In der Serie "Kontoauszug" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben - und wie viel sie in Zeiten hoher Inflation zurücklegen können. Hier berichtet Jens Fischer*, der 44 Jahre alt und kaufmännischer Leiter ist
Beruf: Ich arbeite als kaufmännischer Leiter bei einem Großhändler für Elektronikzubehör. Dort bin ich für einen Teil des Auslandsgeschäfts verantwortlich. Ich leite ein Team von rund 80 Menschen - ein Teil davon sitzt in Deutschland, der Rest arbeitet mit unseren Partnern in den jeweiligen Ländern. Dort übernehmen sie vor allem Managementaufgaben. Wir verhandeln mit unseren Produktionspartnern und sind für die Logistik und für die Qualitätssicherung zuständig. Entscheidend ist, dass wir unsere Produkte zuverlässig und pünktlich zu unseren nationalen und internationalen Kunden liefern. Es sind vor allem elektronische Bauteile, die in Handys, Fernsehern oder Waschmaschinen verbaut sind. Mein Bereich produziert und vertreibt diese Bauteile.
Zu meinen Aufgaben gehört auch, das Geschäftsfeld weiter auszubauen. Ich
versuche, sowohl neue
Kunden als auch neue Lieferanten zu gewinnen. Schon jetzt erwirtschaftet
mein
Bereich 75 Millionen Euro pro Jahr. In den nächsten drei Jahren soll
dieser
Betrag verdoppelt werden. Diese Zahl ist vorgegeben. Wie ich das Ziel
erreiche, ist
mir überlassen. Dazu müssen wir den Markt analysieren, unsere
Produktpalette
entsprechend anpassen und unsere Beziehungen mit den Kunden
intensivieren. Nicht zuletzt geht es darum, unsere Mitarbeiter fachlich
weiterzuentwickeln, damit wir unsere Ergebnisse steigern können.
Ausbildung: Ich war kein überragend guter Schüler. Wenn
ich davon überzeugt war, Inhalte später nie wieder im Leben zu brauchen,
war
ich nicht motiviert genug, mich dahinterzuklemmen. Was mich interessiert
hat, darin war ich sehr gut. Ich hätte die Schule auch schon nach neun
Jahren
mit demselben Wissen beenden können. Nach dem Gymnasium habe ich erst
mal eine
Ausbildung im Handwerk absolviert und im Baugewerbe gearbeitet. Ich
merkte
allerdings sehr schnell, dass einerseits die Bezahlung nicht ausreicht
und andererseits der Körper auf Dauer nicht mitmacht. Meine Kollegen
hatten
mit 40 Jahren alle kaputte Rücken oder Knie.
Für andere Bereiche, die mich interessiert haben, reichten meine Noten nicht. Ich habe dann beschlossen, mich umzuorientieren. Ich machte eine kaufmännische Ausbildung bei einem mittelständischen Unternehmen und anschließend eine Weiterbildung im Bereich Sales Management. Im Anschluss arbeitete ich in einer Marketingagentur. Dort sammelte ich viele Erfahrungen. Doch nach einigen Jahren beschloss ich, dass es Zeit ist, weiterzuziehen. Nach einer kurzen Zwischenstation wechselte ich zu dem Unternehmen, bei dem ich heute arbeite. Ein Jahr nach meinem Start ist mein damaliger Chef in Rente gegangen und zu meiner Überraschung hat man mir seinen Job angeboten. Nach einer längeren Eingewöhnungsphase habe ich meine jetzige Stelle übernommen.
Arbeitszeit: Ich reise
viel, um die Geschäftsbereiche an den jeweiligen Standorten zu besuchen. Mindestens jeden zweiten
Monat bin ich für ein bis zwei Wochen unterwegs. Meistens besuche ich dann
gleich eine ganze Reihe von Ländern in der Region, für die ich zuständig bin.
In dieser Zeit arbeite ich sehr viel mehr, als wenn ich in Deutschland bin. Vor
22 Uhr endet kaum ein Tag, weil viele Themen während Geschäftsessen besprochen
werden. Es gab Jahre, da hatte ich 140 Reisetage. Das hat sich
gebessert, und ich habe mich mit den Auslandsaufenthalten arrangiert. Früher
haben sie mich stärker belastet, inzwischen hat sich auch meine Familie an
meine Arbeitsweise gewöhnt.
Hier in Deutschland ist meine Arbeit ein ziemlich klassischer Bürojob. Ich habe viele Meetings mit Kollegen und Kunden, schreibe viele Mails. Morgens fange ich spätestens um 8 Uhr an, dafür bin ich meist spätestens um 18 Uhr fertig. So kann ich auch für meine Familie da sein. Wenn ich einen Durchschnitt berechne, komme ich auf rund 50 Stunden Arbeitszeit pro Woche.
Meine Einnahmen
Bruttoeinkommen: Ich verdiene ein Bruttogehalt von 9.500 Euro pro Monat. Hinzu kommt ein erfolgsabhängiger Bonus. Weil ich im letzten Jahr alle meine Zielvorgaben erreicht habe, habe ich eine Zusatzzahlung von etwas mehr als 60.000 Euro bekommen. Rechnet man das auf den Monat herunter, macht das brutto mehr als 5.000 Euro mehr. Ich habe monatlich also fast 15.000 Euro verdient.
