint, 6000 Karten verkaufen zu müssen, dann regelt den Einlass auch vernünftig. Das war fast Love Parade 2.0 und niemanden hat es interessiert. Arm ist das ganz arm."

Doch wer es dann tatsächlich geschafft hatte, die Halle zu betreten, und einen der knapp 3500 Garderobenplätze ergattern konnte, erlebte eine Party der Extraklasse. Die Organisatoren hatten sich einiges einfallen lassen, um die Feier so außergewöhnlich wie möglich zu gestalten. Da war ein riesengroßer Billardtisch aufgebaut, auf dem nicht mit dem Queue, sondern als Fußballspieler eingelocht wurde, ein Klettergarten in der Haupthalle sorgte für Spaß in luftiger Höhe und auch ein Casino sowie einen Surfsimulator hatte die Party zu bieten. Höhepunkt für viele Besucher war aber die sogenannte Silent-Disco. Diesen Raum durfte man nur mit einem besonderen Kopfhörer betreten, durch den alle Gäste dieselbe Musik hörten. Ganz versunken tanzten sie mit ihren Ohrhörern auf dem Kopf, die nur zum Bestellen der Getränke abgenommen wurden. „Ein einmaliges Tanzerlebnis. Man kommt sich vor, als wäre man alleine und irgendwie doch nicht. So kann man viel ausgelassener tanzen", sagte einer der Gäste.

Dass es sich bei dem ganzen bunten Drumherum immer noch um eine Studentenparty handelte, davon merkte man nicht mehr viel. Nur die Sportstudenten an den Getränkeständen erinnerten mit ihren einheitlichen T-Shirts noch daran. Ob die Party vielleicht doch eine Nummer zu groß für die Studenten war, darüber wird noch weiter im Internet diskutiert. Erste Einsicht kam bereits am Sonntagmorgen von den Betreuern der Facebook-Seite der Sportlerparty: „Mit der teilweise vermutlich berechtigten Kritik beschäftigen wir uns, wenn wir alle nach 36 Stunden Arbeit ausgeschlafen sind", heißt es auf der offiziellen Fanseite.

Auch die Spielmacher Event GmbH hat sich am Montag zu der Party geäußert. Laut Geschäftsführer Thomas Eschenlauer habe man nicht die Menschenmenge, sondern vielmehr die "Rücksichtslosigkeit einiger weniger meist angetrunkener Gäste, die durch ihr Verhalten die Lage für die Sicherheitskräfte zusätzlich erschwerten", unterschätzt. Für die gesamte Veranstaltung zieht er aber eine positive Bilanz: "Die Veranstaltung war für uns als Veranstalter und unseren Partner, die vielen Kieler Sportstudenten und deren Vertretung, ein großer Erfolg. Es gab für eine Veranstaltung dieser Größenordnung keine größeren negativen Vorkommnisse, und ein extrem kreatives, abwechslungsreiches und bundesweit sicherlich einmaliges Programm konnte in der ´Schleswig-Holsteinischen Provinz´realisiert werden. Besonders stolz sind wir auf die vielen ehrenamtlichen Helfer, Künstler und DJs, die kostenlos die Veranstaltung unterstützten", so Eschenlauer.

Eine Spende im fünfstelligen Bereich sei bei der Party zusammengekommen. Die offizielle Summe wird in den nächsten Tagen bekannt gegeben.

von Jana Walther erstellt am 24.11.2013 | 15:15 Uhr

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