Gerd Blank

Autor, Text, Podcast, Moderation, Hamburg

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Kameras mit Wechselobjektiven im Test: Fujifilm X-S20, Sony A6700, Canon R50, Nikon Z fc

Kameras mit Wechselobjektiven im Test Die Besserknipser

Mit großen Sensoren und wechselbaren Objektiven übertreffen Digitalkameras die Fotofähigkeiten von Smartphones. Wir haben verglichen, was Modelle zwischen 790 und 1899 Euro leisten.

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Eine alte Fotografenphrase lautet: "Die beste Kamera ist immer die, die man gerade dabei hat." Weil man sie fast immer bei sich trägt, ist das oft die Kamera eines Smartphones. Auch ich nutze sie, um unterwegs Fotos zu machen, sie an Freunde zu schicken oder bei Instagram hochzuladen. Auf meinem Handy habe ich Tausende solcher Aufnahmen. Doch nur wenige davon sind mehr als eine bebilderte Erinnerung. Klar, das liegt sicher an mir, mit etwas mehr Mühe sind mit aktuellen Smartphones tolle Fotos möglich. Doch generell gilt - und sicher nicht nur für mich: Aufnahmen, die ich mit einer richtigen Digitalkamera samt Wechselobjektiven mache, werden besser.

Weil Smartphones nur wenig Platz für Objektive und Fotosensoren bieten, müssen Bildverbesserungs-Algorithmen und künstliche Intelligenz die Bildqualität verbessern - und machen das oft erstaunlich gut. Apple nennt das in seinen iPhones "Computational Photography". In Fotoapparate hingegen kann man große Sensoren einbauen, mit ihnen große Objektive verwenden, die viel mehr Licht einfangen können als die kleinen Linsen von Smartphones. Die Megapixel-Angabe hingegen sagt kaum etwas über die Qualität aus. Wichtiger ist die Größe des Sensors, weil große Sensoren mehr Licht einfangen können, was nicht nur bei Dämmerung hilfreich ist. Die getesteten Modelle von Fuji, Sony, Canon und Nikon nutzen sogenannte APS-C-Sensoren mit einer Fläche von ca. 23.60 × 15,60 mm, in der Panasonic arbeitet ein MFT-Sensor mit den Maßen 17,3 × 13,0 mm.

Mindestens ebenso wichtig wie die Technik ist die Psychologie. Beim Smartphone macht man Fotos meist nebenbei, zwischen zwei WhatsApp-Nachrichten und einem Instagram-Post. Nimmt man einen Fotoapparat in die Hand, gehört die Aufmerksamkeit ganz dem Motiv, das man im Moment festhalten will. Und dafür bieten Kameras mit Wechselobjektiven wiederum die meisten Möglichkeiten, unter anderem, weil man je nach Situation das geeignete Objektiv verwenden kann.

Für diesen Test habe ich aktuelle Modelle in unterschiedlichen Preisklassen ausgesucht. Die zeigen: Hobbyfotografie ist nicht günstig. Doch wer sein neues Smartphone vor allem wegen seiner Kameras auswählt, findet zum Preis eines aktuellen Handys garantiert eine hinsichtlich ihrer fotografischen Fähigkeiten bessere Digitalkamera.

Diese Kameras haben wir getestet

Das Design der X-S20 wirkt wie ein Gruß aus der Vergangenheit. Dazu gehört etwa der dicke Handgriff auf der rechten Seite. Dort sind auch die wichtigsten Bedienelemente, wie etwa der Auslöseknopf samt Einschalthebel sowie das Modus-Wahlrad, untergebracht. Auch eine Taste für die ISO-Einstellung ist dort zu finden, wobei mir ein Wahlrad besser gefallen würde.

So haben wir getestet

Beim Test lag der Fokus auf der Kamera und der Software. Sofern die Wahl des Objektivs eine Rolle spielt, wird dies im Text erwähnt. Sonstige Kriterien:

Verarbeitung und Bedienung

Bild- und Videoqualität in verschiedenen Aufnahme-Modi

Software und Funktionen für individuelle Aufnahmen

Extras

Der große Touchscreen auf der Rückseite des nicht einmal 500 Gramm schweren Gehäuses lässt sich schwenken und umklappen. Der Bildschirm ist vor allem nützlich, um den Fokuspunkt zu setzen, andere Funktionen lassen sich mit den mechanischen Tasten oder per App leichter abrufen. Der Sucher sitzt etwas zu dicht am Display. Die Kamera nimmt Bilder dafür mit immerhin 26 Megapixeln auf. Fujifilm verbaut einen sogenannten X-Trans-Sensor , auf dem die Sensorpixel anders angeordnet sind als bei den meisten anderen Kameras. Die Technik soll helfen, Moiré-Effekte und Farbstiche zu vermeiden.