Nettoeinkommen: Von meinem regulären Bruttogehalt bleiben mir jeden Monat rund 6.000 Euro als fixes Nettoeinkommen übrig.
Sonstiges: Für unsere beiden Kinder bekommen wir zusammen 500 Euro Kindergeld. Zudem arbeitet meine Frau in Teilzeit als Sekretärin, sodass noch einmal 1.000 Euro netto dazukommen. Insgesamt liegt unser Haushaltseinkommen deshalb bei 7.500 Euro.
Wie mich die Inflation betrifft: Einschränken müssen
wir uns nicht. Am Monatsende merken wir natürlich, dass viele Dinge jetzt mehr
kosten. Das führt aber nur dazu, dass wir weniger Geld sparen. Aus Kostengründen verzichten wir auf nichts.
Meine Ausgaben
Wohnen: Meiner Frau und mir war früh klar, dass wir
ein Haus möchten, um ein Heim für unsere Kinder zu schaffen. Deshalb haben wir
schon in jungen Jahren, im Jahr 2011, gebaut. Damals kauften wir in einem 500-Einwohner-Nest
ein Grundstück mit rund 1.000 Quadratmetern Fläche. Am Hang mit toller
Aussicht haben wir ein Haus mit 80 Quadratmetern Wohnfläche gebaut. Grundstück und
Haus haben damals 400.000 Euro gekostet. Uns war bewusst, dass wir
dadurch sparsamer sein müssen. Jetzt nutzen wir meist den Jahresbonus zur
Sondertilgung, das Haus wird in spätestens zehn Jahren abbezahlt sein. Rechnet man
unsere monatlichen Raten und die Energiekosten zusammen, zahlen wir dafür rund
2.000 Euro.
Lebensmittel: Wir achten darauf, Lebensmittel, wenn möglich, regional einzukaufen. Wir nehmen keine Äpfel aus Neuseeland, wenn es die auch aus der Region gibt. Das Landleben hat den Vorteil, dass ich mein Fleisch beim Bauern im Dorf kaufen kann, der selbst schlachten darf. Das kostet manchmal etwas mehr, dafür ist die Qualität besser. Zudem gehen wir ein- bis zweimal pro Monat mit unseren beiden Kindern auswärts essen, das kostet dann auch nicht wenig. Insgesamt kommen wir so auf rund 1.000 Euro pro Monat.
Kinder: Eines unserer Kinder bekommt Klavierunterricht für monatlich 80 Euro, außerdem geht es auf eine Privatschule, die kostet rund 250 Euro pro Monat. Dort gibt es ein eigenes Schwimmbad, viele Kreativkurse und die Kinder beschäftigen sich viel mit der Natur. Das hat uns angesprochen. In ein paar Jahren wird unser Kind aber auf eine Regelschule wechseln. Bei unserem älteren Kind haben wir das genauso gemacht. Aktuell gibt es hier also regelmäßige Ausgaben in Höhe von 330 Euro.
Hygieneprodukte: Für Hygieneprodukte geben wir insgesamt rund 75 Euro pro Monat aus. Meine Frau nutzt etwas Make-up und diverse Hautpflegeprodukte, deshalb gibt sie etwas mehr aus als ich. Ich nutze eigentlich nur Deo und Duschgel. Mehr brauche ich nicht.
Kleidung: Mittlerweile geben wir mehr als die Hälfte unserer Ausgaben für Kleidung für die Kinder aus. Sie wachsen und brauchen ständig etwas Neues. Früher haben wir nur Second-Hand-Sachen für die beiden gekauft. Für mich spricht nichts dagegen, wenn die Qualität gut ist. Ich selber brauche sehr wenig: Ich habe zwei Jeans, eine graue und eine blaue. Ich habe zwei Anzüge und ein paar Hemden. T-Shirts kaufe ich online im Angebot. Auch meine Frau ist, was Kleidung angeht, sehr sparsam. Zusammengerechnet geben wir rund 250 Euro monatlich aus.
Telefon und Internet: Ich bin über meine Firma komplett versorgt: Ich kriege ein Mobiltelefon, ein Tablet und einen Laptop gestellt. Das alles darf ich auch privat nutzen. Meine Frau und das ältere unserer Kinder haben je einen Mobilfunkvertrag für rund 20 Euro. 35 Euro kommen für unseren Internetanschluss im Haus dazu, sodass wir monatlich 75 Euro ausgeben.
Abonnements: Wir haben Accounts bei Amazon und Netflix und ein ZEIT-ONLINE-Abo. Hinzu kommen zwei Foto-Apps, die ich nutze, wenn ich auf Reisen bin. Das ergibt zusammen 50 Euro pro Monat.
