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Suchtgefahr: So bekämpfst du deine Instagram-Sucht

Mädels am Smartphone: „ohne Zweifel Suchtpotenzial“.

Können Instagram und Facebook wirklich süchtig machen? Ja, sagt eine Sucht-Forscherin – und erklärt, was du für deine Gesundheit tun kannst.

Facebook und Instagram sind wie selbstverständlich auf meinem Smartphone installiert. Mindestens alle paar Stunden scrolle ich durch die Apps, schaue mir Fotos an, lese Kommentare oder lade selbst etwas hoch. Ohne die Apps könnte ich mir meinen Alltag kaum mehr vorstellen. Aber abhängig? Würde ich jetzt nicht von mir behaupten.

Instagram-Sucht bekämpfen: Selena Gomez brach sogar ihre Tour ab 

Wie wohl kaum jemand. Doch Sängerin Selena Gomez hat genau das getan. Mit ihrem Geständnis zur Instagram-Sucht in der „Vogue“ brach sie ein Tabu. Das soziale Netzwerk dominierte das Leben der 25-Jährigen von morgens bis abends. Nach einer Therapie und einer Auszeit von Instagram geht es ihr mittlerweile besser.

Kurzvideo: Selena Gomez verordnet sich eine Instagram-Abstinenz

„Die Technologie besitzt ohne Zweifel Suchtpotenzial, auf das wir hinweisen müssen. Produktdesigner arbeiten daran, dass diese Produkte abhängig machen – das müssen wir zurückfahren“, sagt Marc Benioff, Gründer des Softwareunternehmens Salesforce. Der amerikanische Investor George Soros vergleicht soziale Medien mit Casinos, die ihre Spieler bewusst in die Abhängigkeit trieben. Aber ist das wirklich so?

Pusch-Nachrichten bei Facebook und Instagram können süchtig machen 

„Die sozialen Netzwerke arbeiten mit unserem Belohnungssystem“, sagt Tagrid Leménager. Die Psychologin leitet die Arbeitsgruppe „Verhaltenssüchte“ am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Benachrichtigungen führten zur reflexartigen Nutzung. Aus dem nur mal eben gucken was es Neues gibt, wird dann meist eine ausgiebige Tour durch alle sozialen Medienkanäle.

Instagram-Sucht bekmpfen

Suchtforscherin Tagrid Leménager: „Wir sollten nicht nur kritisieren.“ (Foto: privat)

Die Mechanismen bei Facebook und Instagram führen zu abhängigem Verhalten. Ständige Benachrichtigungen über Likes, Kommentare oder neue Posts der Lieblingsstars oder besten Freunde reizen Benutzer, die Anwendungen noch öfter zu nutzen. Besonders bei Facebook gibt es mittlerweile für fast alles Push-Benachrichtigungen.

Der exzessivere Konsum hat Folgen: „Die ständige Nutzung führt zu Anspannung und permanentem Stress. Das kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken“, so Leménager. Handy-Nacken oder SMS-Daumen sind nur zwei neuerliche Krankheitsbilder, die durch die Nutzung auftreten.

Bin ich süchtig nach Instagram? 9 Anzeichen 

Die Langzeitfolgen sind noch nicht absehbar. Dafür ist die Entwicklung noch zu jung. „Langanhaltender Stress hat negative Auswirkungen auf Gedächtnis und Konzentration“, sagt Leménager. Es sei zu beobachten, dass die intensive Nutzung bei manchen dazu führe, sich nicht lange auf nur eine Sache konzentrieren zu können.

Im Jahr 2016 wurde Facebook in Deutschland im Schnitt 33 Minuten pro Tag genutzt, in den USA waren es fast 46 Minuten. Das berichten die Analysten von SimilarWeb. Instagram nutzten Deutsche mit rund 20 Minuten pro Tag ein wenig mehr als Nutzer in den USA. Die Zeit klingt erst einmal gering, ist aber netto – und damit die Summe aus allen mal-eben-zwischendrin-kurz-nochmal-Instagram-checken-Aktivitäten.

