Gerade jetzt, wo es draussen immer kälter wird, kuschelt es sich unter Paaren besonders gemütlich. Doch durch die ganze Kuschelei kann der Sex schon mal zu kurz kommen. Was aber, wenn die Lust aufeinander völlig ausbleibt? Wenn beide einfach zu faul sind für Sex? Liebesexperten sprechen in solchen Fällen gerne vom Panda-Syndrom. Aber was genau ist das eigentlich?
BILD hat bei dem Paarberater und Single-Coach Eric Hegmann aus Hamburg nachgefragt.
Eric Hegmann: „Pandabären sind eher träge Tiere. Es heißt, sie seien sogar zu träge, um sich zu vermehren. Der Begriff Panda-Syndrom beschreibt ein Paar, das es sich in der Beziehung so gemütlich gemacht hat, dass es für Leidenschaft nicht mehr reicht.“
Leiden Sie auch unter dem Panda-Syndrom?
Welche Paare entwickeln dieses Syndrom?
Hegmann: „Chillen und Netflix, zu müde für Sex, Kampfkuscheln, – das zeichnet Paare aus, die sich sehr wohl miteinander fühlen, die gut harmonieren und Vertrautheit und Geborgenheit als Säulen ihrer Partnerschaft erleben. Vielleicht sind sie auch genervt von dem Leistungsdruck, der auf Sex liegt, wenn jede Zeitschrift propagiert, der Höhepunkt könne doch noch besser, noch intensiver und noch häufiger kommen.“
Sind langjährige Partnerschaften betroffen – oder können auch Frischverliebte zu Pandas werden?
Hegmann: „Frischverliebte Paare werden wegen der sexuellen Anziehungskraft zu Beginn der Beziehung eher seltener zu Pandas. Aber sie können dort bereits die Weichen für später legen. Wer sich vom sozialen Netz entfernt, um nur noch zu Hause Zweisamkeit zu leben, riskiert, dass es von außen zu wenige neue Impulse für die Partnerschaft gibt. Eine Beziehung lebt auch davon, wie das Paar auf Veränderungen reagieren kann und sich dabei erlebt. Bleibt alles immer gleich, wird auch alles irgendwann langweilig.“
Ist das Panda-Syndrom ein Beziehungskiller?
Hegmann: „In der Theorie ist das Panda-Syndrom ja irgendwo rührend, weil das Paar so innig ist. Aber zu viel Nähe reduziert auch die Leidenschaft, denn wir begehren, was wir nicht haben. Solange das Paar glücklich ist mit der sexlosen Phase, gibt es kein Problem. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Leidenschaft dann in Form einer Versuchung von außen zurückkommt.
Denn ganz sexlos will eigentlich niemand leben. Außerdem ist Sex neben der Befriedigung auch die gegenseitige Bestätigung, sich nackt anfassen und annehmen zu lassen. Das ist eine wichtige Kommunikationsform eines Paares, um zu sagen: Du bist ok, ich möchte dich, so wie du bist. Auf biologischer Ebene sorgen Bindungshormone beim Sex dafür, dass wir uns möglichst nah sein wollen.“
Inwiefern profitiert eine Beziehung vom Panda-Syndrom?
Hegmann: „Weniger Stress, weniger Verpflichtungen, dennoch Nähe und Intimität. Das alles klingt nicht nur segensreich für eine Beziehung, das ist es auch. Ein wenig Panda wünschen sich wohl die meisten Paare, es ist die Dosis, die das Gift macht.“
Woran merke ich, dass mein Partner und ich Pandas sind?
Hegmann: „Ich mag solche Labels nicht, auch wenn Pandas niedlich klingt. Letztlich hat jedes Paar seine ganz eigene Dynamik. Der Vergleich mit anderen Paaren, um sich selbst in Schubladen zu packen, hat noch kein Paar glücklicher gemacht.“
Wie viel Panda-Syndrom ist für die Beziehung okay, normal?
Hegmann: „Wichtig für eine Beziehung ist, was die Partner glücklich macht. Normal ist kein Kriterium für Liebe, denn es gibt nichts, was es nicht gibt. Eine Beziehung ganz ohne Sex riskiert aber, dass die Lust irgendwann von außen kommt.“
Ist die Beziehung am Ende, wenn sich beide Partner als Pandas miteinander wohlfühlen?
Hegmann: „Im Gegenteil! Das kann sogar der Beginn sein, die Partnerschaft auf eine neue Stufe zu stellen, in der Geborgenheit und Vertrautheit wichtiger sind als Leistungsdruck.“
Wie durchbrechen Paare die Panda-Spirale? Hier nennt Eric Hegmann Tipps, wie Sexmuffel wieder auf Touren kommen:
► Toys im Schlafzimmer sind auch kein Allheilmittel, aber durchaus anregend. Es braucht aber vor allem mehr Fantasie im Schlafzimmer – und nicht mehr Leistungsdruck.
► Sprechen Sie miteinander über die sexlose Phase. Ihr Partner kann Ihre Gedanken nicht lesen. Während Sie sich als Panda wohl fühlen, sorgt sich der Partner vielleicht um seine Anziehungskraft und Attraktivität und hat Angst um die Beziehung.
► Sex braucht Gelegenheit. Verabreden Sie sich zum Date. Klappen Sie das Laptop zu, schalten Sie die Smartphones aus und den Fernseher nur an, wenn Sie sich gemeinsam mit einem erotischen Film in Stimmung bringen wollen.
► Jedes Paar braucht eine Mischung aus Bewährtem und Neuem. Beides gehört sowohl in den Beziehungsalltag als auch in das Sexleben. Sonst schläft die Leidenschaft ein.
► Keine Lust auf Sex kann in Wirklichkeit auch bedeuten: Keine Lust auf Sex mit dem eigenen Partner. Prüfen Sie, ob Sie nicht doch etwas mehr Engagement im Schlafzimmer zeigen sollten.