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Steuerberaterin für Unternehmen: "Ich sehe mich nicht als Steuervermeiderin"

In der Serie "Kontoauszug" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben - und wie viel sie in Zeiten hoher Inflation zurücklegen können. Hier berichtet Claudia Hofmann*, 35, Steuerberaterin in einer Kanzlei.


Beruf: Ich bin als Steuerberaterin in einer Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei mit rund 100 Mitarbeitenden angestellt. Dort berate ich keine Privatpersonen, sondern bin für Spezialfragen im internationalen Steuerrecht oder für Unternehmensübertragungen zuständig. Zu unseren Mandantinnen und Mandanten zählen mittelständische Betriebe und Konzerne, bei denen wir von einer Steuerlast in Höhe von 20 Millionen Euro sprechen. Ich arbeite also mit Beträgen, die selbst für mich manchmal schwer vorstellbar sind. Wenn jemand das Familienvermögen oder ein Unternehmen nicht vererben, sondern an die Tochter oder den Sohn übergeben möchte, sind wir gefragt. Dann beraten wir unsere Mandanten in allen vertraglichen Dingen bis hin zur Schenkungssteuererklärung, damit sie möglichst wenig Steuern zahlen müssen.

Ich sehe mich aber nicht als Steuervermeiderin, sondern als jemanden, der dafür sorgt, dass die Gesetze sachgerecht umgesetzt werden. Durch unsere Beratung schaffen wir einen Ausgleich, weil wir über steuerliche Rechte aufklären und unsere Mandanten gegen Fehler der Finanzbehörden verteidigen. Das Finanzamt hat seine Sicht, wir vertreten die unserer Mandanten, um einen akzeptablen Weg zu finden. Weil ich als Steuerberaterin haftbar bin für das, was ich unterschreibe, bewege ich mich dabei immer im Rahmen der Legalität. Es gab auch schon Situationen, in denen Mandanten Angaben schönen wollten. Dann bin ich allerdings raus. 

Oft weiß ich morgens nicht, was an diesem Tag auf mich zukommt. Das brauche ich aber auch, damit mir nicht langweilig wird. Der Job ist zwar stressig, aber damit komme ich zurecht. Ich arbeite mich gerne in Probleme ein. Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin, Gutachten und Schriftsätze zu erstellen. Darin schätze ich beispielsweise die steuerlichen Risiken eines Vorhabens oder die Folgen einer Umstrukturierung eines Unternehmens ein. Wenn das Finanzamt Steuerbescheide verschickt, muss ich diese prüfen und gegebenenfalls Einspruch einlegen. Natürlich arbeite ich viel vom Schreibtisch aus, tausche mich aber auch oft mit den Verwaltungsbehörden und meinen Mandanten aus, habe mehrmals pro Woche Meetings. Das mag ich auch an meinem Beruf: Dass ich nicht nur mit Zahlen arbeite, sondern auch die Menschen dahinter kennenlerne. Insgesamt betreue ich bis zu 20 Mandanten zur selben Zeit.  


Ausbildung: In den Beruf bin ich eher per Zufall hineingerutscht. Niemand in meiner Familie arbeitet im Finanzwesen, ich bin überhaupt die Erste, die studiert hat. Aber schon in der Schule interessierten mich Zahlen. Nach dem Abitur überlegte ich, ob ich Wirtschaftsmathematik studieren soll, traute mich dann aber nicht. Ich war beim Studieninformationstag, fürchtete aber, dass mir das zu komplex ist. Auch Jura hat mich interessiert, weil ich mich gerne mit Gesetzen auseinandersetze. Trotzdem entschied ich mich für ein Studium der Medienwirtschaft. Freunde von mir studierten das und auch ich fand es anfangs interessant. Aber ich merkte recht schnell, dass es mir nicht liegt. Anschließend wechselte ich zu BWL mit Schwerpunkt Steuern. 

