Hannah Prasuhn

Journalistin, Berlin/München

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Artikel

Special Olympics World Games: Kai-Jürgen Pönisch gewinnt das erste deutsche Gold

Das Startfeld bei den 1500-Metern Freiwasserschwimmen bei den Weltspielen von Special Olympics ist stark. Medaillengewinner*innen der vergangenen Sommerspiele, 2019 in Abu Dhabi, und der Nationalen Spiele in Berlin 2022 reihen sich entlang des roten Seils auf. Die Athlet*innen tragen weiße und türkisfarbene Badekappen, manche von ihnen warten im Neoprenanzug auf das Startsignal.

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Die Wassertemperatur der Dahme in Berlin-Grünau beträgt am Montag Vormittag 17 Grad, der Himmel ist bedeckt. Es ist ruhig an der Regattastrecke, die Schwimmer*innen sollen sich konzentrieren können. Dann ertönt ein „Take your marks" - „Auf eure Positionen". Mit dem Startschuss geht das Rennen los.

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Dieser Text erscheint im Rahmen der „Special Olympics Zeitung" - ein Gemeinschaftsprojekt von Tagesspiegel, DGUV, BGW und Special Olympics Deutschland. Alle Texte zu den Weltspielen in Berlin finden Sie hier.

Die Frauen und Männer, jeweils eingeteilt in zwei Leistungsklassen, begeben sich gemeinsam auf die drei Runden zwischen den orangefarbenen Bojen. Alle Schwimmstile sind erlaubt - auch Pausen. Wenn Athlet*innen auf den eineinhalb Kilometern, die es zu schwimmen gilt, sich erholen möchten, aus Müdigkeit oder Nervosität, können sie sich an den Stand-Up-Paddleboards und Booten der Rettungsschwimmenden festhalten.

Auch Jäger und Spaulding gewinnen Medaillen

Unter dem Applaus und Jubel der Zuschauenden zieht sich das Feld schnell auseinander, drei Athleten setzen sich nach vorne ab. Jedes Mal, wenn sie an der Landgeraden vorbeischwimmen, werden sie lautstark angefeuert. Zwanzig Minuten und 25 Sekunden später biegt der erste Schwimmer auf die Zielgerade ab. Locker und entspannt wirkt er. Dann zieht sich Trent Bethel aus Trinidad und Tobago lachend am Steg aus dem Wasser. Eingewickelt in ein Handtuch setzt er sich als erster auf einen bereitgestellten Stuhl - und kann sich seiner Goldmedaille sicher sein.

© IMAGO/Matthias Koch

Aber ein Freiwasserwettkampf bei Special Olympics bedeutet, dass es nicht nur eine Goldmedaille zu vergeben gibt. Etwa acht Minuten später gibt es die zweite in Grünau. „Boah, war der schnell!", sagt seine Trainerin, als Kai-Jürgen Pönisch aus dem Wasser steigt. Der Berliner Schwimmer lacht und scheint sichtlich glücklich und zufrieden mit seiner Leistung heute: „Es hat Spaß gemacht und ich hatte Lust", sagt der 25-Jährige - „und jetzt wird heute noch gefeiert!".

Nach den Goldrennen von Pönisch und Bethel steigen die ersten Frauen aus dem Wasser. Die Erschöpfung hält bei Elke Jäger und Patrizia Spaulding nicht lange an, als klar ist, dass beide Schwimmerinnen sich eine Medaille umhängen dürfen. Spaulding holt mit etwa einer Minute Vorsprung zur Zweitplatzierten in ihrer Kategorie die zweite deutsche Goldmedaille am Montag. Jäger kämpft sich auf den dritten Platz in ihrer Leistungskategorie.

Spaulding sei sehr nervös gewesen, „aber jetzt fällt alle Anspannung ab". Ihr Ziel war es, an Elke Jäger dranzubleiben. „Das hat geklappt, als ich in die letzte Runde gegangen bin, da habe ich alles gegeben", sagt die Athletin aus Baden-Württemberg. Auch wenn ihr das ein paar Minuten nach ihrem Zieleinlauf kaum noch anzumerken ist, sei das Rennen hart gewesen, „aber wir sind ein Team und halten zusammen!", sagt Spaulding mit Blick auf Jäger. Und die Bronzemedaille reicht ihr nicht aus: Mit der Staffel möchte sie in der Halle dann noch die Goldmedaille holen: „Das wäre geil!"

Wenig später der Start des 1500-Meter-Unified Rennens, in dem Menschen mit und ohne Lernbeeinträchtigungen zusammen ein Schwimm-Team bilden. Adrian Schlüter atmet noch einmal tief durch, kreist die Schultern und richtet die Badekappe seines Schwimmpartners Leo Heckel. Dann geht das Duo ins Wasser und ordnet sich am Startseil ein. „Good luck, guys" („Viel Glück, Leute"), rufen die beiden deutschen Schwimmer ihrer Konkurrenz zu, dann erfolgt der Startschuss für das zweite Rennen des Tages.

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Heckel und Schlüter setzen sich direkt nach vorne ab, gemeinsam mit dem Team aus Mexiko und Costa Rica. Drei Runden lang liefern sich die Deutschen dann ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Costa Rica um die Silbermedaille. Am Ende stehen den deutschen Trainer*innen die Tränen in den Augen, als Heckel und Schlüter ihren kleinen Vorsprung auch auf den letzten Metern halten und nach Mexiko und vor Costa Rica die Ziellinie überqueren. „Wir können es immer noch nicht fassen, dass wir Zweite der Welt geworden sind", sagt Heckel hinterher: „Das war unglaublich."

Hinweis: Die Veranstalter*innen der Weltspiele sprechen von „Athlet*innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung". Wir haben uns innerhalb des Reporterteams auf die Bezeichnung „Athlet*innen mit Lernbeeinträchtigungen" verständigt. So schlägt es auch Jürgen Dusel vor, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigung.
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