Serbiens Präsident Aleksandar Vučić schließt Sanktionen gegen Russland nicht mehr kategorisch aus. Bisher seien sie aber nicht notwendig gewesen.
Belgrad - Serbien will mögliche Sanktionen gegen Russland nicht länger ausschließen. Präsident Vučić sagte einem serbischen Fernsehsender: „Ich verspreche nicht, dass wir es nicht tun werden". Das berichtet die russische Staatsagentur Tass. Allerdings sei die serbische Position so fest, dass man bislang keine Sanktionen habe verhängen müssen, ergänzte Vučić. Bisher hatte er stets gesagt, er werde keine Sanktionen gegen Russland aussprechen.
Neben Belarus ist Serbien das einzige Land in Europa, das die westlichen Sanktionen gegen Moskau nicht mitträgt. Teile der serbischen Bevölkerung befürworten zudem den Angriff Russlands auf die Ukraine. So gab es in der serbischen Hauptstadt Belgrad bereits prorussische Demonstrationen. Die russische Invasion hat Serbien zwar verurteilt, allerdings hatte sich Vučić nach dem Angriffsbeginn rund 40 Stunden damit Zeit gelassen. Dann hatte der Präsident erklärt, man halte es für einen schweren Fehler, die territoriale Unversehrtheit eines Landes wie der Ukraine zu verletzen.
Serbiens Gratwanderung zwischen Russland und der EUGenerell scheint Serbien hin- und hergerissen zu sein zwischen Russland einerseits und der EU andererseits. Seit 2012 ist das Land EU-Beitrittskandidat. Dass Serbien noch nicht Mitglied ist, liegt vor allem am Konflikt mit dem Kosovo. Zuletzt hatten die beiden Staaten jedoch Bereitschaft gezeigt, aufeinander zuzugehen. Vučić und Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti nahmen einen Vorschlag der EU an, der auf die Normalisierung des angespannten Verhältnisses abzielt. Das hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Ende Februar nach Vermittlungsgesprächen in Brüssel mitgeteilt.
Gleichzeitig pflegt Serbien gute Beziehungen zu Russland und ist bei der Energieversorgung abhängig von Moskau. Im März 2022 stimmte Serbien in der UN-Vollversammlung zwar für eine Resolution, die Russland verurteilte. Allerdings war in dem Papier auch noch keine Rede von Sanktionen.
Fotostrecke ansehen Sträuben gegen Russland-Sanktionen - aber auch Kritik an MoskauIn Serbien gibt es durchaus auch Stimmen, die sich für Strafmaßnahmen gegen Moskau starkmachen sowie vereinzelte Demonstrationen gegen den russischen Angriffskrieg. In der Vergangenheit hatte Vučić Russland-Kritikern mit einem düsteren Szenario geantwortet, falls Serbien sich den Sanktionen anschließen sollte: „Ich frage Sie, wie wollen Sie dem Volk dann erklären, dass Russland dann drei Tage später sagt, dass sie die territoriale Integrität Serbiens im Uno-Sicherheitsrat nicht unterstützt?"
Im Januar überraschte Vučić schließlich mit Kritik in Richtung Russland. Anlass war ein Beitrag, der im serbischen Ableger des russischen Staatssenders RT ausgestrahlt wurde. Darin rief die Söldnertruppe Wagner Serben dazu auf, sich dem russischen Kampf gegen die Ukraine anzuschließen. Vučić reagierte darauf mit Empörung. In einem Fernsehinterview fragte er: „Warum tun Sie Serbien das an? Warum rufen Sie von Wagner dazu auf, obwohl es gegen die Vorschriften verstößt?" Das waren seltene Russland-kritische Töne aus Belgrad. (Gregor-Josè Moser)