Nach dem Bachelor und Master habe ich mich nicht wie viele andere in einer Kanzlei anstellen lassen. Ein Großteil der Absolventen macht das so, um später das Steuerberaterexamen abzulegen, das eine staatliche Prüfung ist. Nach dem Bachelor braucht man drei Jahre Berufserfahrung, um dafür zugelassen zu werden. Mit einem Masterabschluss sind es zwei Jahre. Mein Weg war ein anderer: Ich arbeitete schon während des Studiums als Hilfskraft an meinem Lehrstuhl und blieb nach dem Abschluss als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Dort promovierte ich und war für knapp sechs Jahre am Lehrstuhl angestellt. In einer Kanzlei hätte ich damals deutlich mehr verdient, aber das war mir die Promotion wert. Nicht nur inhaltlich habe ich dabei viel gelernt: Wenn man fünf Minuten vor einer Vorlesung erfährt, dass man den Professor vertreten und vor 500 Studierenden einen Vortrag halten muss, erschreckt einen nichts mehr. Ausschließlich Forschen und Lehren wollte ich aber nicht, auch weil es schwierig ist, eine passende Professur zu finden. Deshalb habe ich das Examen gemacht. Die Prüfungsgebühren und Vorbereitungskurse kosteten mich rund 10.000 Euro. Im vergangenen Jahr konnte ich dann meine derzeitige Stelle antreten und damit bin ich sehr zufrieden.  


Arbeitszeit: In unserer Kanzlei gibt es mehr als genug Arbeit. Der ganzen Branche fehlen junge Steuerberaterinnen und -berater, deshalb werden wir quasi nie fertig. Offiziell habe ich einen 40-Stunden-Vertrag. Ich achte darauf, diese Zeit nicht zu oft zu überschreiten. Im Schnitt komme ich so auf 42 Stunden pro Woche. Ich muss selbst darauf achten, pünktlich nach Hause zu gehen. Ein Überstundenkonto habe ich nicht. 


Meine Einnahmen

Bruttoeinkommen: Weil ich promoviert bin, verdiene ich mittlerweile sehr gut. Ich bekomme monatlich 7.500 Euro brutto. Das ist gut, aber in dieser Branche auch kein exorbitant hohes Gehalt.  


Nettoeinkommen: Netto bleiben mir davon rund 4.600 Euro. Darin enthalten sind 175 Euro Fahrtgeld, das ich von meinem Arbeitgeber bekomme, weil ich einen relativ weiten Anfahrtsweg habe. Zwei Tage pro Woche arbeite ich deshalb auch von zu Hause aus.  


Wie mich die Inflation betrifft: Weil ich mittlerweile sehr gut verdiene, muss ich mich nicht einschränken. Mir ist bewusst, dass das eine sehr privilegierte Situation ist. Ich sehe natürlich beim Einkaufen oder beim Tanken, dass die Preise gestiegen sind.   


Meine Ausgaben

Wohnen: Ich wohne allein in einer kleinen Zweizimmerwohnung zur Miete. Weil die Wohnung in einem kleinen Ort auf dem Land liegt, ist die Miete nicht so hoch wie in der Stadt. Dennoch zahle ich warm 600 Euro pro Monat. Hinzu kommen 70 Euro für den Strom, sodass ich Gesamtausgaben in Höhe von 670 Euro habe.  


Lebensmittel: Ich koche recht viel selbst. Die Zutaten hole ich vor allem im Supermarkt. Weil ich auf dem Land lebe, kaufe ich regelmäßig in kleinen Hofläden in der Umgebung ein. Regionale Lebensmittel sind mir wichtiger als ein Bio-Siegel. Geschätzt gebe ich dafür 300 Euro im Monat aus. Ein- bis zweimal pro Monat gehe ich zudem in Restaurants essen. Wenn ich in der Kanzlei bin, bringe ich mir mein Mittagessen mit oder kaufe mir gelegentlich eine Kleinigkeit. Insgesamt komme ich auf monatliche Lebensmittelkosten in Höhe von 400 Euro.  


Hygieneprodukte/Wellness: Für Kosmetik gebe ich sehr wenig Geld aus, das sind maximal zehn Euro pro Monat. Die Basics wie Zahnpasta und Shampoo machen rund 30 Euro aus. Alle zwei bis drei Monate lasse ich mir die Haare schneiden und färben, das kostet mich jedes Mal 200 Euro. Dieser kleine Luxus ist mir das Geld wert. Auch zur Massage gehe ich alle zwei Monate, das sind dann jeweils 60 Euro. Außerdem habe ich ein Kontaktlinsen-Abo für elf Euro im Monat. Insgesamt gebe ich rund 160 Euro monatlich für Hygiene und Wellness aus. 

