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Barfußschuhe: Vor- und Nachteile im Fokus ♡ eVivam

Barfußlaufen mit Unterstützung So wie du deine Finger einzeln in Handschuhen platzieren kannst, kannst du deine Zehen auch in Five-Finger-Modelle stecken. Einer der bekannten Hersteller für diese Art Barfußschuhe ist Vibram.

Menschliche Fortbewegung ist das Natürlichste der Welt, der Gang an sich etwas sehr Komplexes. Barfuß laufen kräftigt die Fußmuskulatur, ist aber nicht auf jedem Untergrund angebracht. Barfußschuhe können hier helfen.

Deine Füße tragen dich durchs Leben. Bei einem Gewicht von 75 Kilogramm muss einer von ihren während des täglichen Gehens etwas über 600 Tonnen stemmen. Bei einem Marathon mit einer Endzeit von vier Stunden und 30 Minuten sind es sogar 3.000 Tonnen. Anthropologen schätzen aufgrund von Knochenfunden, dass Füße den Gang des Menschen seit über 3 Millionen Jahren kennzeichnen. Schuhe ummanteln sie dabei vermutlich erst seit circa 40.000 Jahren. Davor gingen und liefen Menschen vor allem barfuß.


Was und wie lange barfuß heute gut tut, ist eine Wissenschaft für sich

Ob mit oder ohne Barfußschuh, barfuß gehen tut auch heute noch gut: „Barfuß gehen stärkt die Fußmuskulatur, da sich die Füße ständig dem Untergrund anpassen müssen", sagt TK-Experte Uwe-Folker Haase, Diplom-Sportwissenschaftler und Redakteur. Er ergänzt: „Am besten viel barfuß auf Sand oder Rasen gehen." Doch was ist viel? Und welches Ziel kannst du damit verfolgen? Willst du im hektischen Alltag herunterkommen, lohnt es sich, Schuhe und Socken auszuziehen. Wenn du barfuß über den Büroteppich oder den Rasen im Park spazierst, geht das wie von selbst. Auch Marathonläufer ziehen nach ihrem Rennen gerne ihre Laufschuhe aus, um sich auf dem kitzelnden Gras zu regenerieren.

Konsens scheint auch darüber zu herrschen, dass Fußtraining an sich ohne Schuhe und Socken gut tut. Gemeint ist damit nicht das Herzkreislauftraining Laufen, sondern jene Übungsprogramme, die die naturgegebene Fußstruktur stärken: Die besteht übrigens aus 26 Knochen, 33 Gelenken, 30 Muskeln, 60 Sehnen und über 100 Bändern - dein Fußbogen -, das sogenannte Fußgewölbe zählt auch dazu. Auch als Hobbyläufer kannst du mit gezielten Lauf-A-B-C-Übungen zweimal pro Woche deinen Laufstil schulen und Stürzen vorbeugen. Du kannst auch in deinem Fitnessstudio nachfragen, ob dir ein Trainer ein paar Übungen zur Kräftigung deiner Füße zeigen kann. Die machst du am besten ohne Schuhe und Socken.

Barfuß laufen ist umstritten

Doch wie sehen Fachleute das Barfußlaufen? Die amerikanischen Laufexperten Joe Puleo und Patrick Milroy schreiben dazu in ihrem Buch „Laufen Anatomie": „Barfuß laufen könnte (...) zur Kräftigung des Fußes aufgeführt sein, denn dafür ist es zusammen mit der Entwicklung eines den eigenen Körper besser wahrnehmenden Bewusstseins im Grunde am besten geeignet. Aber tägliches Barfußtraining ist kein wirklicher Ersatz für das Laufen in Schuhen."

Professor Gert-Peter Brüggemann ist Leiter des Instituts für Biomechanik und Orthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln. Er begleitete die Entwicklung des ersten sogenannten Barfußschuhs Nike Free wissenschaftlich. Der Schuh kam vor gut zehn Jahren auf den Markt. Dieser Schuh wurde konzipiert, um das Barfußlaufen auf weichem Rasen zu simulieren und den Fuß zu trainieren. Er sollte den Laufschuh nicht ersetzen. Brüggemann formuliert es noch drastischer: „Ob mit oder ohne Barfußschuh: Barfuß laufen über längere Strecken und auf hartem Untergrund ist für die meisten Menschen ungesund." Die Füße und Sprunggelenke können Schaden nehmen. Zudem vergrößere sich bei dieser Art des Laufens die Gefahr, Knochenödeme davonzutragen.

Der richtige Laufschuh?