Genug der Fakten, weiß ja selbst, dass ich ständig dran bin. Aber ab wann bin ich abhängig? Für das neue Phänomen der Abhängigkeit von sozialen Medien gibt es noch keine eigenen, klinisch etablierte Kriterien. Allerdings ähneln die Anzeichen derer einer Spielsucht, sagt Suchtforscherin Tagrid Leménager und erklärt, welche Faktoren auf eine Abhängigkeit hinweisen:

  1. Ich beschäftige mich gedanklich ständig damit, was in den sozialen Netzwerken passiert.
  2. Wenn ich keinen Zugang zu den sozialen Netzwerken habe, kann ich mich schlecht konzentrieren, bin gereizt oder nervös.
  3. Ich verbringe immer mehr Zeit online.
  4. Ich vernachlässige Hobbys und Freund und nutze stattdessen lieber soziale Medien.
  5. Auch wenn ich durch meine permanente Nutzung Freunde verliere oder Streit mit ihnen habe, ändere ich mein Verhalten nicht.
  6. Vor Familienmitgliedern und Freunden gebe ich meine Nutzung nicht zu oder erfinde Ausreden.
  7. In problematischen Alltagssituation nutze ich soziale Netzwerke als Ablenkung und Kompensation und erhalte dort Anerkennung.
  8. Durch den Konsum verliere ich reale Freunde und Kontakte und vernachlässige Beruf, Ausbildung oder Karriere.
  9. Versuche, die Nutzung der sozialen Medien einzuschränken, bleiben erfolglos.

Und jetzt mal ganz ehrlich – fast jeder hat sich doch jetzt bei dem einen oder anderen Punkt ertappt gefühlt. Wenn mindestens fünf der Symptome innerhalb eines Jahres vorhanden sind, könne man von Abhängigkeit sprechen, erklärt Leménager.

Ehemalige Facebook-Mitarbeiter warnen vor Sucht-Gefahr 

Um auf die Gefahren der sozialen Netzwerke aufmerksam zu machen, haben eine Reihe früher Angestellter von Facebook und Google das Netzwerk „Center for Humane Technology“gegründet. Das Ziel: Die Aufklärung über Suchtgefahren durch Social Media und die extensive Smartphone-Nutzung. Zum Beispiel gibt das Netzwerk Tipps, damit es gar nicht erst zu einer Abhängigkeit kommt:

  1. Push-Benachrichtigungen der Apps ausschalten.
  2. Die Farbe des Smartphones auf Graustufe einstellen – Bunte Symbole geben unserem Gehirn bei jedem Entsperren positive Signale.
  3. Apps sozialer Netzwerke nicht auf dem Homescreen ablegen, sondern über die Suchfunktion starten – Während der Suche ist Zeit zu überlegen, ob man die App wirklich nutzen möchte.
  4. Wecker anschaffen und das Smartphone über Nacht in einem anderen Raum oder einer anderen Ecke des Zimmers aufladen.
  5. Und der wohl effektivste Tipp: Social Media Apps komplett vom Smartphone löschen und nur auf dem Computer nutzen.

Expertin Tagrid Leménager ist der Meinung, dass Selbsterkenntnis der beste Weg sei, um verantwortungsvoll mit sozialen Netzwerken umzugehen. „Wir sollten nicht mit erhobenem Finger nur kritisieren. Am besten lernt der Mensch, wenn er die Möglichkeit hat zu erkennen, dass sein Verhalten ihm nicht gut tut.“

Also gilt: Facebook, Instagram und Co. mal öfter gegen das reale Leben tauschen und seine Nutzung kritisch hinterfragen. Auch ich werde versuchen, weniger Zeit in sozialen Netzwerken auf meinem Smartphone zu verbringen.


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