Wer eine Stadt öfter sieht, übersieht in der Hektik des Alltags oft ihren Reiz. Bei einem Streifzug durch Frankfurt hat unsere Autorin die bekannten Ecken einmal aus den Augen einer Touristin betrachtet - und war begeistert von den vielen schönen Orten.
Jeden Tag machen Touristen Halt in Frankfurt und Zugezogene lernen ihre neue Heimat kennen. Aber wie wirkt die Stadt eigentlich auf Besucher und Neulinge? Ich wollte es wissen und lasse mich mit dem neugierigen Blick eines Besuchers treiben. Zu Fuß, möglichst günstig und an einem halben Tag die wichtigsten Sehenswürdigkeiten anschauen - das ist mein Plan.
Die Tour beginnt am Hauptbahnhof. „Wir befinden uns hier", sagt Monika Becherer, Mitarbeiterin der Tourist-Information, und kringelt das Gebäude auf dem Stadtplan ein. Für den Fall, dass Besucher nur wenig Zeit haben, hat Becherer eine Route parat, die sie geschwind mit Kreisen, Pfeilen und Quadraten zu Papier bringt: Die Kaiserstraße entlang, vorbei am Willy-Brandt-Platz, zum Goethe-Haus, in Richtung Dom, Römer und Paulskirche, vielleicht einen Abstecher an den Main machen, definitiv aber in die Kleinmarkthalle gehen.
Von der Konstablerwache über die Zeil zur Hauptwache, einen Blick auf den Börsenplatzwerfen, durch die Freßgass, an der Alten Oper vorbei, über die Taunusanlage und eventuell auf den Main Tower. Frankfurt im Schnelldurchlauf. Schon beim Verlassen des Bahnhofs zeigt sich das typische Gesicht der Metropole. Vorübereilende Geschäftsleute teilen sich das Parkett der Großstadt mit Menschen, die mit Pappbechern und gesenktem Blick auf dem Boden sitzen. Schnelligkeit und Stillstand. Eisdielen und Erotikshops. Bars und internationale Buchhandlungen. Willkommen in Mainhatten.
Am Ende der von Bäumen und hübschen Häusern gesäumten Kaiserstraße ragen Bankentürme in den Himmel. Es hängt ein Gewirr aus verschiedensten Sprachen, Hupen und Musik in der Luft.
Durch das Multikulti-Metropolenfeeling zwischen Restaurants und Geschäften aus aller Welt geht es in Richtung Willy-Brandt-Platz, Euro-Skulptur und weiter zum Goethe-Haus. Folgt man von dort Weißliliengasse und Berliner Straße, kommt man an bunten Szeneläden mit Hipster-Flair vorbei und findet sich kurz darauf zwischen niedlichen Fachwerkhäusern auf dem Römerberg wieder. Einen Apfelwein schlürfend mit Blick auf die Dreigiebelfassade des Rathauses, die Paulskirche und fotografierende Touristen lässt es sich Kraft tanken für den nächsten Halt: die Kleinmarkthalle. Hier wird man vom Duft geräucherter Salami, frischen Fisches und kräftigem Käse empfangen.
Rund 60 Händler bieten auf 1500 Quadratmetern Obst und Gemüse, Tee und Gewürze, Nudeln und Feinkost an. Besucher mit Grüner Soße, Kartoffeln und Ei auf dem Teller lassen den Blick über das farbenprächtige, internationale Warenangebot schweifen.
Nicht weniger geschäftig geht es anschließend zwischen Konstabler- und Hauptwache auf der Zeil zu. Hier reiht sich ein Konsumtempel an den nächsten. Verkäufer bieten Würstchen aus dem Bauchladen, Tiere aus Luftballons und Schmuck aus Besteck an.
Zum Takt der Straßenmusik lässt es sich hervorragend flanieren. Sitzbänke laden zu einem Moment des Innehaltens ein. Der Stadt beim Pulsieren zuschauen und bärtige Männer mit verschleierten Frauen und rasierte Männer mit Glitzerrock und rotem Lippenstift beobachten. Weiter geht es zur Frankfurter Börse und deren Symbol Bulle und Bär.
Unweit erstreckt sich die Freßgass mit ihren Versuchungen von Fastfood bis Feinkost. Es lohnt ein Blick auf die Alte Oper, bevor man langsam durch das Wäldchen der Taunusanlage wieder Richtung Willy-Brandt-Platz bummeln kann.
Nicht weit davon in der Neuen Mainzer Straße lässt sich das Schauspiel der Stadt von der Aussichtsplattform des Main Towers betrachten. Wenn man den Adern Frankfurts folgt, zeigt sich schnell die spannende Vielfalt. Von hippen Ecken geht es an geschichtsträchtige Orte, von dunklen Gassen in weitläufige Prachtboulevards, vom topmodernen Apple Store zum steinalten Kirchengemäuer. Wer mehr Zeit habe, empfiehlt Becherer, müsse ans Museumsufer. Und Zoo oder Palmengarten besuchen. Abends nach Sachsenhausen in eine Apfelweinwirtschaft. Auch der Chinesische Garten und Bockenheim seien sehenswert.
„Mir fällt die ganze Zeit noch mehr ein", lacht sie. Man kann aber auch einfach wieder zu dem stillen Plätzchen auf der Zeil gehen. Oben recken sich die Türme der Banken zwischen die Wolken, unten vibriert die U-Bahn. Ein kleiner Einblick in die Vielschichtigkeit Frankfurts lässt sich an einem halben Tag auf jeden Fall gewinnen.
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