Bis 2025 soll eine Siedlung auf dem Mars entstehen. Die Marketingfirma Mars One organisiert die Teilnehmer für die private Raumfahrtmission zum Roten Planeten. Die Hardware für das Vorhaben - Rakete, Raumschiff und Weltraumstation - sollen andere stellen. Für die Mission bewarben sich laut Mars One mehr als 200.000 Menschen aus der ganzen Welt, obwohl das Projekt schon vor der ersten Pressekonferenz belächelt wurde.
Die Initiatoren lassen sich vorerst nicht beirren, ab Ende 2015 sollen sich sechs vierköpfige Crews in einem mehrere Jahre dauernden Training auf das Marsleben bei einer Durchschnittstemperatur von minus 55 Grad vorbereiten. Finanziert werden soll das Ganze durch die Vermarktung der TV-Rechte. Der Abflug und die Vorbereitung sollen live übertragen werden.
Der Student Robert Schröder, 27, ist ausgebildeter Physiklaborant und studiert im 5. Semester Elektrotechnik in Darmstadt. Am Montag erfuhr er, dass er unter den letzten 100 Bewerbern ist, aus denen dann die 24 künftigen Marsmenschen ausgewählt werden.
SPIEGEL ONLINE: Strahlung, die dein Erbgut zerstört. Viel zu viel Kohlendioxid und Stickstoff in der Atmosphäre. Und überall nur Sand und Steine. Warum glaubst du als Naturwissenschaftler an eine Marsmission, welche die Europäische Weltraumorganisation für unrealistisch hält?
Schröder: Technisch ist sie auf jeden Fall durchführbar. Mars One leitet die Planung und beauftragt dann weltraumerfahrene Firmen, die Raketen und Module zu bauen. Wenn ich mir allein den Fortschritt der vergangenen Jahre anschaue, mache ich mir keine Sorgen.
SPIEGEL ONLINE: Zwei Bewerbungsrunden sind geschafft, bislang musstest du vor allem Deine Motivation beweisen. Jetzt wird es intensiver. Was kommt in Runde drei auf dich zu?
Schröder: Eine zweiwöchige Teamchallenge, bei der wir auch gefilmt werden. Wir Kandidaten müssen Persönlichkeitsfragen beantworten, dann werden wir in internationale Gruppen aufgeteilt und müssen Tageswettkämpfe bestehen. Es soll auch um Stress gehen: Ich denke, sie werden versuchen, uns auseinanderzutreiben, um dann zu sehen, wer zusammenhält.
SPIEGEL ONLINE: Wenn du diese Runde überstehst, geht es in die bezahlte Vollzeitausbildung. Acht Jahre sollst du dann mit elf anderen Männern und zwölf Frauen für das Leben ohne Rückkehr trainieren. Was reizt dich daran?
Schröder: In den Weltraum zu fliegen war immer mein Traum. Wegen der hohen Anforderungen bei der Nasa und den anderen staatlichen Raumfahrtbehörden erschien es mir aber immer unwahrscheinlich. Ich finde es toll, dass es von Dauer sein soll. Ich kann meine Fähigkeiten für unsere Marskolonie einsetzen und sie mitgestalten. Und dort oben auch eine Familie gründen.
SPIEGEL ONLINE: Was sagen denn Eltern und Freunde dazu?
Schröder: Ich bin glücklicherweise derzeit Single, aber meine Eltern wollen mich natürlich hier behalten. Wir können zwar via Video-Message kommunizieren, aber sie würden mich natürlich lieber umarmen und anfassen können. Das wird sicher noch ein Problem, wenn es wirklich an die Verabschiedung geht.
SPIEGEL ONLINE: Während des Trainings kannst du noch einen Rückzieher machen. Hältst du durch?
Schröder: Ich bin fest überzeugt! Das Training wird bestimmt spannend, dort lernen wir ja alles: wie man sich selbst ernährt; wir bekommen medizinische Fortbildungen und viel Wissen, das uns dort oben helfen soll.
SPIEGEL ONLINE: Die Kosten für "Mars One" - geschätzte sechs Milliarden Dollar - sollen mit Sponsoren und insbesondere mit der Vermarktung von TV-Rechten aufgebracht werden. Wie fühlt man sich als Teil einer riesigen Inszenierung?
Schröder: Ich finde, die Menschheit muss live dabei sein, schließlich ist die Mission geschichtsträchtig. Die Teilnehmer sollen aus möglichst unterschiedlichen Ländern stammen, damit repräsentieren wir auch die Welt und zeigen, wie unterschiedliche Völker zusammenleben können.
SPIEGEL ONLINE: Womit hast du im Auswahlprozess bisher überzeugt?
Schröder: Ich bin sehr teamfähig. Ich engagiere mich ja auch im Technischen Hilfswerk und bin selbstständig im IT-Bereich. Bei der Marsmission geht es genau darum: Dass man über kleine Sachen auch mal hinwegsehen kann und gemeinsam an der Marsbesiedelung arbeitet.
SPIEGEL ONLINE: Hast du manchmal Zweifel, ob das alles realistisch ist?
Schröder: Ich denke, die Besiedelung des Mars ist nur ein natürlicher Schritt. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten schon so viel erreicht. Diese weitere Chance auf Fortschritt sollten wir nutzen.