Eine Besonderheit: Die X-S20 kann eine Vielzahl analoger Fuji-Filme mit deren spezifischen Farbeigenschaften simulieren. Diese virtuellen Filme wirken viel intensiver und echter als einfache Effektfilter. Wer seine Aufnahmen lieber nachträglich bearbeiten will, kann aber auch eine neutrale Einstellung wählen. Videos nimmt die Kamera mit einer Auflösung von bis zu 6,2K und 30 Bildern pro Sekunde auf, bei 4K-Auflösung sind es 60 Bilder pro Sekunde. Für besseren Ton lassen sich externe Mikrofone anschließen.

Die Bildqualität ist ausgezeichnet: Die Farben sind intensiv, der hohe Schwarzwert unterstreicht die Kontraste. Mit dem Test-Objektiv konnte ich ohne Mühe schöne Bokeh-Effekte erzielen, bei denen der Übergang zum Unschärfebereich sehr fließend wirkte. Die Filmsimulationen gefallen mir ausgesprochen gut. Puristen werden wahrscheinlich auf diese Funktion verzichten und die Bilder lieber im Nachgang mit einem Programm wie Photoshop bearbeiten wollen.

Laut Hersteller kann man unter optimalen Bedingungen mit einer Akkuladung mehr als 700 Aufnahmen machen. Ein Ladegerät wird nicht mitgeliefert. Mir hat der schnelle Autofokus mit der Motiverkennung sehr viel Freude gemacht, als ich meinen tobenden Hund fotografiert habe. Erwähnenswert ist hier noch der Vlog-Modus, mit dem die X-S20 dank praktischer Voreinstellungen auch als Webcam oder Streamingkamera eingesetzt werden kann. Per zugehöriger App lässt sich die Kamera fein einstellen und fernsteuern. Fotos und Videos können per WLAN von der Kamera aufs Smartphone übertragen werden.

Fazit

Mit der X-S20 hat Fujifilm eine hochwertige und vielseitige Kamera in einem schönen Retrodesign produziert. Der verbaute Sensor ist leistungsstark, der Fokus ist präzise und schnell. Besonders die simulierten Filme machen großen Spaß und sorgen für spannende Ergebnisse bei Fotos und Videos. Die Kamera eignet sich besonders für all jene, die ohne nachträgliche Bildbearbeitung direkt beim Fotografieren attraktive Looks produzieren möchten. Zum Vergleich: Der UVP der Kamera (ohne Objektiv) entspricht etwa dem eines iPhone 15 Pro mit 256 GB Speicher.

An Kameras mangelt es bei Sony wahrlich nicht. Die A6700 reiht sich mit ihrer kompakten Bauweise bei den anderen Modellen der 6000er-Reihe ein, gehört technisch aber eher zur höherwertigen 7er-Reihe. Das Gehäuse wiegt knapp 500 Gramm, ist gut ausbalanciert. Der Handgriff ist allerdings recht klein geraten. Die matte Oberfläche sieht hochwertig aus, zieht aber Staub an.

Auf der Oberseite befinden sich mit Auslöser, Funktions- und Menürad nur wenige Bedienelemente. Auch die Rückseite wirkt mit ihren wenigen Funktionstasten nicht überladen. Das zeigt aber auch, dass fast alle Funktionen am Bildschirm eingestellt werden müssen. Freunde manueller Fotografie werden mit der A6700 nicht glücklich. Der Drei-Zoll-Touchscreen sorgt dagegen für Freude, lässt sich schwenken, kippen und zum Schutz des Displays umklappen.

