AUSBILDUNGSMARKT - IHK und Handwerkskammer vermelden rund 800 freie Lehrstellen
DARMSTADT - Während die Ausbildungsplätze in Banken, Versicherungen und großen Unternehmen der Region bereits seit Monaten vergeben sind, werben viele mittelständische und kleine Unternehmen im Raum Darmstadt noch um die nächste Generation. Aktuell sind laut IHK und Handwerkskammer rund 800 Ausbildungsstellen unbesetzt.
Nach Angaben von Judith Sturm, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Darmstadt, melden mehr als 80 Prozent aller Betriebe im Bezirk Darmstadt ihre Ausbildungsplätze an die Agentur für Arbeit. Seit Oktober letzten Jahres, Beginn des Berufsberatungsjahres, bewarben sich im Bezirk Darmstadt 4 828 Bewerber für 3611 Berufsausbildungsstellen. Das seien rund 1,4 Prozent weniger Bewerber und 1,1 Prozent weniger Stellen als im Vorjahr.
Wie Sturm berichtet, sei die Bereitschaft der Unternehmen, auszubilden weiterhin hoch: „Um geeignete Nachwuchskräfte für die angebotenen Ausbildungsstellen konkurrieren häufig mehrere Unternehmen. Diese Situation birgt für die ausbildungsplatzssuchenden Schülerinnen und Schüler der Region große Chancen, aber auch Schwierigkeiten für Arbeitgeber, geeignete Ausbildende zu finden."
Eine Entwicklung, die auch die Handwerkskammer Frankfurt Rhein-Main beobachtet. Für den Bezirk Darmstadt und Umgebung sind dort laut Pressesprecherin Patricia Borna derzeit noch knapp 140 Lehrstellen unbesetzt.
Dass die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen so kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres noch verhältnismäßig hoch sei, liege an den stark branchenabhängigen Bewerberzahlen, meint Judith Sturm. Im Gegensatz zu beliebten Stellen in IT und Handel hätten es vor allem klassische Handwerksberufe wie der des Bäckers oder Kochs heute schwer. Das liege zum einen an den unattraktiven Arbeitszeiten, aber auch an Unwissen über die genauen Berufsinhalte, oder dem Prestige des Berufs. So hätte vor einigen Jahren beispielsweise die Zahl der Bewerber auf Kochausbildungen stark zugenommen, nachdem Kochsendungen von deutschen Starköchen wie Tim Mälzer Einzug in das deutsche Fernsehen hielten. Von dieser Entwicklung sei heute jedoch nichts mehr spürbar.
Dass Berufsfelder vor allem von ihrem Image leben, meint auch Torsten Heinzmann, Teamleiter der Ausbildungsberatung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein-Main-Neckar. In der Ausbildungsdatenbank der IHK sind derzeit 250 Betriebe verzeichnet, 650 freie Ausbildungsstellen gab es Mitte Juli noch. Dabei könne man laut Heinzmann jedoch noch keine branchentypischen Trends erkennen - selbst beliebte duale Studiengänge seien derzeit noch unbesetzt. Auch Heinzmann nennt Arbeitszeiten, wie auch Vergütung und Ansehen eines Berufs als Hauptkriterien der Entscheidung junger Schulabgänger.
Zumindest gegen das Unwissen über Inhalte der Berufe gehen Heinzmann und sein Team aktiv vor. Die IHK beschäftigt sogenannte Ausbildungsbotschafter, Azubis in fortgeschrittenen Lehrjahren oder mit abgeschlossener Ausbildung, die an Schulen über ihre Arbeit berichten und den Berufen so ein Gesicht geben.
Dabei lernen Schüler laut Heinzmann, dass beispielsweise der Berufsalltag des Lagerlogistikers nicht darin bestehe „Paletten von A nach B zu fahren", sondern zu großen Teilen von Planung, Organisation und EDV-Tätigkeit geprägt sei.
Sowohl Peter Heinzmann, als auch Judith Sturm betonen, dass die derzeitigen Zahlen zu den Stellen bis Herbst noch starken Schwankungen unterlägen. Eine endgültige Einschätzung der freien Stellen und damit verbundene Rückschlüsse auf den Ausbildungsmarkt Darmstadts durch das Arbeitsamt erfolgt im November.