Gerd Blank

Autor, Text, Podcast, Moderation, Hamburg

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Mehr Sauberkeit mit Sensoren

© Mauritius images (Alamy)

Manchmal entwickelt man außergewöhnliche Ideen zu ganz gewöhnlichen Themen. So ist Müll sicherlich nicht Grundlage für den Smalltalk. Es sei denn, man schaut mal genauer hin. Schon Marius Müller-Westernhagen sang: „Gold findet man bekanntlich im Dreck". Nun gut, bei den intelligenten Mülleimern geht es nicht um Gold im wörtlichen Sinn, eher um Qualitätssteigerung, Zeitersparnis und Ressourcenschonung.

DB Services kümmert sich als Dienstleister rund um das Facility Management auch darum, dass auf den Bahnsteigen Sauberkeit herrscht. Auf den ersten Blick sicher kein Feld, bei dem Digitalisierung eine große Rolle spielt. Doch eine perfekte Möglichkeit für DB Systel, den langjährigen Partner mit dem Konzept eines intelligenten Mülleimers zu überraschen. Bei einer Führung durch das Skydeck wurde den Kollegen von DB Services die Idee vorgestellt, einen Mülleimer mit Sensoren auszustatten. Dadurch soll automatisch der jeweilige Füllstand festgestellt und an die neue IoT-Cloud der DB Systel übermittelt werden. Über ein Webportal „DB Wastemanagement" lässt sich so ablesen, wie voll die Abfallbehälter sind. Das vermeidet übervolle Behälter und gleichzeitig unnötiges Entleeren.

Dass die Idee dafür im Skydeck entstand, kommt nicht von ungefähr. Hier werden Themen wie „ Big Data", „ Internet of Things (IoT)" oder „ Predictive Maintenance " behandelt. Dabei ist immer der Gedanke im Vordergrund: Was bringt die Digitalisierung für unsere Kunden? Der intelligente Mülleimer ist ein Beispiel dafür, wie man diese technologischen Begriffe mit Leben füllen kann. Für André Obiora von DB Services war das Potenzial einer solchen Lösung sofort klar:

Wir können damit die Qualität steigern und hätten gleichzeitig positive wirtschaftliche Effekte.

André Obiora, CIO DB Services

Bisher wurden Mülleimer nach statischen Routineplänen geleert - unabhängig vom Füllstand. Dabei kommt es vor, dass Behälter bei der Abholung überquellen oder auch nur wenig gefüllt sind. Die Folge sind Streumüll, Ungeziefer, Geruchsbelästigung und damit verbunden eine Ineffizienz der Sammlung. Mit der digitalen Lösung würden also einerseits unnötige Anfahrten zum Mülleimer entfallen. Andererseits würden Mitarbeiter rechtzeitig informiert, wenn ein Mülleimer eine bestimmte Füllmenge erreicht. So kann verhindert werden, dass Mülleimer überquellen. Ein weiterer Baustein dafür, das Werteversprechen an den Kunden im Bereich Reinigungsdienstleistung zu unterstreichen. Mit einem Proof-of-Concept soll die Machbarkeit des Projekts getestet werden.

Test an zwei Bahnhöfen

Gemeinsam mit DB Station&Service, dem Betreiber der Bahnhöfe, wird derzeit getestet, wie man aus dieser Idee Wirklichkeit werden lassen kann. Dafür werden Anfang 2017 erst einmal an zwei Testbahnhöfen (Berlin Hauptbahnhof und Berlin Oberspree) die vorhandenen Mülleimer mit entsprechender Technik ausgestattet. Die beiden Verkehrsstationen wurden bewusst gewählt: Der eine Bahnhof hat viele Fahrgäste mit entsprechend mehr Müllaufkommen, der andere wird deutlich weniger frequentiert. „Uns war wichtig, dass wir die beiden Extreme pilotieren, damit der Test aussagekräftig ist", sagt André Obiora.

Die Lösung stellt DB Systel zur Verfügung - die Montage der Sensoren vor Ort erfolgt durch DB Services. Das Vorgehen erklärt Jörn Petereit von DB Systel:

Die Herausforderung besteht darin, geeignete und kostengünstige Füllstandssensoren zu finden, die sich im Mülleimer verbauen lassen und über eine energieeffiziente Übertragungstechnik zur IoT-Cloud verfügen.

Jörn Petereit, Leiter IoT/M2M DB Systel

Für den Proof-of-Concept kommt ein Füllstandssensor zum Einsatz, welcher für die Stromversorgung über eine Lithiumbatterie mit bis zu sieben Jahren Laufzeit verfügt und über eine eingebaute SIM-Karte die erfassten Daten in die IoT-Cloud überträgt. In Zukunft sollen Sensoren mit sogenannter Low-Power Wide-Area Network (LPWAN)-Unterstützung verbaut werden, sobald die Übertragungstechnik flächendeckend zur Verfügung steht. Hierdurch können dann die Kosten pro Sensor sowie die Kosten der Datenübertragung deutlich reduziert werden.

Die Geschichte hilft mit

Sind die Sensoren und die Übertragungstechnik eingebaut, erkennt der intelligente Mülleimer jederzeit den Füllstand - ganz egal, ob es sich um feste oder flüssige Inhalte handelt. Außerdem schlagen die Sensoren bei ungewöhnlichen Schwankungen des Füllstands oder bei Standortveränderungen Alarm. Diese Echtzeitdaten werden zudem mit historischen Füllstandsdaten verknüpft, die darüber Auskunft geben, an welchen Tagen erfahrungsgemäß besonders viel Müll zu erwarten ist. Damit weiß das System beispielsweise, in welchem Status sich die Mülleimer nach Konzerten, Fußballspielen oder Volksfesten befinden.

Im DB Waste Management Portal können die aktuellen Füllstände abgelesen werden (links). Die Daten der Füllstände der Vergangenheit helfen, zukünftig zu erwartende höhere Füllmengen einzukalkulieren, z.B. aufgrund von Fußballspielen (rechts).

© DB Systel GmbH

Im Portal „DB Waste Management" wird der Standort des jeweiligen Behälters mit dem Füllstand angezeigt. Ist ein Mülleimer kaum gefüllt, muss dieser auch nicht angefahren werden. Das spart viel Zeit. „Ich habe das ganz konservativ für unsere größten Bahnhöfe kalkuliert. Wenn ich pro Verkehrsstation eine halbe Stunde am Tag spare, habe ich Effekte im Wert von 100.000 Euro im Jahr an Zeiteinsparung, die ich beispielsweise für weitere qualitätssteigernde Maßnahmen nutzen kann", sagt André Obiora. Darüber hinaus verringern sich auch Fahrtkosten wie Treibstoff und Fahrzeugverschleiß, der CO2-Ausstoß wird ebenfalls vermindert. Und ganz banal: Es werden weniger Mülltüten benötigt. So würde am Ende des Tages ein intelligenter Mülleimer sogar für weniger Müll sorgen. „Natürlich sollte sich das Projekt in gewisser Weise rechnen, doch für uns steht die mögliche Qualitätssteigerung im Fokus dieses Tests."

Im Februar 2017 ist der Test abgeschlossen, doch bereits jetzt steht schon fest, dass es noch viele weitere Möglichkeiten gäbe, Füllstände intelligent zu erfassen. Ganz klar: Müll ist nicht das Ende der Geschichte.

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