Fabian Mechtel

Automobiljournalist, Frankfurt

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Artikel

Test Mercedes G500: Unterwegs im Modell 2015

Jenes Aggregat, das beim fein austarierten AMG GT die Reifen zum Schmelzen und den 911 in Bedrängnis bringt, bildet im neuen G nun ganz normal die Basis. Einstiegsmotor, sagen sie zum neuen 500er. Willkommen in der Welt des Mercedes Geländewagen.

Eine Welt, in der du auf der Autobahn auf dem Beschleunigungsstreifen nicht hinter einem hart ausgewundenen Porsche Macan S, die fröhlich rauchenden Auspuffschlote haben ihn verraten, abreißen lassen musst und dem Stuttgarter Möchtergern-Offroader bis 210km/h keinen Meter schenken musst.

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Eine Welt, in der dir das lässig rotzige Auspuffgeräusch ganz ohne Klappensteuerung und synthetische Tricks einen Achtzylinder-Soundtrack durch die Sidepipes aufs Trommelfell tätowiert, dass dir alle Haare zu bergen stehen.

Eine Welt, in der du im schweren Gelände als Fahrer vor der eigenen Courage Angst bekommst, dir aufgrund bedrohlicher Schräglagen beinahe selbst eine Bremsspur in die Unterhose legst und der G dir bloß locker zuruft: ein Lecherl, vielleicht sollten wir mal die Sperren aktivieren und wirklich grob durch den Matsch toben!

Der Mercedes G ist ein Wahnsinn. Immer gewesen. Seine Qualitäten: unbestritten, über alle Zweifel erhaben, legendär. Ein 36 Jahre lang geschliffener Diamant, schon zu Beginn an von unwirklichem Glanz und heute, 2015, in einer feinbearbeiteten Perfektion, das sich alles andere in totaler Unbedeutsamkeit verliert. Eh klar, die Moderne ist eingezogen. Es gibt bunte Displays, Navigations- und Unterhaltungsgerätschaften, feinste Ledertapezierung und edel geölte Hölzer. Wildleder, Rautensteppung, auf Wunsch sogar Kohlefaser-Einlagen am Haltegriff für den Beifahrer. Sitzheizung auf allen Plätzen, Massagefunktion und Fernsehbildschirme für den Fond.

Das alles braucht selbstredend niemand, doch der G trägt es mit Fassung. Die Kirmes im Innenraum ist ihm egal, auch die Tagfahrlicht-Leuchtbänder sind ihm nicht peinlich. Weil er schon alles erlebt hat. Alles gesehen, überall gewesen ist. Und wenn man ihm doch nicht glaubt, ihn bloß für eine neuzeitliche Kompensationsmaschine hält, dann öffnet er dir im strömenden Regen die schwere Pforte und zeigt dir, was er am besten kann.

Vor dir liegt ein Parcours, der schon im Trockenen nicht einfach zu fahren ist: steile Hänge, grobe Verschränkungen, enge Schluchten und Gerölllansammlungen in Fussballfeldgröße. Das Ganze nun locker bis zum Knie im Schlamm. Der G legt die Untersetzung ein, sperrt Mitte wie Hinterachse und legt ab. Ganz locker verlierst du den Horizont aus den Augen, baumelst durch den Innenraum wie eine Puppe mit zu lose angenähtem Murmelkopf und hast an manchen Stellen wirklich Angst, dass dir das Ding ganz normal auf die Seite fällt.

Du wippst durch Verschränkungsbögen, deren Löcher so groß wie ein ganzer Smart sind und krabbelst so locker wieder raus, dass der große V8 nicht einmal seine Stimme erheben muss. Standgas zieht ihn quasi überall raus. An einer Steigung dann, sicher zwanzig Prozent, zu Fuß nicht im Traum zu erklimmen, da fordert er dann die dritte Sperre, weil der Matsch an der blinden Kuppe dann doch bis zur Nabe geht und jede Panickattacke des Fahrers selbst den G hier ohne den Einsatz des komplett starren Durchtriebs in Bedrängnis bringen könnte.

Doch auch das macht er dann: locker. Weil es für den G keine Grenzen gibt. Wenn er irgendwo nicht hinkommt, dann liegt es daran, dass du etwas falsch gemacht hast - nicht er. Natürlich würde er dir das nie zeigen. Stattdessen assistiert er dir im neuen Modelljahr artig, blendet auf Wunsch am Display ein Offroad-Menü ein, dass Dir Steigungs- wie Neigungswinkel und - viel wichtiger - den Lenkeinschlag anzeigt. Denn im engen Winkelwerk des knietiefen Matsch verlierst du tatsächlich ganz gerne mal den Überblick, wie viel Umdrehungen du das Radl gerade gedreht hast und wo jetzt ganz genau noch einmal geradeaus war.

Übrigens, die nun erstmals für den G lieferbare adaptive Dämpferverstellung ist kein bloßer Marketing-Gag, damit man sich in der Innenstadt sportlicher fühlen darf. Nein, im schweren Gelände hilft die straffe Einstellung, dass die Karosserie nicht zu stark schaukelt. Weil im Geländewagen nichts der Spielerei dient.

Gut, die mächtige Motorleistung vielleicht. Denn wie gesagt, der 422 PS starke und 610 Nm stemmende V8-Biturbo im G500 ist tatsächlich der Einstiegsmotor. Darüber kommen dann die AMGs mit 571 PS als Achtzylinder und ganzen 630 PS im großen V12. Bei den Verkäufen stemmt übrigens der G63 AMG alleine gut 50%. Der Einstiegsbenziner und vor allem der Diesel G350 spielen quasi keine Rolle. Der Mercedes G lebt eben in seiner eigenen Welt. Und das noch mindestens bis 2022, so lange läuft der Vertrag noch mit Magna in Graz zur Produktion der Legende. Doch auch danach wird es nicht aufhören, man habe schlicht keine Verträge mit längerer Laufzeit gehabt, meint Baureihenleiter Dr. Gunnar Güthenke. Und das ist kein Scherz.Sagt uns Eure Meinung in den Kommentaren! Wir antworten garantiert und geben auch unseren Senf dazu!
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