Hannah Prasuhn

Journalistin, Berlin/München

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Artikel

Special-Olympics-Schwimmer Leo Heckel: „Während der Pandemie hat man uns vergessen"

Leo Heckel hat sein Ziel bei den Weltspielen von Special Olympics in Berlin noch nicht erreicht. „Gold" hatte sich der 23 Jahre alte Schwimmer vorgenommen, so hatte er es Mitte Mai während des Trainingslagers im Olympischen und Paralympischen Stützbaum Kienbaum gesagt.

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Etwas mehr als einen Monat danach reichte es in seinem ersten Wettkampf bei den Weltspielen immerhin schon einmal zu Silber. Gemeinsam mit seinem Unified-Partner Adrian Schlüter lieferte er sich am Montag auf der Regattastrecke in Grünau ein Kopf-an-Kopf-Rennen über 1500 Meter im Freiwasser um Platz zwei.

Das Rennen war schon „unglaublich", Heckel könne es gar nicht glauben, nun Zweitbester der Welt zu sein. Ein paar weitere Chancen auf Gold kämen für ihn ja noch, sagt Schlüter. Das sind dann aber Schwimm-Wettkämpfe in der Halle und keine Unified-Wettbewerbe, in denen Menschen mit und ohne Lernbeeinträchtigung in einem Team starten.

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Dieser Text erscheint im Rahmen der „Special Olympics Zeitung" - ein Gemeinschaftsprojekt von Tagesspiegel, DGUV, BGW und Special Olympics Deutschland. Alle Texte zu den Weltspielen in Berlin finden Sie hier.

Das Duo Heckel und Schlüter kommt aus Hamburg und kennt sich schon seit „ganz früher", erzählt Schlüter in Kienbaum. „Seit fast zehn Jahren" würden sie Aquaball zusammen spielen. Zum Schwimmen sei der 21 Jahre alte Schlüter vor drei Jahren über ein Freiwilliges Soziales Jahr im Schwimmverein gekommen - und wurde so zu Heckels Unified-Partner.

Im Wasser fühle Heckel sich frei

Neben den ganzen Trainings verbringen die beiden auch abseits der Sportanlagen viel Zeit miteinander - und feiern zum Beispiel gemeinsam ihre Geburtstage. Die Höhen und Tiefen im Wettkampfsport miteinander teilen zu können, sei ein sehr schönes Gefühl, sagt Heckel.

Schlüter und Heckel trainieren beim Eimsbütteler TV (ETV), einem Verein, der sich den Inklusionssport mit auf die Fahnen geschrieben hat. Die Angebote werden gut angenommen. Es gebe zu wenig freie Plätze in inklusiven Trainingsgruppen und zu viele Interessenten, bestätigt die Bundestrainerin Franziska Weidner. Und auch beim ETV „gehen viel mehr Anfragen zum Inklusionsschwimmen ein, als der Verein Plätze hat", sagte Heckel dem Hamburger Abendblatt.

Als Sportler beim ETV durfte Heckel während der Corona-Pandemie nicht weiter in der Schwimmhalle trainieren - Sportler*innen aus dem Olympiakader schon. „Das war echt unfair. Ich habe das Gefühl, dass man uns damals vergessen hat", sagte Heckel dem Hamburger Abendblatt. Er musste also laufen gehen, statt zu schwimmen. Dabei liebe er so sehr das schwerelose Gleiten, im Wasser sei es einfach anders. Er fühle sich frei darin, erzählt der Schwimmer im Trainingslager.

Heckel trainiert drei Mal die Woche im Becken und geht zusätzlich einmal in der Woche zum Tennis in einer Inklusionssportgruppe vom ETV. Vor dem Training arbeitet er als Gärtner in den Alsterdorfer Werkstätten. Und er engagiert sich als Hamburger Athletensprecher. Er möchte dadurch den Inklusionssport mehr in die Öffentlichkeit rücken. „Ich wünsche mir gleiches Recht für alle. Das wird aber nicht immer eingehalten", sagt er dem Hamburger Abendblatt.

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In Berlin liegt der Fokus zumindest während der Weltspiele einmal so richtig auf dem Inklusionssport - und der von Heckel auch noch immer auf einer Goldmedaille.

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