Mobilität: Wir
nutzen meinen Firmenwagen, der keine Extrakosten verursacht. Den darf
ich privat nutzen, genau wie meine Frau. Sie darf ihn auch dann fahren,
wenn ich nicht dabei bin. Trotzdem hat
sie ein günstiges, eigenes Auto. Die Leasinggebühren dafür liegen
inklusive Wartung
bei 180 Euro im Monat, für den Treibstoff kommen noch einmal 120 Euro
dazu, ihr Auto kostet also 300 Euro im Monat. Hinzu kommt noch die
Monatskarte
unseres älteren Kindes für die Fahrt zur Schule, die kostet 40 Euro,
sodass
wir insgesamt bei 340 Euro landen. Weitere Bahntickets haben wir nicht,
es gibt
in unserer Umgebung auch gar keine Haltestelle.
Freizeit: Wir halten einige Tiere. Das ist ein Luxus, den wir uns gönnen, denn sie sind im Unterhalt verhältnismäßig teuer. Für Futter und
Tierarztbesuche geben wir im Monat rund 500 Euro aus. Andere Hobbys kosten
uns eigentlich kein Geld: Wir gehen gerne wandern und erkunden die Natur. Wir
fahren Fahrrad oder sind im Garten.
Reisen: Wenn wir mit der Familie in den Urlaub fahren, mieten wir meist Ferienhäuser. Wir genießen die Ruhe und den Platz in einem Selbstversorgerhaus. Entweder geht es in die Berge oder wir fahren ans Meer, beispielsweise nach Italien. Wir sind in den letzten Jahren nur einmal geflogen. Stattdessen fahren wir meist mit dem Auto, dann können wir auch die Fahrräder mitnehmen und sind am Ort flexibel. Insgesamt kostet so ein Urlaub für uns alle zusammen rund 6.000 Euro im Jahr, das macht auf den Monat heruntergebrochen 500 Euro an Reisekosten.
Versicherungen: Für unser Haus haben wir eine Gebäudeversicherung. Zudem habe ich eine Lebens- und eine Rechtsschutzversicherung. Die habe ich erst kürzlich gebraucht, weil es Ärger mit einer Baufirma gab. Wenn man deswegen vor Gericht geht, kommen schnell mal mehrere Tausend Euro zusammen. Dank der Versicherung waren es bei mir nur 150 Euro Selbstbeteiligung. Das ist es mir wert. Außerdem haben wir natürlich die Klassiker wie Hausrat- und Haftpflichtversicherung, sodass wir am Ende Ausgaben in Höhe von monatlich 220 Euro haben.
Sparen und Investitionen: Wir sparen 1.000 bis 2.000 Euro pro Monat. Hier wäre mehr möglich. Weil wir uns aber lange einschränken mussten, haben wir einen gewissen Nachholbedarf. Die vergangenen zwölf Jahre war das Geld bei uns echt knapp. Bevor mein Gehalt durch meine heutige Stelle angepasst wurde, mussten wir ab dem 20. des Monats überlegen, für welche Einkäufe das Geld reicht. Urlaub war damals nicht drin, unsere Kinder sind die ersten Jahre ihres Lebens kein einziges Mal ins Ausland gefahren. Heute können wir uns auch die Terrasse leisten, die wir für unser Haus wollten. Ich habe ein klitzekleines Aktiendepot, aber das ist kaum der Rede wert. Aktuell überlegen wir, ob wir künftig etwas Geld in ETF anlegen wollen. Meiner Frau sind sichere Anlageformen sehr wichtig, ETF scheinen uns da ein guter Kompromiss. Wahrscheinlich legen wir dann monatlich 750 Euro an, bis in zehn oder 15 Jahren kommt dann doch etwas zusammen.
Spenden: Wir haben zwei Daueraufträge, mit denen wir
Geld an gemeinnützige Organisationen spenden. Das ist einmal ein gemeinnütziger
Verein, der sich im Ausland dafür einsetzt, dass Kinder in ländlichen Regionen
eine Schule besuchen können. Das Projekt habe ich auf meinen Reisen
kennengelernt, seitdem spenden wir dafür 50 Euro im Monat. Außerdem geben wir
15 Euro an eine Organisation, die von Missbrauch betroffenen Kindern in
Deutschland hilft. Dieser Spendenauftrag läuft, seit ich 18 Jahre alt bin. In
der Region, in der ich lebe, gab es da mal einen Fall. Deshalb ist mir das ein
Anliegen. Weil wir es uns leisten können, überlegen wir, beide
Spendenaufträge zu erhöhen. Zudem engagieren sich meine Frau und ich
ehrenamtlich: Sie leitet einen Kindersportverein, ich unterstütze einen
Sportverein und zusammen sind wir in einem Kulturverein aktiv.
Was am Ende übrig bleibt: Normalerweise kommen wir bei null raus. Letztes Jahr ist unsere 20 Jahre alte Couch durchgebrochen und wir konnten einfach eine neue kaufen. Dasselbe mit der Waschmaschine. Dass das ohne Probleme geht, können wir wertschätzen. In einem solchen Monat legen wir etwas weniger Geld zurück, müssen aber auf nichts verzichten. Das ist Luxus für uns.
*Der Name des Protagonisten wurde geändert, ist der Redaktion aber bekannt.