Wer eine lange Bahnfahrt vor sich hat, nimmt ein Buch mit, kauft noch schnell eine Zeitung am Bahnhofskiosk oder liest auf Tablet & Co. Doch viele Bahnfahrer schmökern auch in "mobil", dem Kundenmagazin der Deutschen Bahn. Es liegt kostenlos auf jedem Sitzplatz im ICE und der Leser findet darin eine bunte Palette an Themen und alle journalistischen Formate - vom Interview über Porträts und Reportagen bis zu Meldungen.
Magazine wie "mobil" werden von Agenturen produziert, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PR) für ihre Kunden machen. In den Agenturen oder für diese arbeiten viele, die Spaß an Sprache haben, gerne recherchieren und schreiben. "Vor allem freie Journalisten, also welche, die nicht festangestellt sind, können oft nicht mehr allein vom Journalismus leben und erschließen sich über Agenturen eine neue Einnahmequelle", sagt Eva Werner vom Deutschen Journalisten Verband (DJV).
Während die Stimmung in den meisten deutschen Print- und Online-Redaktionen derzeit nicht die beste ist und viele Verlage angesichts der Branchenkrise Stellen streichen, wächst der Markt der Unternehmenskommunikation. Für Werner nur logisch, dass sich immer mehr Journalisten ein zweites Standbein suchen. Wie viele es genau sind, ist unklar. Zahlen und Fakten gibt es dazu keine. Das Statistische Bundesamt hat lediglich die Gesamtzahl der Journalisten und Redakteure in Deutschland gelistet, 2013 waren es 175.000, davon 80.000 Freie. Werner hält Journalismus nach wie vor für einen spannenden, erstrebenswerten Beruf. Sie ist zuversichtlich, dass auch in Zukunft gute journalistische Leistung gefragt ist.
Sich einen Überblick über die Vielfalt der Agenturen zu verschaffen, ist nicht ganz einfach. Dabei begegnen einem Begriffe wie Corporate Publishing-Agenturen, Werbe-, Medien- und PR-Agenturen. Alle eint, dass sie für große Unternehmen, Verbände, Parteien, NGO's oder Behörden arbeiten. Viele produzieren Kundenmagazine, Imagebroschüren, Mitarbeiterzeitschriften oder Pressemitteilungen, manche übernehmen den Online-Auftritt oder Social-Media-Aktivitäten, andere entwerfen Werbesologans oder Logos.
Große Agenturen konzipieren, planen, gestalten und realisieren die kompletten Kommunikationsmaßnahmen für ihre Kunden. Es geht darum, die Auftraggeber, deren Produkte, Dienstleistungen oder Botschaften bekannter zu machen und ein positives Image zu schaffen.
In Werbeagenturen werden eher kurze Texte verfasst. Slogans für Plakate sind oft nur fünf Worte lang, müssen knackig und witzig sein. In Kunden- oder Mitarbeitermagazinen finden sich Interviews und Artikel, die sich in ihrer Form nicht von Texten in Tageszeitungen oder Pressemagazinen vom Kiosk unterscheiden. Die Arbeit ist eng verwandt: Redakteure lesen sich in die Themen ein, recherchieren gelegentlich stundenlang am Telefon oder am Ort des Geschehens, um mit Beteiligten zu reden und Informationen zu bekommen. Meist geben die Auftraggeber die Themen und Interviewpartner vor, wobei die Mitarbeiter der Agentur oft Vorschläge und Ideen liefern. Das letzte Wort hat aber der Kunde, der die Texte auch freigibt.
Vor einigen Monaten bin ich, die Autorin dieses Textes, auf eine Koksofenbatterie eines Stahlwerks geklettert - 8 Meter hoch, 105 Meter lang - um ein Porträt zu schreiben. Kurz danach habe ich über den Bau der neuesten Flotte der Deutschen Marine berichtet und war als erste Journalistin auf dem 7.000 Tonnen schweren Schiff. Für eine andere Reportage musste ich in einem Reinigungswerk der Deutschen Bahn unter einen ICE klettern. Das sind Einblicke, die man sonst nicht bekommt.
Viele PR-Journalisten haben ihre Berufslaufbahn in klassischen Zeitungs-, Online- oder Hörfunkredaktionen begonnen. Unter 35 von mir spontan befragten Journalisten, die für PR-Agenturen arbeiten, haben alle ihre Karriere bei der freien Presse begonnen, jedoch gab es niemanden, der von einer PR-Agentur zu einer Zeitung oder etwa zum Hörfunk wechselte.
Bei Firmen wie Hoffmann und Campe Corporate Publishing oder KircherBurkhardt arbeiten einige Bild-, Daten- oder Textjournalisten, die früher bei der "Süddeutschen Zeitung", "FAZ" oder dem Magazin "Neon" geschrieben haben und es teilweise heute noch tun. Manche davon kommen von den bekannten Journalistenschulen Deutschlands, aus Wirtschafts-Ressorts oder von Frauenmagazinen. Die Mischform "halbtags bei einem Unternehmen und halbtags freiberuflich" ist ein gängiges Modell.
Der DJV steht Berufseinsteigern mit Rat und Tipps zu Ausbildungswegen und -angeboten sowie Weiterbildungen zur Seite. Die Mitarbeiter beraten auch bei Verträgen. Leider gibt es auch bei Agenturen schwarze Schafe. Dort sind Redaktionen oft unterbesetzt und sie arbeiten mit un- oder unterbezahlten Freien oder Praktikanten, denen ein Volontariat in Aussicht gestellt wird. Infos findet ihr unter: www.djv.de