Der Sony-Sensor nimmt Fotos mit 26 Megapixeln auf. In 4K-Auflösung können Videos mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet werden. In Kombination mit der guten Belichtungssteuerung sorgen ISO-Werte von 100 bis 32.000 auch bei widrigen Lichtbedingungen für gute Aufnahmen. Mit dem eingebauten Fünf-Achsen-Stabilisierungssystem gelangen mir auch bei langen Belichtungszeiten Fotos aus der Hand.

Die Aufnahmen sind knackscharf, Farben werden realistisch dargestellt. Gänzlich unbearbeitet wirken die Fotos fast klinisch sauber. Das ist kein Nachteil, sondern typisch für Sony. Im Test war das besonders bei Aufnahmen von farbintensiven Sonnenuntergängen erfreulich: Hier wäre jede Farbverfälschung fehl am Platz gewesen.

Auch WLAN und Bluetooth sind an Bord. Bilder können per App aufs Smartphone übertragen werden. Die Kamera lässt sich per App auch fernsteuern, die Bildübertragung aufs Smartphone ist leicht verzögert, aber absolut nutzbar.

Fazit

Die Sony A6700 bietet eine gute Kombination aus Größe, Funktionen und Leistung. Für manuelle Einstellungen muss man aber oft tief in komplexe Bildschirmmenüs eintauchen. Bei bewegten Motiven überzeugt die A6700 mit ihrem schnellen Autofokus.

Mit ihren 330 Gramm ist Canons R50 so leicht, dass ich im ersten Moment glaubte, ein Spielzeug in der Hand zu halten. Dank ihrer wulstigen Rundungen konnte ich die Kamera mit meinen recht großen Händen gut greifen, obwohl der Griff sehr schmal ist.

Die Oberseite ist spärlich mit Funktionstasten und Einstellrädern besetzt. Der drei Zoll große Touchscreen stellt Motive ordentlich dar, lässt sich schwenken, kippen und umklappen. Erfreulich für Brillenträger: Der Sucher verfügt über einen Dioptrienausgleich.

Der Sensor der R50 nimmt Fotos mit 24 Megapixeln und Videos mit bis zu 4K auf, der Autofokus reagiert schnell und präzise. Über eine Bildstabilisierung verfügt die Kamera nicht, man kann so etwas nur über entsprechend ausgestattete Objektive teuer nachrüsten. Für Hobbyfotografinnen und -fotografen, die sich nicht an die manuellen Einstellungen wagen, bietet die Canon viele Automatikmodi, etwa für Sport- und Nahaufnahmen, sowie einige Filter und Spezialeffekte an.

Outdooraufnahmen im Wald oder am Strand bilden die Umgebung gut ab, wobei die Farben etwas übertrieben scheinen. Mit dem Test-Objektiv glänzte die Kamera besonders bei Straßenfotografie, also wenn es darum geht, schnell zu sein. Videoaufnahmen sahen ordentlich aus, auch wenn ich mir hierfür ein lichtstärkeres Objektiv und mehr Tiefenschärfe gewünscht hätte. Die Kamera lässt sich per App fernsteuern, Fotos und Videos können kabellos auf Mobilgeräte übertragen werden.

Fazit

Die R50 bietet zu einem vertretbaren Einstiegspreis viele Funktionen sowie eine gute Bild- und Videoqualität. Dank einer großen Auswahl an Objektiven kann sie mit steigenden Ansprüchen mitwachsen. Die Verarbeitung wirkt nicht sehr hochwertig, aber robust. Weil sie so leicht ist, eignet sie sich gut für Urlaube.

Optisch wirkt die Nikon Z fc wie ein Relikt aus den Siebzigerjahren. Auffällig ist der nahezu mittig platzierte Sucher, durch den sie symmetrisch wirkt. Das Gehäuse wirkt luxuriös. Leider fühlt sie sich nicht so an.

Immerhin kommen Liebhaber analoger Fotografie bei der Bedienung auf ihre Kosten: An der Oberseite befinden sich neben Auslöser, Einschaltknopf und Funktionsrädern auch Einstellräder für Belichtungszeit, Belichtungskorrektur und ISO-Empfindlichkeit. Auf einem Minidisplay wird die aktuelle Blendenzahl angezeigt. Die Rückseite wird von dem runden Sucher dominiert, unter dem sich der drei Zoll große neig- und drehbare Touchscreen befindet.