Schließlich habe sich der Mensch an das Laufen mit Schuhen gewöhnt. Natürlich könne er sich dank seiner Anpassungsfähigkeit wieder zurückgewöhnen. So ein Ergebnis erziele man aber nicht mit einem Training über Wochen oder Monate, sondern über Jahre. Und selbst dann: „Die Belastung, auf ungeeignetem Untergrund über Distanzen ab wenigen Hundert Metern zu joggen oder zu rennen, ist ohne richtiges Schuhwerk einfach zu groß. Entsprechend aktueller Forschungsergebnisse ist auch der Barfußschuhtrend seit Mitte vergangenen Jahres deutlich relativiert", konstatiert der Wissenschaftler. Richtiges Lauf-Schuhwerk sei flexibel, aber gleichzeitig hinreichend stabil und mit einer dem Gewicht des Läufers entsprechend weichen, elastischen Sohle ausgestattet. Brüggemann: „Die Fußmuskeln können durch die Verzögerung des Kraftsignals besser agieren, so mehr Kraft entfalten und damit effizienter genutzt werden."

Aus Praxissicht: Der eine so, der andere so

Wolfgang Thamm läuft ausschließlich mit traditionellen Laufschuhen. Der Marathonläufer schwört auf eine bestimmte Marke. Der 69-Jährige hat sein Laufpensum mittlerweile reduziert. Mit 140 Kilometern Distanz pro Woche zählt er immer noch zu den Vielläufern. Er schwört auf eine stabile Mittelfußsohle und Unterstützung an der Hacke. Von Barfußschuhen hält er nichts.

Dirk Menke bewegt sich am liebsten barfuß fort. Der 47-Jährige verfügt über Barfußschuhe für verschiedene Anlässe: Zwei Modelle für den Alltag: eins mit äußerst dünner Sohle für den Sommer, eins mit einer etwas dickeren für den Winter sowie ein Paar sogenannte Five-Fingers zum Wandern: Five-Finger heißt ein Modell, in dem jeder Zeh einzeln Platz findet. Zur Auswahl gehört aber auch eine Laufsocke. Das ist im Prinzip eine Socke mit einer dünnen Sohle zum Schutz vor Steinen. Die benutzt er für seine Läufe zwischen fünf und fünfzehn Kilometern Länge. Menke: „Zwar bin ich mit traditionellen Schuhen bei Wettkämpfen schneller unterwegs. Ich mag aber das intensive Laufgefühl mit meinen Barfußschuhen."

Die Füße bleiben dank der Barfußschuhe auch im Winter warm

Er hat sich zum Beispiel über die Erfahrung gefreut, dass seine Füße im Schnee beim Laufen warm blieben, obwohl die Barfußschuhe ja nass sind: Ergebnis der sich ständig verbessernden Fußstrukturen. Menke blickt auf 15 Jahre Lauferfahrung zurück. Marathonläufe absolviert er grundsätzlich mit traditionellen Laufschuhen. Seine Vorliebe für Barfußschuhe hat er vor knapp drei Jahren entdeckt. Er kann bestätigen, dass es nicht gut tut, zu schnell zu lange zu laufen: Er verlief sich am Urlaubsort. Und so wurden aus fünf Kilometern 15. Die Folge waren starke Schmerzen in der Wade und im Fuß. Gute Erfahrungen hat er mit kontinuierlichem Training zwei- bis dreimal pro Woche gemacht: Über anderthalb Jahre hinweg hat er seine Barfußlaufdistanz von wenigen Hundert Metern auf zehn Kilometer gesteigert. „Die stärkere Muskulatur durch das Barfußlaufen schützt mich vor Verletzungen", sagt Menke. Er will bald seinen ersten Halbmarathon barfuß bestreiten.

Natural Runner: Berühmt fürs Barfußlaufen

Zurzeit ist der englische Begriff Natural Running vor allem in der Schuh-Industrie in aller Munde. Dabei ist Gehen und Laufen auf zwei Beinen doch das, was die natürliche Entwicklung des Menschen ausmacht, und zwar mit und ohne Schuhe. Einige Afrikaner laufen ihre Rennen barfuß. Sie haben diese Form zu laufen über einen längeren Zeitraum als beispielsweise Menke geübt: von Kindesbeinen an. Wolfgang Thamm weiß von seinen Besuchen in Kenia, dass Spitzenathleten meist mit Laufschuhen starten. Die ehemalige südafrikanische Langstreckenläuferin Zola Budd, heute Zola Pieterse, ist jedoch 1984 berühmt geworden, weil sie ihren Weltrekord im 5000-Meter-Lauf verbesserte: barfuß.

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