Wenn Models anfangen zu singen,
kann das schon mal in die Hose gehen. Dachte sich auch Tyson Ritter
von den „All American Rejects“. Darum hat er es auch andersrum
gemacht. Der 27-Jährige, der seit stolzen zehn Jahren mit seinem
besten Freund aus High School-Zeiten Platten verkauft, wurde 2009 für
„Boss Orange“ angefragt. Und wenn Hugo Boss einen als Gesicht der
aktuellen Kampagne haben will, sagt man nicht nein. Spätestens seit
den Hits „Gives You Hell“ und „Dirty Little Secret“ kennt man
die Band auch hierzulande. Der schöne Mann ist endlich erwachsen
geworden, erzählt er. Die Trennung von Langzeitliebe Kimberly Smith
hat ihn in ein tiefes Loch geworfen. Mit inwien plaudert er über's
Wieder-raus-Kommen, das neue Album und das
Kleinstadtleben.
schau: „Kids in the Street“ ist
ein ziemlich reflexives Album. Hast du damit dein Leben aufgeräumt?
Tyson Ritter: Ja. Nach unserem ersten Album hab ich mich wie ein störrisches Kind gefühlt und bin nach Los Angeles abgehauen. Ich bin für neun Monate in eine Flasche Whiskey gekrabbelt und als ich rauskam, hatte ich keine Ahnung, wer ich bin. Das war einer der Momente, wo man weiß, dass man ab jetzt einen kritischen Blick auf sich selbst werfen muss. Ich hab erst mit 25 angefangen, erwachsen zu werden. „Kids in the Street“ erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich verlieren musste, um sich zu finden.
Musiker haben ja die einzigartige Chance, etwas zu produzieren, um etwas anderes loszuwerden.
Genau, man treibt seine Dämonen am Klavier aus.
Welcher ist dein Lieblingssong auf dem neuen Album?
Ich würde sagen „Heartbeat Slowing Down“. Der ist wie eine
lange Entschuldigung, eingebettet in diesen epischen Balladensound.
Das ist wahrscheinlich der schönste Song, den wir jemals geschrieben
haben.
Was meinst du zu dem Klischee, dass gute Songs aus
schlechter Stimmung entstehen müssen?
Egal wie, ein Song muss
Gefühle transportieren können. Er muss heiß oder kalt sein. Das
Beste vom Besten oder das Schlimmste vom Schlimmen. Sogar meine
Lieblingsgitarristen haben eine gewisse Traurigkeit in sich. Und auch
Gitarristen können mit der Art, wie sie spielen, Leute zu Tränen
rühren.
Was macht dich glücklich?
Auf Tour gehen. Ich liebe es, vor Publikum zu spielen. Ich spreche
nicht mal die Hälfte der Sprachen der Länder, in denen wir spielen.
Aber wenn ich spiele, habe ich das Gefühl, mich mit den Leuten
verständigen zu können.
Du bist ursprünglich aus
Oklahoma. Fehlt dir das Kleinstadtleben manchmal?
Ja, sogar sehr. Als ich nach L.A. kam, war ich anfangs geschockt
von dieser riesigen Stadt und den furchtbaren Leuten. Jeder hier ist
hungrig nach Erfolg, will Schauspieler werden und arbeitet als
Kellner.
Wie verbringst du deine Freizeit?
Ich arbeite zum Ausgleich gern mit meinen Händen. Ich hab zum
Beispiel noch eine Schreibmaschine und darauf schreib ich meiner
Familie regelmäßig Briefe. Wenn man in einer Kleinstadt aufwächst,
weiß man, wie wichtig Familie ist. Ich bin von zuhause weg als meine
kleine Schwester acht Jahre alt war. Heute ist sie 18 und ich habe
das Gefühl, viel zu viel verpasst zu haben.
Du bist seit zehn
Jahren bei den „All American Rejects“. Wenn du kein Musiker
wärst, dann wärst du...?
Schwierige Frage, ich kenne nämlich
nichts anderes. Wahrscheinlich wäre ich Missionar geworden. Ich habe
einen Freund in Guatemala besucht, der beim Friedenschor ist. Da habe
ich gesehen, wie viel man eigentlich helfen kann. Ich denke, das kann
ein sehr befriedigender Job sein.