Luis Riu führt mit seiner Schwester Carmen in dritter Generation die RIU-Hotelgruppe. Der Spanier gilt als expansionsfreudig und ruhelos. Kurz vor Beginn der Internationalen Tourismusbörse äußert er sich im Gespräch mit WELT ONLINE zu guten und schlechten Aussichten in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Er hat eine Schwäche für Architektur. Wenn Luis Riu, Chef eines der weltgrößten Hotelkonzerne, neue Ferienanlagen bauen lässt, achtet er auf anspruchsvolles Design. Meist sind es Hotels mit Meerblick. Riu hat offenbar eine glückliche Hand: Die Auslastung der Häuser ist hoch, und trotz Wirtschaftskrise plant sein Unternehmen neue Projekte.
WELT ONLINE: Schlecht geschlafen?
Riu: Entweder riecht es nach Essen, die Klimaanlage ist zu laut, oder ich muss direkt neben dem Aufzug schlafen.
Riu: Im Ernst. Ich soll sehen, mit welchen Problemen meine Leute gerade kämpfen müssen. Das hat bei RIU Tradition, die Direktoren haben das schon mit meinem Vater so gemacht.
WELT ONLINE: Hat es gewirkt?
Riu: Natürlich, wer will schon immer schlecht schlafen?
WELT ONLINE: Sie kriegen also nie das Zimmer oder die Suite mit dem tollen Meerblick?
Riu: Manchmal habe ich Glück und kann die tolle Aussicht genießen. Ich bin auf einer Insel groß geworden, und die meisten Insulaner müssen ihr Leben lang das Meer und den Horizont sehen, sonst fühlen wir uns nicht wohl.
WELT ONLINE: Wo spannen Sie denn aus?
Riu: Ich will auf gar keinen Fall mehr als zwei Stunden fliegen müssen. Den Süden Teneriffas finde ich zum Beispiel sehr schön und verbringe dort immer wieder ein paar ruhige Tage.
WELT ONLINE: Warum ausgerechnet dort?
Riu: Sonne, tolle Natur, und man spricht Spanisch. Da fühle ich mich sehr zu Hause.
WELT ONLINE: Dann verhalten Sie sich ja wie die Deutschen - viele machen auch immer noch am liebsten im eigenen Land Urlaub.
Riu: Na klar. Sonst würde es zu Tumulten beim Einchecken kommen. Im Durchschnitt kostet das 15 Prozent mehr.
WELT ONLINE: Warum sind Sie eigentlich so viel unterwegs?
Riu: Auf den Balearen und den Kanaren ist es seit vielen Jahren nicht mehr möglich, neue Hotels in Strandnähe zu bauen. Wir sind deshalb in andere Länder ausgewichen. Ich hab' zum Beispiel das RIU-Geschäft in der Dominikanischen Republik aufgebaut und dort auch lange gelebt.
WELT ONLINE: Sie sind die Nummer zwei in Spanien. Wollen Sie noch größer werden?
WELT ONLINE: Wovon leben Sie dann?
Riu: Wir zahlen uns ein Gehalt aus.
WELT ONLINE: Und Sie verdienen so viel Geld, dass Sie drei neue Hotelanlagen pro Jahr bauen können?
Riu: Nicht ganz. Aber unsere Fremdfinanzierungsquote ist vergleichsweise sehr gering, und das lieben Banken.
WELT ONLINE: Wo sollen in den nächsten Jahren neue RIU-Hotels entstehen?
Riu: Noch in diesem Jahr werden wir unser erstes eigenes Hotel in Costa Rica eröffnen, und ich habe bereits Grundstücke, um noch zwei weitere zu bauen. Dazu kommt eine neue Hotelanlage an der Pazifikküste in Mexiko. Auf Aruba suche ich ein geeignetes Grundstück für ein weiteres Hotel. Außerdem bauen wir auf den Kapverden, auf Boavista. Dort wollen wir in zwei Jahren das „Touareg" an einem Traumstrand eröffnen.
Riu: Doch, zum Teil schon. Wir lassen zum Beispiel in jedem unserer Hotels zwei- bis dreimal die Woche die Kundenzufriedenheit messen und vergleichen die Werte mit unseren Vorgaben. Wir fragen nach Wünschen und Verbesserungsvorschlägen. Die Ergebnisse landen bei mir auf dem Tisch. Unser Vorstand befasst sich in jeder Sitzung zuerst mit Kundenzufriedenheit. Erst wenn das geklärt ist, reden wir über den Rest des Geschäfts.
WELT ONLINE: Sie betreiben in der Karibik und in Mexiko sehr große Anlagen. Ab welcher Hotelgröße fühlen sich Menschen unwohl?
Riu: Am wohlsten fühlen sich die meisten Urlauber nach meiner Erfahrung in klassischen Ferienhotels, die nicht mehr als 700 Zimmer haben. Dann kommt man sich nicht einsam vor, und die gesamte Anlage bleibt überschaubar. Wenn Sie ein „Riu Palace" mit fünf Sternen vermarkten wollen, dann dürfen es nicht mehr als 500 Zimmer sein.
WELT ONLINE: Wird diese Form des Massentourismus ungebremst weitergehen?
Riu: In den nächsten zehn bis 15 Jahren, glaube ich, werden weiterhin sehr viele Menschen drei bis vier Stunden in die Sonne fliegen, um dann zwei Wochen sorglos am Strand ihren Urlaub zu verbringen. Das Prinzip wird das gleiche bleiben, aber die Inhalte werden sich sicherlich verändern müssen.
WELT ONLINE: Die Wirtschaftskrise wird das Reiseverhalten nicht ändern?
Riu: Nein. Der amerikanische Markt hängt zwar bereits kräftig durch, dann kommt Kanada und danach Europa. Aber ich bin ganz sicher, dass die Amerikaner die Krise schneller meistern werden. Dieses Jahr wird schwer werden, aber dann geht es wieder aufwärts.
WELT ONLINE: Und was machen Sie bis dahin?
Riu: Wir werden Anreize schaffen, damit die Amerikaner wieder reisen - zu guter Letzt geht das natürlich auch über den Preis. Das ist zwar hart für uns, denn wir müssen und wollen unsere Qualität und unser gut ausgebildetes Personal halten. Das geht wahrscheinlich nur auf Kosten der Gewinne. Die vergangenen Jahre liefen für uns sehr gut, dann müssen wir auch ein schlechtes aushalten können.
WELT ONLINE: Beunruhigt Sie die in den USA verbreitete Forderung, Waren und Dienstleistungen aus dem eigenen Land zu kaufen?
Riu: Nicht wirklich. In Kalifornien oder in Florida ist es allein wegen der Personalkosten einfach viel teurer, Urlaub zu machen, als in Mexiko, der Dominikanischen Republik oder auf Jamaika. Deswegen werden wir dort auch weiter bauen.
WELT ONLINE: Wären Sie gern Architekt geworden?
Riu: Ich habe zwar Wirtschaft studiert, aber es stimmt: Ich verbringe sehr viel Zeit mit Planung und Bau unserer neuen Hotelanlagen. Das macht mir großen Spaß. Für mich ist das fast wie eine Droge.
Riu: Ich höre mir die landestypische Musik an.
WELT ONLINE: Wie bitte?
Riu: Klingt komisch, aber ich habe die Erfahrung gemacht: Je musikalischer die Bevölkerung ist, umso verbundener und umso wohler fühlen sich die Gäste in dem Land. Und das ist das Wichtigste, damit ich ruhig schlafen kann.