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Menschen müssen wissen, was sie essen

Frisches Gemüse liegt an einem Verkaufsstand in einer Markthalle.

Es ist ein Trend: An vielen Straßenecken gibt es vegane Produkte. In Bäckereien, Dönerläden, ja selbst schon in Supermärkten. Viele Menschen kaufen dort. Sie machen sich immer mehr Gedanken über ihre Ernährung. Das ist an sich gut, es wird aber dann verwerflich, wenn sie es nur um des Hip-Seins-Willen tun. Das Thema ist zu ernst, um nur eine Mode zu sein.

Natürlich entscheidet jeder Mensch selbst, wie er sich ernährt oder anzieht. Wie er seine Freizeit verbringt oder seine Kleidung wäscht. Bei welcher Bank er sein Konto führt oder welchen Rucksack er trägt. Für alle aufgezählten Dinge gibt es Firmen, die propagieren, besonders nachhaltig zu produzieren und zu arbeiten. Bei einigen stimmt es, bei anderen fällt eine Beurteilung eher schwer. Es gilt: Leben und leben lassen. Dennoch ist es sinnvoll, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen - unabhängig von Fridays-for-Future-Demonstrationen oder Netflix-Dokumentationen à la „The Game Changers", die eindrucksvoll zeigt, welche Auswirkungen vegane Ernährung auf den Körper und dessen Leistungsfähigkeit haben kann.

Forscher sieht vegane Wende: Bauern müssen reagieren

Ernährung geht uns alle an, und das aus mehreren Gründen. Es kann erwiesenermaßen gesünder sein, sich vegan zu ernähren. Unzählige Studien beweisen, dass der Cholesterinwert bei veganer Ernährung sinkt. Sie belegen auch, dass pflanzenbasierte Lebensmittel besser verdaulich sind. Und sie zeigen, dass das Krebsrisiko beim Verzehr tierischer Produkte steigt. Es erscheint als sicher, dass vegane Ernährung gesünder ist und Risiken von Erkrankungen verringert. Im Umkehrschluss heißt das jedoch nicht, dass automatisch krank wird, wer weiterhin tierische Produkte verzehrt.

Sicher ist der Geschmack für die meisten Menschen ausschlaggebend. Weihnachten steht vor der Tür und ein veganes Menü ist immer noch für viele undenkbar. Für sie gehört Fleisch zu einer Mahlzeit, gerade bei besonderen Anlässen und Feiertagen. Und fleischlose Alternativen schmecken häufig anders. Auch die Erzeugung wirft bei veganen Ersatzprodukten zumindest Fragen auf. Viele dieser Nahrungsmittel bestehen teilweise aus Soja. Für die Produktion werden riesige Flächen benötigt. Teile des Amazonas-Regenwaldes sind gerodet worden - um Soja als Tiernahrung zu erzeugen. Das Soja, das in veganen Produkten enthalten ist, stammt aber meist aus Europa.

Alles außer Fleisch im Vengo

Diskussionen in sozialen Netzwerken vermitteln oft den Eindruck, dass nur eine Ernährungsweise die richtige ist. Mitunter fühlt man sich in Kommentarspalten, als sei gerade ein Krieg zwischen militanten Fleischfressern und extremistischen Veganern ausgebrochen. Beide Seiten haben ihre Daseinsberechtigung und ihre Argumente. Es gibt weder richtig noch falsch. Sich über seine Ernährung Gedanken zu machen, kann, gerade auch im Hinblick auf die Umwelt, nur sinnvoll sein.

Die Haltung verschiedener Tierarten - vor allem von Rindern - ist extrem klimaschädlich. Zum einen stoßen die Tiere viel Methan aus, das 25-mal schädlicher als Kohlenstoffdioxid ist. Zum anderen werden Wälder abgeholzt und Steppen urbar gemacht, um Weidetiere grasen zu lassen. 60 Prozent der Landwirtschaftsfläche in Deutschland wird laut dem Umweltbundesamt für Futtermittel für Rinder, Schweine und andere Tiere verwendet. Nur auf 20 Prozent der Fläche werden zum Beispiel Getreide oder Gemüse angebaut, die direkt für den menschlichen Verzehr bestimmt sind.

So übergewichtig ist Deutschland

Das Bundesumweltamt fordert daher völlig zu Recht, Fleisch mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu belasten. Fleisch ist zu günstig. Trotzdem kann teureres Fleisch nicht der einzige Weg sein. Durch Dünger und Pestizide, die über das Grundwasser in Umlauf geraten, entstehen weitere Risiken für Mensch und Umwelt.

Die Politik muss den Mut haben, diese Wahrheiten anzusprechen. Doch damit ist es nicht getan, denn kurzfristige Maßnahmen greifen nicht. Es braucht eine langfristige Strategie. Diese darf Verbraucher nicht erziehen wollen, denn dann sind Veränderungen meist nur von kurzer Dauer. Sie sollte informieren, schulen und warnen.

Menschen müssen sich bewusst sein, was sie essen, wie das gekaufte Produkt erzeugt wurde und was die Herstellung für die Umwelt bedeutet. Außerdem muss deutlich gekennzeichnet werden, welche Stoffe enthalten sind. Das ergibt nur Sinn, wenn die Verbraucher in der Lage sind, die Bezeichnungen zu verstehen. Einige Zutatenlisten im Supermarkt lesen sich aktuell wie die Beipackzettel von Arzneimitteln. Das darf so nicht bleiben.

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