Neulich ist es wieder passiert. Im Kopf schrie es noch laut "Stopp!", da waren die Worte schon aus dem Mund gepurzelt. Wir saßen am Esstisch, Spaghetti Bolognese. Der Sohn stocherte in seinen Nudeln herum. Nur mit Butter, sogar den Parmesan schob er weg - "Igitt!". Und ich sagte genervt zu ihm: "Schau mal deine Schwester an. Die isst die Soße immer. Sogar gerne."
Wohl die meisten Eltern möchten ihre Kinder nicht vergleichen. Nicht in Gedanken und schon gar nicht laut vor ihnen. Wir tun es dennoch, hin und wieder, auch wenn das niemand gerne zugibt. Es geht bereits los, wenn die Kinder noch Babys sind: "Hatte der große Bruder in dem Alter nicht schon Haare?", fragen Eltern sich. "Sollte die Kleine nicht langsam mal durchschlafen? Bei der großen Schwester waren die Nächte nicht so anstrengend." Und es hört später im Schulalter nicht auf: Tom kann alles reparieren, Lukas hat zwei linke Hände. Marie schreibt nur Einsen, Leon leider nicht.
Noch als Erwachsene sind wir vor den Vergleichen unserer Eltern nicht sicher. Beiläufig gesprochene Bemerkungen über unseren Bruder und sein Eigenheim, während wir noch immer in einer Wohngemeinschaft wohnen. Wir spüren, wie stark sie uns verletzen können. Bei unseren eigenen Kindern wollen wir es besser machen, schwören sich Eltern. Und tappen im Alltag dann doch in die Vergleichsfalle. Woher kommt dieser Drang? Und vor allem: Wie können wir damit aufhören?