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Das düstere Wunderkind

Auch wenn Wunderkind-Vergleiche mit Mozart abgeschmackt sind: bei Soap & Skin – One-woman-show Anja Franziska Plaschg treffen sie irgendwie zu. Die 21-Jährige wird mit keinen Geringeren als Nico (Andy Warhols Muse), Björk und Kate Bush verglichen. Düster und beklemmend sind ihre Lieder, gleichzeitig aber wunderschön. Am 10. Februar hüllt sie die Arena in ihren faszinierend schwermütigen Sound.

Dramatik, Zerrissenheit und Melancholie

Geboren wird Anja im 2000-Einwohner-Ort Gnas in der Südsteiermark. Vater und Mutter Plaschg führen einen Schweinemastbetrieb. Ab ihrem siebten Lebensjahr spielt sie Klavier, später auch Geige. Anja übt hingebungsvoll, manchmal bis zu zwölf Stunden täglich. Mit 14 schreibt sie ihre ersten eigenen Stücke (die sogar auf FM4 laufen), lädt sie auf ihre MySpace-Seite und verschickt sie an verschiedene Plattenfirmen. Das Berliner Elektronik-Label Shitkatapult reagiert und veröffentlicht 2006 auf einer Mini-Compilation die melancholische Piano-Ballade „Mr. Gaunt PT 1000“. Songs von Soap & Skin arrangieren sich oft nur aus dem Klang eines E-Pianos, dem Knistern eines Prozessors und dieser Stimme, die im einen Moment flüstert und im nächsten schreit. Anja nimmt ihren Gesang stets verdoppelt auf, wodurch er noch intensiver wirkt.

„Eigentlich will ich gar keine Interviews geben“

Mittlerweile eilt ihr der Ruf der schwierigen Künstlerin voraus. Nicht dass sie zickig wäre, sie fühlt sich nur nicht wohl, wenn sie über sich selbst reden muss. Bei ihrem Auftritt in „Willkommen Österreich“ schickt sie Stermann und Grissemann vorab eine schwarze Liste an Gesprächsthemen. Fragen zu ihrer Person, der griechischen Mythologie oder Co-Gast Wolf Haas sind tabu. Antwortet sie überhaupt, dann nur sehr einsilbig. „Eigentlich will ich gar keine Interviews geben“, erzählt sie dem Falter. „Mit den unbeschwerten Attributen, die man der biologischen Phase Jugend vorschnell und leichtfertig zuschreibt, hat diese Musik nichts zu tun“, meint FM4. Eine düstere Faszination strahlt sie aus, man kann sich ihrer unheimlichen Intensität kaum entziehen. Anja schürt dieses dunkle Image ganz bewusst. Mit Anekdoten über das Loch im Herzen, mit dem sie geboren wurde. Oder damit, dass sie den Rosenkranz rückwärts aufsagen kann. Am eindrucksvollsten zelebriert Soap & Skin ihre dunkle Magie in dem Song „Thanatos“, den sie nach dem griechischen Gott des Todes benannt hat. Untermalt von einem schrecklich-schönen Piano-Stakkato singt sie mit tiefer, klagender Stimme über die „Ages of delirium“, die „Curses of oblivion“ und ihr kommendes Königreich. Zum Schaudern schön.