Es ist nach Mitternacht, als Carola Rackete, Kapitänin der „Sea-Watch 3", vergangenen Samstag entscheidet, sich über das Verbot der italienischen Küstenwache hinwegzusetzen und ihr Schiff in den Hafen von Lampedusa zu lenken. Hunderte von Journalisten eilen hinab in den Hafen und positionieren sich an der Kaimauer, um die besten Aufnahmen des Spektakels zu bekommen. Sie richten ihre Mikrofone und Kameraobjektive auf das massive Schiff, das sich langsam aus der Dunkelheit des Meeres in den hell erleuchteten Hafen schiebt.
Was niemand sieht, ist, dass sich nur wenige Hundert Meter von der „Sea-Watch 3" entfernt ein kleines Boot seinen Weg durch die Wellen bahnt. An Bord: 20 Menschen, die vor zwei Tagen im tunesischen Zarzis aufgebrochen sind. Sie haben 250 Kilometer in ihrer Nussschale zurückgelegt, um den Vorposten Europas im Mittelmeer zu erreichen.