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Hat Sporting-Präsident Hooligans auf die eigene Spieler gehetzt?

Foto: imago

Im Mai griffen brutale Sporting-Hooligans ihr eigenes Team an. Jetzt wurde der damalige Präsident des Klubs festgenommen: Er soll die Attacke selbst geplant haben.

Manchmal fehlen die Worte für das, was im Namen des Fußballs geschieht. Manchmal bleibt nur Fassungslosigkeit. So wie im Mai, als um die 50 Sporting-Lissabon-Hooligans das Training ihres Teams stürmten, Spieler und Betreuer angriffen. Oder so wie jetzt, wenn für eben diesen Angriff der damalige Präsident des Klubs verantwortlich gemacht wird. 

Der eigene Vereins-Präsident soll einen brutalen Angriff auf sein Team geplant haben. Bruno de Carvalho, ein Typ, der auch der »Donald Trump des Fußballs« genannt wird.

Der Angriff
Aber von vorn: 15. Mai 2018, Alcochete, Trainingsakademie von Sporting Lissabon. Wenige Tage zuvor hat das Team durch einen dummen Fehler einen Champions-League-Platz verspielt, die Saison auf Rang drei beendet. In Alcochete bereitet es sich nun auf das Pokalfinale vor. 

Von dem, was dort passiert, existieren nicht viele Bilder. Zwei Videos, das eine vor dem Angriff: Die Täter, vermummt mit grün-weißen Sturmhauben, sonst schwarz gekleidet, rennen einen Weg entlang, dem Trainingszentrum entgegen. Das zweite Video zeigt die Momente nach dem Angriff: Bilder aus der verwüsteten Kabine.

Und dann gibt es noch das Foto, das die portugiesische Zeitung O Jogo veröffentlicht. Es lässt erahnen, was zwischen der ersten und der zweiten Videoaufnahme passiert sein muss. Darauf zu sehen ist Bas Dost, der Niederländer, der schon für Wolfsburg gespielt hat und jetzt für Sporting aufläuft. Bas Dost ist verletzt. Die Bilder zeigen mehrere blutige Schnitte auf seiner Stirn.

Am 15. Mai, so viel ist heute bekannt, griffen etwa 50 Hooligans der Gruppierung »Juventude Leonina« ihre Mannschaft und deren Betreuer gewalttätig an, drangen in das Trainingszentrum ein, randalierten, verletzten und attackierten die Anwesenden. »Wir alle haben um unser Leben gebangt«, schreibt Sportings Torhüter später in einem Brief an seinen Verein.

Der Präsident
Unfassbar, unerklärlich. »Eine abscheuliche Attacke«, erklärt der damalige Sporting-Präsident Bruno de Carvalho, der sechs Monate später, in einer Nacht Mitte November, festgenommen wird: als mutmaßlicher Drahtzieher der Angriffe. In derselben Nacht kommt auch der Anführer der Hooligan-Gruppe ins Gefängnis. Kurz vor dem Überfall soll De Carvalho mit ihm telefoniert haben: »Stürzt euch auf sie«, soll er gesagt haben, berichten portugiesische Medien. 

Ein Präsident, der die eigenen Spieler von Hooligans angreifen lässt. Wer ist dieser Mann? 

Die britische Zeitung »The Independent« hat darauf eine Antwort. Bruno de Carvalho, titelte sie im vergangenen Jahr, sei »der Donald Trump des Fußballs«. Die europäische Nachrichtenseite Politico schreibt, De Carvalhos Geschichte zeige die Gefahren des Populismus. Und als der Anzugträger mit dem grau-melierten Haar und dem Dreitagebart im März 2013 Präsident wurde, ging es tatsächlich um die Mission, Sporting »great again« zu machen. 

Der letzte Meistertitel des Vereins ist über 16 Jahre her. Trotz einer renommierten Jugend-Akademie plagen ihn Geldsorgen. Nie konnte er an die Erfolge des vergangenen Jahrhunderts anknüpfen. Für Sporting, einen Klub der großen Drei in Portugal, ist das nicht leicht zu akzeptieren. Also trat De Carvalho an, um Sporting endlich wieder zu einem Titel zu führen. 


Der Populismus
Und: Es gelang. Mit Marco Silva, einem jungen Trainer, gewinnt Sporting 2015 nach sieben Jahren – immerhin – mal wieder den portugiesischen Pokal. Doch nur wenige Tage nach diesem Erfolg entlässt De Carvalho den Erfolgstrainer. Die einen sagen, weil Carvalho immer noch nicht zufrieden ist. Die anderen sagen, aus Eifersucht auf dessen Beliebtheit.

Dem neuen Mann, den Carvalho verpflichtet, gelingt es aber auch nicht, Sporting groß zu machen. Das Team beendete die vergangene Saison auf dem dritten Platz. Für die enttäuschten Erwartungen macht der populistische Präsident immer wieder die eigene Mannschaft verantwortlich. Hetzt die Fans gegen sie auf. Als Sporting in der Champions League gegen Atletico Madrid verliert, kündigt er kurzerhand auf Facebook an, 19 seiner Spieler zu suspendieren. Die Folgen seines Populismus gipfeln schließlich in den Angriffen vom 15. Mai. 

Die Strafe
Als daraufhin neun Spieler ihren Vertrag aufkündigen, darunter vier Nationalspieler, wird Bruno de Carvalho von den Sporting-Mitgliedern abgewählt. Zwar kehren die meisten Spieler zurück, De Carvalhos Mission, den Klub »great again« zu machen, ist jedoch gescheitert. Mit Trump wollte sich der Ex-Präsident selbst allerdings ohnehin nie vergleichen. Auf die zweifelhaften Ehre soll er mit Unverständnis reagiert haben, schließlich sei er nicht blond und seine Frau sei auch hübscher als die von Trump. 

Vor wenigen Tagen wurde De Carvalho also festgenommen. Laut portugiesischen Zeitungen muss er sich, zusammen mit dem Anführer der Hooligan-Gruppe »Juventude Leonina«, für über 50 Vergehen im Zusammenhang mit dem Angriff verantworten, unter anderem für Terrorismus und illegalen Waffenbesitz. Gegen eine Kaution von 70.000 Euro sind die Beschuldigten allerdings mittlerweile wieder frei.

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