Berlin Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat erneut eine Neonazi-Vereinigung verboten. Am Dienstagmorgen durchsuchten insgesamt fast 200 Polizisten in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen die Wohnungen und andere Objekte von elf mutmaßlichen Mitgliedern einer Vereinigung, die sich „Wolfsbrigade 44" beziehungsweise „Sturmbrigade 44" nannte.
Die Beamten beschlagnahmten unter anderem Waffen wie verbotene Einhandmesser, eine Armbrust, Bajonette, eine Machete und NS-Devotionalien mit Hakenkreuzen und Fahnen sowie Computer, Telefone und Speichermedien.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums richtete sich die „Sturm- /Wolfsbrigade 44" mit ihrer „menschenverachtenden Ideologie in aggressiv kämpferischer Weise sowohl gegen die verfassungsmäßige Ordnung als auch gegen den Gedanken der Völkerverständigung". Zweck und Tätigkeit des Vereins sei den Strafgesetzen zuwidergelaufen. „Charakteristisch für die Gruppierung war vor allem ihre Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus. Die Vereinsmitglieder bekannten sich offen zu Adolf Hitler und strebten die Wiedereinrichtung eines NS-Staats unter Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats an", teilte das Ministerium mit. Ziel der Gruppierung war demnach ein „Wiedererstarken eines freien Vaterlandes" nach „germanischem Sittengesetz".
Die Gruppierung war vor allem in Hessen und Sachsen-Anhalt aktiv, unter anderem in Gardelegen und Köthen, wo Mitglieder 2018 bei einer Demonstration auftraten, nachdem ein Einheimischer von einem Asylbewerber getötet worden war.
Bereits im Juli vergangenen Jahres ließ die Bundesanwaltschaft bei sechs Beschuldigten die Wohnungen in Sachsen-Anhalt, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen durchsuchen. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung führte das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt.
Eigentlich sollte es am Dienstagmorgen auch in Sachsen-Anhalt Durchsuchungen geben. Doch anders als die Verwaltungsgerichte in den anderen drei Bundesländern habe das Verwaltungsgericht Halle keine ausreichende Grundlage für Durchsuchungsbeschlüsse gesehen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums der Berliner Zeitung. „Eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht in Magdeburg blieb ohne Erfolg."
Mit dem Verbot der Neonazi-Truppe ist jetzt auch die Verwendung von Kennzeichen der „Sturm-/Wolfsbrigade 44" untersagt - wie etwa ein Totenkopf mit Stahlhelm und gekreuzten Stielhandgranaten oder auch Schriftzüge wie „Leibstandarte 44" oder „Sturmbrigade 44 Rostock".
Die Zahl 44 im Namen der Gruppe steht als Code für den vierten Buchstaben im Alphabet - DD als Abkürzung für „Division Dirlewanger". Sie bezieht sich auf den als besonders sadistisch berüchtigten Kriegsverbrecher Oskar Dirlewanger, der als Kommandeur einer nach ihm benannten Sondereinheit der Waffen-SS für den Tod zehntausender unbewaffneter Zivilisten verantwortlich war.
Im Januar hatte Seehofer bereits die Neonazi-Vereinigung „Combat 18" verboten und im März die Reichsbürgergruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme". Im Juni traf es dann die nationalsozialistisch ausgerichtete Vereinigung „Nordadler". Diese hatte vor, Immobilien in Deutschland zu kaufen und Schulungszentren zu errichten, um unter anderem Wehrsportübungen zu veranstalten.
Zum jetzigen Verbot der „Sturmbrigade 44" erklärte Seehofer: „Eine Vereinigung, die Hass sät und für die Wiedererrichtung eines nationalsozialistischen Staates eintritt, hat in unserem Land keinen Platz. Wer die Grundwerte unserer freiheitlichen Gesellschaft bekämpft, bekommt die entschlossene Reaktion des Rechtsstaates zu spüren."