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Frauen-Fußball-WM 2011: Früher Mannweiber, heute sexy Kickerinnen

Fatmire Bajramaj freut sich über ihre neuen Nike-Schuhe

Von Inga Radel

Vier Nationalspielerinnen flanken sich Bälle zu und dann setzt die Zeitlupe ein: Lira Bajramaj, Kim Kulig, Simone Laudehr und Celia Okoyino da Mbabi zücken roten Lippenstift, pudern sich die Wangen und tuschen Mascara nach. Bizarr klischeehaft ist der Werbespot eines Technikhändlers für den WM-Sommer geraten. „Das Image des Frauenfußballs hat sich nahtlos gewandelt vom Image des Mannweibs zum Image der sexy Kickerinnen", sagt die Kommunikationswissenschaftlerin Daniela Schaaf von der Deutschen Sporthochschule Köln. Die Generation Bajramaj ist bestens vermarktet. Endlich! Aber muss Birgit Prinz nun ihr Barbie-Pendant mögen? Sollten sich U20-Nationalspielerinnen im „Playboy" ausziehen? Nationalmannschaftsmanagerin Doris Fitschen sagte einmal: „Je mehr Präsenz man hat, umso interessanter ist es, und am Ende ist Frauenfußball total hip." Sie ist noch Besitzerin des legendären Kaffeeservices, das der DFB den Europameisterinnen von 1989 als Prämie übergab. Diesmal locken 60 000 Euro pro Spielerin für den WM-Titel - aus einem „Medientopf" kommt noch etwas hinzu. „Dafür erwarten wir aber auch, dass sie Öffentlichkeitsarbeit machen."

Silvia Neid: Angebot vom Playboy

Fitschen will die Attribute „authentisch, modern, jung, attraktiv und selbstbewusst" transportieren. Es wäre okay, wenn sich nach den Nachwuchs-Kickerinnen auch eine A-Kader-Spielerin im „Playboy" zeigte. „Die Spielerinnen können machen, was sie wollen. Das sind sehr attraktive Fußballerinnen." Bundestrainerin Silvia Neid verriet der „Bunten", dass ihr ein „Playboy"-Angebot einst schmeichelte.

Einzelne kritische Stimmen, dass der DFB seine Spielerinnen mit Nackt-Fotos, Modefoto-Strecken in der „Brigitte" oder Kampagnen für Kosmetikhersteller verheize, hält Schaaf für überzogen: „Der DFB hat das nicht eingefädelt und das Image der sexy Kickerinnen auch nicht aktiv forciert, aber er setzt diesem Image auch nichts entgegen." Verantwortlich seien eher die Manager, die den Frauenfußball für sich entdeckt haben. „Früher war es für Sportmanager uninteressant, eine Nationalspielerin unter Vertrag zu nehmen, weil sie die nicht vermarktet bekommen haben."

DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg sieht durch die Kommerzialisierung ein Alleinstellungsmerkmal in Gefahr: „Der Frauenfußball macht auf viele Leute noch einen ehrlichen Eindruck." Aber der DFB will unbedingt weiter Mädchen werben. Über eine Million der über sechseinhalb Millionen im DFB organisierten Fußballer sind heute Frauen und Mädchen - der Anteil der Männer ist ausgereizt.

„Sommermärchen reloaded"

Bei der Vermarktung seiner Frauen setzt der DFB auch auf Social Media. Wie die Männerelf haben die Frauen einen Twitter-Account (schon rund 4000 Follower). Auch bei Facebook sind sie vertreten - als „Sommermärchen reloaded" (über 20 000 Fans). „Wir wollen uns dem Userverhalten unserer Fans anpassen", sagt Ralf Köttker, der DFB-Mediendirektor und Geschäftsführer von DFB-Online. Ab Dienstag werden täglich Videos aus dem WM-Quartier angeboten. „Wir wollen den Fans schnelle, exklusive Einblicke geben und Nähe herstellen."

Bei Facebook ist auch Bajramaj - vielmehr sind dort ein Sponsor und ihr Management für sie aktiv. Das schrieb auch ein „taz"-Interview mit ihr derart um, dass es nicht mehr wiederzuerkennen war. Schaaf sagt: „Sie ist die Spielerin, die das höchste Vermarktungspotenzial der WM hat." Dabei schwächelte die Dribbelkünstlerin in den Testspielen. „Meiner Meinung nach kann sich der DFB nicht leisten, Bajramaj nicht aufzustellen", meint Schaaf. Es könne zum „Kurnikowa-Effekt" kommen - „sie wird dennoch eingesetzt, weil sie so eine hohe Attraktivität hat und die Sponsoren erwarten, dass sie eingesetzt wird".

Birgit Prinz sagt: „Es ist auch wichtig, dass es Spielerinnen gibt, die die Medien versorgen." Sie selbst kommentiert die ihr nachempfundene Barbie aber eher nüchtern: „Das ist meine erste Barbie. Das sagt ja wohl schon eine Menge aus." Und Nachwuchsstar Kim Kulig wirbt für einen Tiernahrungshersteller als „langjährige Katzenliebhaberin", der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gestand sie aber schmunzelnd: „Wir hatten leider in der Familie nie eine Katze, sondern haben seit vielen Jahren einen Hund."

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