Hannah Prasuhn

Journalistin, Berlin/München

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Der Viktualienmarkt bekommt wieder einen Maibaum

"Sicher ist nix und ich hoffe, dass unsere Maibaumburschen auf dem Baum schlafen, um ihn zu bewachen!", sagt Andreas Steinfatt, Vorsitzender des Vereins Münchener Brauereien. Bisher habe noch niemand versucht, den fast 35 Meter hohen Stamm aus Fichtenholz zu klauen. Je näher der Tag des Aufstellens rücke, desto unwahrscheinlicher sei ein Klau aber auch. Ein ungeschriebenes Gesetz verbiete das Stehlen, sobald der Maibaum einmal lackiert sei. Bleibe der Baum bis zum Sonntag in den Händen der Münchener Brauereien und des Burschenvereins Hohendilching-Sollach im Landkreis Miesbach, dann werde der Viktualienmarkt wieder einen Maibaum haben, drei Jahre nach der bislang letzten Aufstellung und genau 60 Jahre, nachdem der erste dort errichtet worden war.

Zum zweiten Mal wird der Stamm vom Burschenverein Hohendilching-Sollach gestellt. Anton Huber fühlt sich geehrt, ein weiteres Mal den Baum für die Landeshauptstadt herrichten zu dürfen. Dafür sei bereits Ende Dezember ein passendes Exemplar gefunden und gefällt worden. Die Burschen hatten einen gerade gewachsenen, mindestens 30 Meter hohen Stamm mit 65 Zentimeter Durchmesser gesucht, damit er in die Maibaumschiene auf dem Viktualienmarkt passt. Das treffe meist auf seltene Bäume mit einem Alter von mehr als 100 Jahren zu.

Nach der Fällung wird das Gehölz entastet, entrindet und für etwa drei Monate getrocknet. Im April werde vor allem gehobelt, geschliffen und weiß-blau gestrichen, sagt Huber. Auf dem Viktualienmarkt ist die Schiene, in die der Baum geklemmt wird, gerade frisch bemalt worden. Bis 1987 wurde der Baum noch in ein Erdloch gesteckt, heute wird er mit einem Kran in die Schiene gehoben.

Vor drei Jahren stellten die diebischen Burschen immense Forderungen

Alle seien "richtig scharf darauf, das Leben wieder in vollen Zügen zu genießen", sagt Steinfatt. Gerade in dieser Zeit freuten sich die Vereine auf ihre Maibäume. Ein Konkurrenzdenken gebe es nicht. Stattdessen würden die Traditionen gelebt und gepflegt. Abgesehen davon habe der Maibaum auf dem Viktualienmarkt auch eine gewisse Prominenz. Er sei eine Besonderheit für Gäste und Touristen, die Standlbetreiber würden sich an ihm erfreuen und im Winter diene er als Weihnachtsbaum. Gefeiert werde das Wiederaufstellen am Sonntag traditionell mit Musik, Bier und Brotzeit.

Huber versichert, dass der Baum bis dahin auch noch dauerhaft überwacht werde. In der Nacht würden mindestens zwei Leute die Maibaumwache abhalten, es könne jederzeit noch ein anderer Verein versuchen, sich den Baum zu schnappen. 2017 wurde der letzte Maibaum auf dem Viktualienmarkt tatsächlich geklaut, "sehr professionell, mit Nachtsichtgeräten und anderen Hilfsmitteln", erzählt Steinfatt. Es habe immense Forderungen seitens der drei Burschenvereine gegeben, die damals zugeschlagen hatten. Doch nach hartem Verhandeln sei ein Kompromiss gefunden worden und bei zünftigem Essen und ausreichend Getränken konnte am 1. Mai wieder zusammen und mit Baum gefeiert werden.

Am Sonntag, 1. Mai, wird der neue Baum aufgestellt - um 10 Uhr geht's los. Die Maibaumfeier soll bis etwa 13 Uhr dauern. Zum Original