Hannah Prasuhn

Journalistin, Berlin/München

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Artikel

Sand in Sand: Inklusiver Sport bei den Special Olympics World Games

Kaya Schöbel ist ein ehrgeiziger Mensch. Wenn die Beachvolleyballerin bei den Weltspielen der Special Olympics antritt, dann will sie auch ihr Bestes geben. „Schön in die Ecken spielen, die anderen austricksen", sagt die 21-Jährige aus Braunschweig. Vielleicht wird sie sogar eine Medaille gewinnen, zumindest hofft sie das.

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Schöbel wird in Berlin unter anderem mit Pauline Clauß im Sand stehen. Die 29-Jährige lebt wie Schöbel in Braunschweig, dort trainieren sie zweimal die Woche gemeinsam. Doch im Gegensatz zu Schöbel hat sie keine geistige Behinderung. Clauß nimmt als sogenannte Unified-Partnerin an den Weltspielen teil. Beim Beachvolleyball bilden jeweils zwei Athlet*innen und zwei Unified-Partner*innen ein Team.

Insgesamt sind 59 Sportler*innen ohne geistige Behinderung für das deutsche Team gemeldet. Alle Mitglieder eines inklusiven Teams haben dabei annähernd das gleiche Alter und ein ähnliches Leistungsniveau. „Für mich ist der Unified Sport eine tolle Möglichkeit, Berührungsängste vor anderen Menschengruppen abzubauen und Respekt aufzubauen", sagt Tom Hauthal, Direktor Sport & Bildung bei Special Olympics Deutschland: „Am liebsten habe ich es, wenn man im Wettbewerb gar nicht erkennt, wer Partner und wer der Athlet ist."

Digitale Serie

Dieser Text erscheint im Rahmen der „Special Olympics Zeitung" - ein Gemeinschaftsprojekt von Tagesspiegel, DGUV, BGW und Special Olympics Deutschland. Alle Texte zu den Weltspielen in Berlin finden Sie hier.

Zu den „Unified Sports" zählen bei den Weltspielen Mannschaftssportarten wie Basketball, Fußball oder Handball - aber auch Golf, Segeln, Boccia oder Freiwasserschwimmen. Insgesamt kämpfen 1064 „Unified Sports"-Teams in Berlin in 16 Sportarten um Medaillen.

© Sarah Rauch/SOD

Die Beachvolleyballerin Kaya Schöbel hat vor knapp zwei Jahren mit dem Sport angefangen. Die Lebenshilfe Braunschweig hatte es angeboten und die junge Frau war angefixt. Schöbel wohnt in einer Wohngemeinschaft der Lebenshilfe. Schnell kam Pauline Clauß hinzu, die bereits in der Schule und an der Uni Volleyball gespielt hat.

Clauß war neben ihrem Umweltingenieurswesen-Studium bereits bei der Lebenshilfe ehrenamtlich tätig. Dort lernten sich die beiden kennen und freundeten sich an, bevor es gemeinsam in den Sand ging. Wie hat der Sport ihre Freundschaft verändert? „Er hat sie auf jeden Fall verstärkt", sagt Schöbel.

Bei „Unified Sports" wird darauf geachtet, dass auch wirklich alle eingebunden sind. „Dass wir zusammen gemeinsam spielen und dass nicht einer dem anderen den Ball wegnimmt", so sagt es Schöbel. Denn alle auf dem Feld sollen gleiche Chancen haben. Sonst würde der inklusive Gedanke auch nicht gelebt.

Für Daniela Huhn wird die Eröffnungsfeier der Weltspiele das Highlight, sagt die Badminton-Spielerin aus Berlin. Neben ihren Einzelwettkämpfen wird sie auch das erste Mal gemeinsam mit ihrer Unified-Partnerin Andrea Eichner auf dem Feld stehen. Eichner ist Anfang 2020 zu „Unified-Sports" gekommen. In Berchtesgaden hatte sie inklusiven Skilanglauf gesehen und wusste in dem Moment: „Das will ich selbst machen, das war der Schlüsselmoment."

© picture alliance/dpa

Eichner kannte Huhn bereits von der Arbeit auf der Geschäftsstelle der Special Olympics Deutschland und schlug ihr ein gemeinsames Training vor. Die seit über 15 Jahren im Badminton und Fußball aktive Huhn hat dann also das Doppel „mit ihr versucht - und es hat geklappt mit uns beiden", sagt sie. Bei den Nationalen Spielen im vergangenen Jahr reichte es für das Badminton-Duo zu Bronze. Inklusive Teams hält Huhn dabei für etwas vollkommen Übliches: „Die Menschen sollen die Menschen so nehmen, wie sie sind. Ich lebe ja auch ein ganz normales Leben."

Beim Unified Sports gibt es nicht diesen krassen Konkurrenzkampf. Wir freuen uns über jeden Korb, der fällt.

Wiebke Kröger spielte lange in regulären Mannschaften Basketball. Seit sieben Jahren ist sie bei den Unified Baskets Essen.

Wiebke Kröger stieß 2016 zu den „Unified Baskets", einem inklusiven Team in Essen. Neben ihrem Studium der Heilpädagogik und Sozialen Inklusion betreute die 28-Jährige eine Wohngruppe und erfuhr so von einem inklusiven Basketballturnier. Sie fragte, ob sie mal zum Training kommen könnte, „das macht Spaß, das gefällt mir", dachte sie. Für sie sei das Teamgefüge dort ein anderes. Trotz Ehrgeiz „gibt es bei uns nicht diesen krassen Konkurrenzkampf". Im Unified-Team können alle mitspielen: „Wir freuen uns über jeden Korb, der fällt", sagt Kröger.

In Berlin tritt die Unified-Partnerin im Basketball 3x3 an. Beide Teams spielen dabei auf einer Feldseite auf einen Korb und setzen sich aus drei Athlet*innen und zwei Unified-Partner*innen zusammen. Die Sportart feiert dieses Jahr ihre Premiere bei Weltspielen.

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Bei der nationalen Ausgabe im vergangenen Jahr war Kröger noch im regulären Basketball aktiv und gewann mit dem Unified Mixed-Team die Bronzemedaille. Besonders gerne denkt Kröger an die vielen gemeinsamen Unternehmungen abseits der Wettkämpfe zurück, die das inklusive Team in Berlin erlebte. Genau auf solche Momente und das Sich-Feiern freut sie sich auch, wenn sie ab Sonntag unter dem Fernsehturm am Neptunbrunnen im Nationaltrikot auflaufen wird.

Den gemeinsamen Erlebnissen blicken auch die Beachvolleyballerinnen Kaya Schöbel und Pauline Clauß freudig entgegen. Sie werden im BeachMitte spielen, dem größten innerstädtischen „Strand" Europas. Und nach den Matches werden sie auch hoffentlich Zeit haben, um mit anderen Athlet*innen in Kontakt zu treten. Das Team aus Italien kennen sie schon. Bei den Nationalen Spielen „war es so, dass wir danach auf dem Spielfeld getanzt haben", erinnert sich die fröhliche Schöbel.

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