Es ist der 7. Oktober 2004, kurz vor 14 Uhr, als ein Mann die Sparkasse im baden-württembergischen Siegelsbach betritt. Die Pistole im Anschlag zwingt er den Bankangestellten Torsten M. den Tresor zu öffnen und niederzuknien. Dann schlägt er ihm mit der Waffe den Schädel ein. Als er mit den erbeuteten 33.514 Euro fliehen will, kommt ihm ein Rentnerehepaar entgegen, Gisela und Hermann C. Er wirft den alten Mann bäuchlings über einen Stuhl, setzt ihm die Pistole ans Genick, drückt ab. Der Frau schießt er zwei Mal in das Gesicht. Sie ist sofort tot. Doch womit der unmaskierte Täter nicht gerechnet hat: Ihr Ehemann und der Bankangestellte überleben.

„Der Bäcker war es“, sagt der Rentner zu den Sanitätern. „Der Bäcker war es“, sagt auch der Bankangestellte, nachdem er aus dem Koma erwacht ist. 

Das klingt ungeheuerlich. Alfred B. lebt seit seiner Geburt in Siegelsbach. Er gilt als unbescholtener Bürger, ist Hobby-Jäger. Und hoch verschuldet. Seine Bäckerei liegt knapp 200 Meter von der Sparkasse entfernt. Wenige Tage vor der Tat habe er dem Bankangestellten noch Laugenstangen geschenkt, sagt dieser aus. Kann es sein, dass sich die beiden Überlebenden täuschen, dass ihr Erinnerungsvermögen sie aufgrund ihrer massiven Verletzungen trügt? Die Polizei braucht objektive Beweise. Die Videokamera war ausgeschaltet, Aufzeichnungen gibt es nicht.

Doch auf dem Teppich der Bank findet die Spurensicherung einen markanten Schuhabdruck, direkt neben einer Blutlache: Rot auf grauem Nadelfilz. Die Polizeibeamten fotografieren den Abdruck. Einen weiteren fixieren sie mit einer transparenten Gelatinefolie, an deren klebriger Fläche Blut- und Schmutzpartikel haften bleiben und so den Umriss der Sohle erkennen lassen.

Die Bilder landen im Labor von Joseph Schweinbenz, Sachverständiger für Schuhspuren beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Sein Auftrag: Er soll herausfinden, ob die Abdrücke auf dem Teppich mit Schuhen des Bäckers übereinstimmen. (...)

erschienen im Februar 2017, Stern Crime, Nr.11

www.stern-crime.de