   

Kleidung: Seit ich die neue Stelle habe, kaufe ich etwas mehr und auch höherwertige Kleidung. Das heißt für mich nicht, dass ich nur noch bei Gucci und Prada shoppe. Aber ich kann es mir jetzt leisten, auch mal ein Teil mehr zu kaufen. Zudem muss ich mich beruflich entsprechend kleiden, auch dafür habe ich mir eine Grundausstattung besorgt. Der Dresscode ist nicht mehr ganz so formell, wie das vielleicht vor einigen Jahren noch der Fall war. Eine Jeans und Sneaker wären trotzdem zu leger. Hinzu kommt, dass die Branche insgesamt noch immer sehr männerdominiert ist, auch wenn sich das langsam ändert. Als Frau achte ich darauf, auch in Hinblick auf die Kleidung selbstbewusst und professionell aufzutreten. Ich möchte von den Mandanten nicht nur als Anhängsel der Berater und Anwälte, sondern als eigenständige Steuerberaterin wahrgenommen werden. Meine Ausgaben für Kleidung schwanken recht stark. Im Monatsdurchschnitt sind es rund 150 Euro.  


Telefon und Internet: 40 Euro gebe ich für meinen DSL-Anschluss aus. Darin ist zwar auch ein Festnetzanschluss enthalten, aber ich habe kein Telefon. Ich nutze nur mein Handy, das sind noch einmal 25 Euro. Zusammen macht das also 65 Euro pro Monat. 


Abonnements: Ich habe ein Amazon-Prime-Abo, das 7,50 Euro pro Monat kostet. Ich lese die ZEIT und ZEIT ONLINE, das sind monatlich noch einmal rund 30 Euro. Hinzu kommt das Magazin ZEIT Verbrechen. Auf den Monat heruntergebrochen kostet das 3,50 Euro. Ich beteilige mich mit fünf Euro an einem Spotify-Familien-Account. Mein Cookidoo-Abo für den Thermomix kostet im Jahr 30 Euro, also 2,50 Euro im Monat. Und dann gibt es noch den Rundfunkbeitrag in Höhe von 18,36 Euro. Zusammen sind das dann knapp 67 Euro, die ich für Abos ausgebe.  


Transport/Mobilität: Weil ich auf dem Land lebe, bin ich auf ein Auto angewiesen. Ich müsste 25 Minuten bis zum nächsten Bahnhof laufen, um auf das Auto zu verzichten. Eine Busverbindung gibt es nicht. Glücklich bin ich darüber nicht, aber hier geht es nicht anders. Ich habe ein kleines Auto, für dessen Vollkaskoversicherung ich im Jahr 330 Euro zahle. Hinzu kommen noch 30 Euro Kfz-Steuer. Auf den Monat heruntergerechnet sind das 30 Euro. Dann noch das Benzin: Auf 150 Euro Spritkosten komme ich mindestens pro Monat, drunter geht es nicht. Zudem bin ich im ADAC, das kostet 54 Euro jährlich beziehungsweise 4,50 Euro im Monat. Insgesamt ergibt das Kosten in Höhe von 184,50 Euro.  


Berufliche Ausgaben: Durch meinen Beruf bin ich Pflichtmitglied in der Steuerberaterkammer. Das kostet mich knapp 500 Euro pro Jahr, Teile davon übernimmt aber mein Arbeitgeber. Außerdem bin ich in verschiedenen Berufsverbänden, in denen man sich fachlich austauscht. Das sind im Jahr noch einmal 150 Euro, sodass ich auf einen Monatsdurchschnitt in Höhe von rund 54 Euro komme.  


Haustiere: Ich habe eine Katze. Für Futter und Katzenstreu gebe ich pro Monat rund 40 Euro aus. Dann kommen ein jährlicher Tierarztbesuch oder die Kosten für eine Tierpension dazu, wenn ich mal im Urlaub bin, sodass ich die Ausgaben für die Katze im Schnitt auf rund 70 Euro im Monat ansetzen würde. 