Der große CMOS-Bildsensor nimmt Fotos mit 21 Megapixeln und Videos mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde in 4K-Auflösung auf. Die Aufnahmen können in der Kamera mit 20 Filtern und Effekten bearbeitet werden. Mir gefallen besonders die Schwarz-Weiß-Filter, deren Intensität man verändern kann. Der Autofokus arbeitet schnell und präzise, sodass ich auch bewegte Motive scharf ablichten konnte. Die intensive Farbdarstellung gibt den Aufnahmen einen sehr dynamischen Look. Unterschiedliche Hauttöne werden realistisch wiedergegeben. Im Test konnte die Nikon bei Porträtaufnahmen überzeugen.

Per App können Fotos und Videos aufs Smartphone übertragen werden, die Kamera lässt sich damit auch fernsteuern.

Fazit

Mit ihrem Retrolook wirkt die Nikon luxuriöser, als sie sich anfühlt. Dafür punktet sie mit starker Bild- und Videoleistung und einer Vielzahl an Objektiven, mit denen man sie aufrüsten kann. Wer Parameter wie die Belichtungszeit oder die ISO-Empfindlichkeit manuell einstellen will, wird die Kamera lieben. Deshalb ist die Z fc eher für Menschen geeignet, die sich mit den Grundlagen der Fotografie auskennen.

Im Vergleich zur Canon R50 wirkt die Lumix G9M2 von Panasonic riesig. Mit rund 660 Gramm ist sie zudem schwer, aber so ausbalanciert, dass sie mit ihrem wuchtigen Griff gut in der Hand liegt und sich hochwertig anfühlt. Bei einem Preis von fast 2000 Euro (ohne Objektiv) kann man eine exzellente Verarbeitung aber auch erwarten.

An der Oberseite befinden sich der Auslöser, diverse Funktionsräder und Tasten für den Weißabgleich und die ISO-Einstellung. Die Feineinstellungen erfolgen auf dem drei Zoll großen, schwenk-, dreh- und klappbaren Touchscreen.

Der Sensor nimmt Fotos mit rund 26 Megapixeln auf, Videos mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde in 4K. Die G9M2 kann mit zwei SD-Karten bestückt werden. Aufnahmen können aber auch auf einer externen SSD gespeichert werden, die per USB angeschlossen wird.

So ausgestattet ist sie für den professionellen Einsatz gut gerüstet. Panasonics langjährige Zusammenarbeit mit Leica zahlt sich bei der Qualität der Objektive, aber auch beim Finetuning der Softwarefilter aus. Das wurde im Test besonders bei Schwarz-Weiß-Fotos mit einem fast schon analog wirkenden Kontrast deutlich. Bereits die Automatiken ermöglichen Bilder in einer hohen Qualität, die man mit manueller Justage von Belichtung, Blende und ISO-Werten noch verbessern kann. Die intensive Farbdarstellung ist toll und nahezu unverfälscht. Mit dem schnellen und präzisen Autofokus werden auch bewegte Motive scharf aufgenommen - was wiederum bei Videoaufnahmen ein großes Plus ist.

Die Vielzahl an Funktionen hat ein komplexes und prall gefülltes Einstellungsmenü zur Folge, das sich erst mit viel Übung erschließt. Einfacher ist die Steuerung per Smartphone-App, mit der sich Bilder und Videos auch an Mobilgeräte übertragen lassen.

Fazit

Die G9M2 ist so etwas wie Panasonics Goldstandard. Aufgrund hochwertiger Verarbeitung, hoher Bildqualität und einer Vielzahl von Funktionen können ambitionierte Amateure und vielleicht auch Profis damit viele Jahre lang Freude haben. Da relativiert sich möglicherweise auch der sehr hohe Anschaffungspreis.

Hintergrund: Produkttests im Ressort Tests

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Anmerkung der Redaktion: Statt, wie angegeben 60 Bilder pro Sekunde, schafft die Sony A6700 bei 4K-Videos bis zu 120 Bilder pro Sekunde, ebenso wie die Panasonic Lumix G9M2. Wir haben die entsprechenden Angaben korrigiert. Zudem haben wir deutlicher gemacht, dass sich der Autor bei der Canon R50 ein lichtstärkeres Objektiv sowie mehr Tiefenschärfe gewünscht hätte. Außerdem haben wir Angaben zu den Sensorgrößen der getesteten Kameras ergänzt.

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