Drilling zu sein ist auch ein Witz.
So beginnt zumindest die Antwort, die ich jedes Mal gebe. Ein sorgfältig einstudierter Gag, ein Stück Familienmythologie, eine sichere Pointe: "... und zum Glück sind es dann auch nicht mehr geworden!" Laugh track. Dahinter steckt eine Leere - ich habe keine gute Antwort, wie es ist, Drilling zu sein. Es war für mich immer normal, ich kenne nichts anderes.
Und doch beginnt dieses normal sich aufzulösen. Das Nest ist leer, längst sind alle drei weit verstreut. Heute: verpasste Anrufe, unbeantwortete Nachrichten, verschüttet unter Berufsstress und Routine. Etwas verschwindet. Vielleicht ist es also Zeit, eine Antwort zu finden.
Erster Versuch: Drilling sein heißt, nie allein zu sein. Unser großer Bruder D. ist zweieinhalb Jahre älter, erreichte kaum den Griff des Dreier-Kinderwagens, den er stolz vor sich herschob. Aber er wuchs schnell in seine Rolle: verantwortlich, sendungsbewusst, charismatisch.
Unter uns dreien war es weniger eindeutig, dynamischer. Verstohlene Blicke hinter den Rücken der Erwachsenen, ein gegenseitiges Herausfordern und Anstacheln. "Wenn einem von euch mal kein Quatsch eingefallen ist, hat ihn sich der andere ausgedacht", Mama schüttelt den Kopf. Sie erzählt vom ersten Familienurlaub auf einer Alm, wir drei waren kaum ein Jahr alt. Beim Frühstück kam einer von uns auf die Idee, das Besteck herunterzuwerfen - es dauerte nicht lange, bis die anderen beiden nachzogen. Schallendes Kinderlachen, Schadenfreude. Und unsere Eltern waren den Rest des Morgens beschäftigt, alles wieder aufzusammeln.
Ich stelle es mir wie ein Puzzle vor. M.: ehrgeizig, gewinnend, das Leben als Wettrennen. Ab und zu Futterneid. Unsere Schwester A., warm und empathisch, rücksichtsvoll bis zur Selbstlosigkeit. Und das letzte Puzzlestück, ich, irgendwo zwischen Harmoniesucht und Eigensinn.
Wir wurden auf Augenhöhe groß, drei Schnuller, drei Fahrräder, drei Schultüten. Nach der Grundschule verstreuten wir uns, hatten eigene Freundeskreise - und blieben doch zusammen. Ich war der Erste, der von zuhause auszog, Erasmus in Paris. Dort lernte ich, dass Drilling auf Französisch triplé bedeutet. Wörtlich: Ich bin dreifach, verdreifacht, Teil von etwas Größerem. Und ich lernte auch, was es heißt, plötzlich nicht mehr dreifach zu sein.
Dröhnende Stille am Esstisch. Allein sein, von einem Tag auf den anderen, allein einkaufen, allein ins Café. "Manchmal", sagt A., "wenn ich in der Stadt unterwegs bin, schaue ich unbewusst über meine Schulter, ob ihr dabei seid." Lernen, ich zu sagen.
"Ihr wart immer aufeinander fixiert", sagt Mama, schon als Kleinkinder. Immer zusammen, nur eine Armlänge entfernt. Waren wir drei zeitweise getrennt, weil einer von uns krank war oder zum Arzt musste, wurden die anderen beiden schnell unruhig. Suchende Augen, etwas fehlt.
Und auf eine Art trage ich diesen Blick bis heute mit. Ich suche die beiden, in den alltäglichsten Momenten: in meinen beiden Mitbewohnerinnen, wenn wir Abend für Abend zusammen in der Küche sitzen, herumalbern. In meiner besten Freundin, wenn ich ihr wortlos mein Eis hinhalte und darauf warte, dass sie dasselbe tut. Winzige Gesten, Unbewusstes, eingeschliffen.
Denn Drilling zu sein ist vor allem ein wir. Der Geburtstag gehört niemandem, er wird gemeinsam gefeiert. Ein halbes Dutzend Kuchen, an der Haustür klingelt es ununterbrochen, wie ein kleiner Nationalfeiertag. "Natürlich hat man auch mal gedacht: Ich würde das gerne allein haben", sagt M. "Aber zu dritt ist es immer etwas Besonderes."
Eine VHS-Kassette, leichter Staubfilm: Zu unserem fünften Geburtstag hatten wir den örtlichen Pfarrsaal gemietet, der gesamte Kindergarten war eingeladen, ein Clown machte Zaubertricks und knotete Luftballontiere. Achtzehn Jahre später, das erste Mal am Geburtstag getrennt. Ein wackeliger Videoanruf zwischen Wien, Riga und Berlin. Belegte Stimmen, Ratlosigkeit, Tränen. Jeder Kilometer Entfernung spürbar.
Heute ist es Alltag, dass Grenzen oder Zeitzonen zwischen uns liegen. Anruf in Barcelona, M. hat sich gut eingelebt. Eine neue Frisur, leicht angestrengter Smalltalk. Doch nach wenigen Minuten ist es wieder da, das gegenseitige Fordern und Herausfordern. Geteilte Geschichten und Erinnerungsstücke, die nicht ausbuchstabiert werden müssen: Zaubertränke in Filmdosen, K11 am Nachmittag, Michael Skibbe. Ein dicht gewebtes Netz, in das man sich fallen lassen kann.
Drilling zu sein ist auch ein Witz:
Als unsere Eltern zum ersten Mal beim Ultraschall waren, schien noch alles normal. Glückwunsch, ein Baby!
Bei ihrem zweiten Besuch sahen sie dann zwei winzige Köpfe auf dem Bildschirm.
Und beim dritten Mal waren es plötzlich drei.
An diesem Punkt beschlossen sie, keine weiteren Scans zu machen. (Pause.)
Und zum Glück sind es dann auch nicht mehr geworden!
Und ich weiß: Beim nächsten Mal, am nächsten Geburtstag, nächstes Weihnachten wird es wieder sein wie immer. Verstohlene Blicke hinter den Rücken der Erwachsenen. Augen, die sich wortlos suchen und finden.
Komplizenschaft, ein Leben lang.