Franziska Horn

Autorin. Freie Journalistin, München

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Artikel

Indoorlandscaping - ein Stück Natur in der Architektur

Ein Stück gezähmte Wildnis für das Großraumbüro der Zukunft

Mit Pflanzen-Installationen und Fantasie begrünt Andreas Schmidt von der Trierer Agentur Indoorlandscaping moderne Bauten auf der ganzen Welt.


„Entweder du bist Teil des Problems, Teil der Lösung - oder ein Teil der Landschaft", sagt Schauspieler Robert de Niro im Film Ronin von 1998. Dieses Zitat auf seiner Website dient Andreas Schmidt, Geschäftsführer der Agentur Indoorlandscaping aus Trier, als Arbeitsmotto. Vielleicht, weil er sich selbst als ökologisch-gestaltender Problemlöser im Dschungel der Wohntrends sieht? Doch von vorne: Es begann mit einem Stück Rollrasen, den das junge Design-Büro Indoorlandscaping im Jahr 1998 für einen Messestand des Technologiekonzerns Siemens kurzerhand in die Vertikale verlegte. Der Plan ging auf, die Senkrechtwiese wurde ein Blickfang. Lebendiges, frisches Grün, das Augen, Lunge und Laune gut tut - die Idee hatte Potenzial, merkte der studierte Chemiker und Gestalter.


Ein Stück gezähmter Wildnis
Gerade Architekten sehen in kleinteiligen Zimmerzierpflanzen meist einen Ausdruck von Spießigkeit und Kleinbürgertum. Schmidt fand eine Antwort auf die Ansprüche seiner Kunden: Gestalterisch bezog Schmidt das Grün im großen Maßstab mit ein, installierte Blätterkaskaden in Innenhöfen, realisierte monochrome Pflanzenwände und organisierte Alleen von schlanken Erlen hinter meterhohen Glasfassaden - ein moderner Ansatz der Zurück-zur-Natur-Bewegung. Hier filtert das Grün das Tageslicht und schafft einen beruhigenden, sinnlichen Kontrast im kühnen Ensemble aus Glas, Stahl und Beton. Es sind Projekte wie dieses Stück gezähmter Wildnis, die bisherige Auffassungen von Raumbegrünung sprengen.

Natur im Raum
„Meist sind es Großraumbüros, Banken oder Hotels, die sich für neue Wege der Innenraumbegrünung entscheiden. Das sogenannte Corporate Green steht für die nachhaltigen Ambitionen der Unternehmen", sagt Schmidt. Statt eines repräsentativen Gemäldes leisten sich einige Banken und Vorstandsetagen ein Stück grüne Kunst. „Eine visuell konzipierte Grünzone ist kein dekoratives Accessoire, sondern ein gestalterisches Element mit Mehrwert - schließlich prägt und kühlt es das Raumklima, entspannt aufgrund seiner Farbwirkung, steht für Gelassenheit und Entschleunigung", sagt Schmidt der sich in Alternativmedizin, Naturheilkunde und Homöopathie fortbildete.

Regenwald in der Vorstandsetage
„Pflanzen verändern die Akustik im Raum. Und Moose zum Beispiel absorbieren und binden den Staub. In erster Linie sehen wir uns aber als Gestalter", sagt Schmidt. Sein Team plant inzwischen großformatige Projekte wie Dachgärten für Hochhäuser oder mehrstöckige Gärten für Einkaufszentren - oft sind es Rauminstallationen zwischen Kunst und natürlicher Klimaanlage.

Alles im grünen Bereich

Vor allem dicht bebaute Städte liefern Firmen wie Indoorlandscaping ein weites Arbeitsfeld. Schmidts Projekte füllen eine statische Nische mit Leben, sie bilden einen „Missing Link" zwischen Architektur, Innen- und Landschaftsarchitektur. Zwischenzeitlich besaß das Unternehmen Filialen in Trier, München, Los Angeles und Mexiko City, arbeitete für Kunden wie den Amsterdam-Airport oder die Bank of America und bezog dabei Spezialisten aus diversen Disziplinen ein: Designer, Biologen, Lichtplaner, Ingenieure und Landschaftsarchitekten. Seine Aufgabe als Impulsgeber sieht Schmidt, der in Städten wie Kopenhagen, London, Singapur und Bologna immer wieder über den Mehrwert grüner „Mitbewohner" im technisierten Lebensraum der Menschen referiert, nun aber als beendet. Nach 15 Jahren Aufbauarbeit, in denen er dem Grün den Weg in den urbanen Raum ebnete, sucht er heute neue Herausforderungen.

Franziska Horn ist Diplom-Designerin und schreibt als Fachjournalistin zu den Themenschwerpunkten Design und Modernes Leben.


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