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Kolumne

Das bisschen Alltag: Katzen

ak - analyse & kritik Nr. 640/ 21. August 2018

Comicfiguren wie Catwoman oder Sprüche wie »Frauen sind wie Katzen, Männer wie Hunde« – Frauen als Katzen zu beschreiben ist ein alter von Männern geschaffener Brauch. Doch statt die Katze zu verkörpern, sehen viele Frauen in ihr einfach nur gute Gesellschaft. Katzenliebhaberinnen analysieren und bewundern die Komplexität der Katzenpsyche, die anlockt, sich entzieht, klagt, mysteriös und eigensinnig ist. »Kluge Gedanken für Frauen, die Katzen lieben«, »Vom Glück mit Katzen zu wohnen«, »Starke Frauen und ihre Katzen« oder auch »Katzen und ihre Frauen« – aus der Existenz von Bildbänden und Büchern mit Titeln wie diesen spricht der Wunsch, sich für die Katzenliebe nicht mehr schämen zu müssen.
Denn für Frauen, die Katzen zu sehr mögen, wurde das Stereotyp der Crazy Cat Lady erschaffen. Die verrückte Katzenfrau wird im Allgemeinen definiert als ältere Witwe, die alleine lebt und zu viele Katzen besitzt. Bei den Simpsons heißt sie Eleanor Abernathy, raucht und trinkt zu viel und ist nur schwer zu verstehen; sobald sie auftaucht, wirft sie mit Katzen um sich, die sie zwischendurch auf einem Waschbrett am Fluss wäscht. Eine Vorläuferin der Crazy Cat Lady ist die Hexe mit dem schwarzen Kater, die man im Mittelalter so gerne verbrannte. Wer als Frau die Gesellschaft von Katzen der von Männern und Kindern vorzieht, wird – man ahnt es schon – sehr, sehr unglücklich. Ob sie aber durch die Katzen signifikant unglücklicher wurden, ist nicht bekannt: Die argentinisch-italienische Malerin Leonor Fini lebte am Ende ihres Lebens in Paris gemeinsam mit bis zu 17 Katzen zusammen – auch ihre Freundinnen, die Schriftstellerin Elsa Morante und die Schauspielerin Anna Magnani, bedachten ihre Katzen mit viel Aufmerksamkeit. Die Brontë-Schwestern waren Katzenfans – ebenso wie etliche Filmstars; die feministische Science-Fiction-Autorin Marge Piercy nannte ihre Memoiren »Sleeping with cats«.
»Cats against catcalling« oder »Pro-Cats, Pro-Choice, Pro-Feminism« – nicht gerade subtil bringen diese Internetslogans die enge Verbindung zwischen Katzen und Feminismus zum Ausdruck, die manche Katzenbesitzerinnen erkennen wollen.
Spätestens mit dem käuflich zu erwerbenden Kühlschrankmagneten mit der Aufschrift »You say ›crazy cat lady‹ like it's a bad thing« kann das Stereotyp als vom Aussterben bedroht gelten. Dass die Frau mit Katze keine Angst mehr hat, als verrückte Katzenfrau zu gelten, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie der Feminismus kulturelle Vorstellungen verändert – und sich sexistische Klischees aneignet. Schließlich ist es ihr gutes Recht, mit dem Tier genauso unglücklich zu werden, wie andere es mit ihren menschlichen Gefährten bereits sind. Hannah Schultes