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SUVs im Großstadttest: Die Stadt ist nicht groß genug

Der Jeep Grand Cherokee in der Tiefgarage: Wer hier einparkt, braucht Geduld. (Foto: Daniel Hofer)

Zwei Meter breit, fast fünf Meter lang: Der Jeep Grand Cherokee ist eindeutig zu groß. Trotzdem boomt kein Autosegment so sehr wie das der Geländewagen. Unser Autor macht den Selbsttest - und quält sich zwei Wochen durch den Münchner Stadtverkehr.

Es piept. Oben, unten, vorne, rechts, links. Wo genau, weiß ich nicht. Ich habe den Überblick verloren. Das Piepen ist in den letzten zwei Wochen mein ständiger Begleiter geworden. Ich teste den Jeep Grand Cherokee in der Münchner Innenstadt. Und der wehrt sich. Mit Abstandssensoren vorne und hinten ausgestattet, signalisiert er, wann es zu eng wird. Und das ist permanent der Fall.

Betrachtet man die Autos, die durch die aufgeräumten Straßen der Stadt fahren, wird eines sofort klar: Der gute alte Kombi hat als Familienfahrzeug ausgedient. Stattdessen fahren überall SUVs. Die Zahlen geben dem subjektiven Eindruck Recht: Um 8,6 Prozent legte der Geländewagen-Verkauf in Deutschland 2013 zu. Höhere Zuwachsraten als in jedem anderen Auto-Segment. Beim Jeep Grand Cherokee sind es sogar 25 Prozent.

Die Argumente für den Kauf sind immer die gleichen: Die erhöhte Sitzposition bietet eine bessere Rundumsicht. Und ein SUV ist einfach sicherer. Mich aber interessiert vor allem: Was fange ich mit einem Geländewagen in einer Großstadt an? In verstopften Straßen, im Dauerstau, im Krieg mit den anderen Autofahrern um die letzte Parklücke? Und taugt so ein Monstrum überhaupt als Familienauto?

Schon wieder meldet sich der Abstandsmesser

Womit wir wieder beim Jeep wären. Fast zwei Meter breit ist er, 4,80 Meter lang, 1,74 Meter hoch. Damit liegt er genau zwischen einem Audi Q5 und einem Q7. Er ist also riesig. Dazu kommen weißer Lack und gewaltige Chromfelgen, die mir auch einen Platz im neuen Video von Bushido sichern könnten. 66 500 Euro kostet das ab Werk.

Im Wagen selbst gibt es viel schwarzes Leder. Zumindest das überzeugt. Der Härtetest aber kommt bereits nach wenigen Metern. Ich warte vor der Ausfahrt der Tiefgarage. Und es piept. Schon wieder. Dabei stehe ich nur an der Schranke.

Am Innenraum des Jeep Grand Cherokee dominiert schwarzes Leder. Einziger Kritikpunkt: Bei der Vielzahl der Knöpfe und Schalter kann man sich kaum auf die Straße konzentrieren. (Foto: Daniel Hofer) Ein Kugelfisch auf Rädern

Das Fahrgefühl schließlich ist so ungewohnt, als steuere man einen Kugelfisch durch ein Aquarium voller Goldfische. Alle anderen Autos sind winzig. Den Smart links neben mir übersehe ich fast, dem BMW-X5-Fahrer kann ich dafür endlich auf Augenhöhe begegnen. An der nächsten Ampel stelle ich fest, weshalb die erhöhte Sitzposition tatsächlich von Vorteil ist: Ich kann meinen Nachbarn ungehindert ins Auto schauen. Einer verputzt gerade sein Frühstück (Leberkäse-Brötchen mit zu viel Senf), ein anderer rasiert sich. Am Steuer. Im Rückspiegel.

Das war es dann aber auch mit den Vorzügen. Der Jeep ist einfach zu groß für München. Ständig habe ich den Eindruck, mit dem Auto auf die andere Fahrbahnseite zu ragen. Kommt ein Stadtbus entgegen, bricht schlagartig Angstschweiß aus. Der Verbrauch ist im Stadtverkehr mit 12,9 Litern Diesel auf 100 Kilometer auch alles andere als akzeptabel. Noch schlimmer ist die Suche nach einem Parkplatz. Eine halbe Stunde brauche ich jeden Tag, um einen Flecken zu finden, in den ich mich mit dem SUV hineinpressen kann.

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