Nach 28 Jahren stellt Gottfried Helnwein wieder in Wien aus. Am 8. Oktober feiert er seinen 65. Geburtstag. In der Wiener Albertina ist aus diesem Anlass bis 13. Oktober die bis dato größte Retrospektive des Künstlers im deutschsprachigen Raum zu sehen. Bekannt wurde Helnwein in Österreich als "Provokateur" und "Schockkünstler" unter anderem durch seine Titelbilder und Illustrationen für das Nachrichtenmagazin Profil, sowie durch seine Selbstporträts mit bandagiertem Kopf und aufgerissenem Mund. Heute ist er der Rockstar der internationalen Kunstszene, seine Ausstellungen quer über den Erdball sind wahre Happenings. Sein Schaffen ist von der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, deren Reiz- und Tabuthemen geprägt. Das Lieblingsmotiv des prominenten Künstlers: seine Kinder. Ihre Gesichter lösten Skandale aus: bandagiert, geschunden und verwundet auf großformatigen Bildern.
Sonnenbrille und Tuch als Markenzeichen
„Der Kindesmissbrauch in den Heimen wird erst jetzt, mit großer Verzögerung, breit diskutiert - aber zu dem Zeitpunkt, als er stattgefunden hat, habe ich die Bilder der verletzten Kindern gemalt. Ausstellungen wurden abgesagt, man hat mich als geisteskrank bezeichnet", erzählt er der Presse. "Die Arbeiten meines Vaters sind sehr heftig. Aber für uns Kinder waren die Bilder nie furchterregend. Viele Leute sagen, sie lieben seine Werke, aber sie könnten sie nie ins Schlafzimmer hängen. Aber ich, ich könnte das sofort", sagt Mercedes Helnwein. Heute gehört die 34-Jährige längst selbst zu den aufstrebenden Kunst-Stars in den USA. Nicolas Cage und Jonny Depp kaufen ihre Ölbilder. Helnwein, so das grobe Urteil, ist ein Maler des Widerwärtigen. Der Mann mit dem Stirntuch und der Sonnenbrille arbeitet mit den unterschiedlichsten Techniken und Stilmitteln. Neben der Zeichnung, Aquarell-, Acryl- und Ölmalerei und verschiedenen Mischtechniken ist seit den 1980er Jahren vor allem die Fotografie eines der wichtigsten Medien, oft in Verbindung mit Performances.
In seinen Bildern über den Holocaust findet man pausbäckige Unschuldsengel, ein Gruppenfoto von Nazi-Soldaten, die die heiligen drei Könige darstellen. Helnwein thematisiert damit Heiligenverehrung und Führerkult. Der Künstler ist an seiner eigenen Negativerfahrung in der Wiener Nachkriegsgesellschaft orientiert und kam früh, angeregt durch Tatortfotos der Polizei, auf bis heute aktuelle Themen wie Peinlichkeit, Sadismus oder Pädophilie. In der Albertina geben über 150 Arbeiten aus allen Werkphasen Einblick in Helnweins Schaffen.
Eva Helfrich
Redakteurin, Linz
Feature
Gottfried Helnwein im Portrait
Er ist einer der international bedeutendsten österreichischen Künstler. Die Auseinandersetzung mit den Themen Gewalt und Schmerz in seinen Arbeiten sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen.
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