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Banken verkaufen jetzt Rettungsschirme, die zuverlässig aufgespannt werden, wenn sie selbst welche brauchen. Eric Schreyer erläutert die Anlageform.
19. Sep 2013 von Eric Schreyer
In diesem Herbst emittieren britische und Schweizer Banken in großem Umfang eine Anleihenspezialität mit langen Laufzeiten und attraktiven Kupons. Am 1. August 2013 startete Credit Suisse mit einem Volumen von 2,5 Milliarden USD und 6,5 Prozent Zins für 10 Jahre. Durch institutionelle Investoren gingen Gebote für 6,6 Milliarden USD ein. Der hohe Nominalzins deutet auf besondere Risiken hin – oder auch nicht.
Es geht darum, Bankeninsolvenzen zu vermeiden. Bislang konnte man sich darauf verlassen, dass die Rettung systemrelevanter Finanzinstitute gesichert ist. Beherzte Anleger haben hohe Zinsen kassiert, obwohl ihr tatsächliches Ausfallrisiko dank politischer Alternativlosigkeit nahe bei Null lag. Jetzt gibt es eine Alternative: Während griechische und zyprische Finanzinstitute zuweilen umständlich aufzuspannende Rettungsschirme akzeptieren mussten, verlassen sich die europäischen Top-Banken nicht länger auf ein staatliches Eingreifen. Sie haben das Heft des Rettungshandelns selbst in die Hand genommen und eine Automatikversion entwickelt: Contingent Convertible Bonds - kurz: CoCo-Bonds.
Die neue Anlageklasse der CoCo-Bonds ist durch bankenregulatorische Anforderungen entstanden. In Stresssituationen (Trigger Events) werden nachrangige Anleihen in Aktien des Emittenten gewandelt, beispielsweise wenn die Eigenkapitalquote der emittierenden Bank unter einen kritischen Wert (Treshold) fällt. Dagegen ist die eingangs genannte Credit Suisse-Anleihe eine Sudden Death- respektive Wipeout-Version, bei der die Investoren alles verlieren, wenn die Kernkapitalquote der Bank die Marke von 5 Prozent nach unten durchbricht oder die Schweizer Regulierungsbehörde die Bank „nahe default“ erklärt.
Diese Mechanismen soll dabei helfen, Bankeninsolvenzen rechtzeitig abzuwenden. Durch CoCo-Bonds können Banken künftig besser selbst vorsorgen, um ihre Risiken aus eigener Kraft und ohne staatliche Hilfe aufzufangen. Ab diesem Jahr schreibt Basel III eine Mindestkernkapitalquote in Höhe von immerhin 3,5 Prozent vor. Diese Quote gibt an, wie viele risikotragende Positionen (vor allem Kredite) durch bankeneigenes Kernkapital gedeckt sein müssen. In der Krise erzeugen CoCo-Bonds das für die Stabilität einer Bank besonders wichtige harte Kernkapital aus Aktien.
Risikostreuung mit CoCo-BondsIn der gegenwärtigen Niedrigzinsphase sind Contingent Convertible Bonds mit ihren hohen Kupons eine willkommene Erweiterung des Anlageuniversums. Aber: Der Anleger hat weder das Recht auf einen Umtausch in Aktien, wie bei der herkömmlichen Wandelanleihe, noch die Pflicht, dies bei Laufzeitende zu tun, wie bei Pflichtwandelanleihen (Mandatory Convertible Bonds). Die Wandlung von CoCo-Bonds in Aktien erfolgt automatisch, wenn die vertraglich vereinbarten Bedingungen eintreten, oder wenn die Regulierungsbehörde sie anordnet.
In letzter Zeit haben viele Banken ihren Verschuldungsgrad gesenkt. Außerdem ist eine Tendenz zu erhöhten Barbeständen erkennbar. Auch die Ausstattung mit Eigenkapital ist besser geworden. Die Käufer von CoCo-Bonds bewegen sich in einem Anlageumfeld, in dem finanzielle Stabilität wichtiger ist als eine zweistellige Eigenkapitalrendite.
Eine Risikostreuung ist wegen der hohen Stückelung von CoCo-Bonds erschwert. Risikobewusste Anleger haben jedoch die Möglichkeit, in einen entsprechenden Fonds zu investieren: Swisscanto (LU) Bond Invest CoCo H Euro B (ISIN: LU05991 19707). Dieser Fonds investiert mindestens 51 Prozent seines Gesamtvermögens in CoCo-Bonds. Aufgrund der Marktenge kann auch in andere nachrangige Anleihen investiert werden. 20 Prozent des Vermögens dürfen in Aktien angelegt werden. Der Swisscanto Fonds wurde im Mai 2011 aufgelegt und hat seitdem einen Wertzuwachs von 20,18 Prozent (per 17. September 2013) erzielt - siehe Fondsweb .
Weiteres zum Thema unter CoCoBonds.com .
---Eric Schreyer arbeitet als Manager auf Zeit sowie als beratender Unternehmer. Er war viele Jahre als Geschäftsführer in mittelständischen Unternehmen tätig. Zuvor stand er 18 Jahre bei der Deutsche Bank AG unter Vertrag. Schreyer ist gelernter Bankkaufmann und diplomierter Ökonom. Er schreibt ebenso für seinen Blog Valuation-in-Germany sowie für das Handbuch Unternehmensbewertung im Bundesanzeiger-Verlag. Sie errreichen ihn unter es.mittelstandsberatung(at)googlemail.com. --- Eric Schreyer in sozialen Netzwerken:
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