Freizeit: In meiner Freizeit spiele ich Tennis. Der Vereinsbeitrag liegt bei rund 100 Euro im Jahr. Das ist relativ günstig, weil wir ein kleiner, familiärer Verein sind. Hinzu kommen Sportkleidung, Schuhe, Bälle und alles Weitere, was man braucht. Außerdem gehe ich gerne Laufen. Wenn ich Sportklamotten und Ausrüstung zusammennehme, komme ich auf monatliche Ausgaben von 30 Euro. 

Zudem beschäftige ich mich mit Inneneinrichtung. Deshalb leiste ich mir gelegentlich eine teurere Vase oder ein besonderes Regal. Das ist natürlich sehr unterschiedlich, wie viel Zeit und Lust ich gerade habe, etwas in meiner Wohnung zu verändern. Mal ist es recht viel, dann wieder länger nichts. Pro Jahr würde ich schätzen, dass ich rund 1.200 Euro dafür ausgebe. Das wären dann 100 Euro im Monat. Durch mein Gehalt kann ich mir das inzwischen leisten, ohne länger dafür zu sparen.  

Dann gebe ich noch 40 Euro pro Monat für Tickets für Konzerte, Theater und Lesungen aus und rund 30 Euro für Bücher. Rechne ich alle diese Freizeitkosten zusammen, lande ich bei 208 Euro im Monat. 


Reisen: In der Regel fahre ich einmal im Jahr für eine Woche in den Urlaub. Hinzu kommen ein bis zwei kürzere Städtetrips oder Wochenendausflüge. Meistens bleibe ich dafür in Europa oder zumindest in der näheren Umgebung. Im vergangenen Jahr war ich in Griechenland, dieses Jahr geht es nach Ägypten. Im Jahr gebe ich insgesamt rund 2.500 Euro für Reisen aus, das sind ungefähr 208 Euro pro Monat. 


Versicherungen: Ich habe eine Privathaftpflichtversicherung für 50 Euro im Jahr und eine Rechtsschutzversicherung für 170 Euro. Das ergibt im Monat rund 18,50 Euro. 


Spenden und Mitgliedschaften: Jedes Jahr spende ich insgesamt rund 130 Euro an Organisationen, die mir am Herzen liegen. Dazu gehören die Deutsche Depressionsliga und Freunde fürs Leben e. V. Beide Organisationen klären über psychische Erkrankungen auf. Hinzu kommen unregelmäßige Spenden, wenn mir eine besondere Aktion auffällt, zuletzt beispielsweise für ein Kinderhospiz. Dafür kommen dann jeweils noch zwischen 20 und 50 Euro dazu, sodass ich im Durchschnitt 20 Euro pro Monat spende.  

Ich habe außerdem ein Ehrenamt. Ich besuche regelmäßig eine ältere Person, die sonst sehr einsam ist. Mit ihr verbringe ich Zeit, unterhalte mich oder wir gehen spazieren. Ich spende also Zeit. Außerdem habe ich mich als Schöffin bei Gericht beworben. Da weiß ich aber noch nicht, ob das klappt.   


Sparen und Investitionen: Mein Wunsch ist es, irgendwann ein Eigenheim zu haben. Am liebsten würde ich ein Haus nach meinen eigenen Wünschen bauen lassen. Dafür lege ich pro Monat 2.000 bis 2.500 Euro beiseite. So habe ich derzeit rund 50.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto angespart. Ich weiß aber auch, dass ein Eigenheim ohne 100.000 Euro Eigenkapital eigentlich unrealistisch ist. Deshalb muss ich geduldig sein. Mich würde es freuen, wenn ich das Projekt innerhalb der nächsten fünf Jahre angehen könnte. Das Eigenheim sehe ich als Teil meiner Altersvorsorge. Hinzu kommt, dass ich als Steuerberaterin in einem Versorgungswerk bin. Da kommt eine wesentlich bessere Rente bei raus als in der Gesetzlichen.  

Sonst investiere ich kein Geld in Aktien oder ETFs. Dafür interessiere ich mich nicht wirklich. Ich bin sehr risikoscheu und verzichte bewusst auf mögliche Gewinne. Das ist einfach nicht meine Sache.


Was am Ende übrig bleibt: Laut meiner Rechnung komme ich am Monatsende in etwa bei null raus. Alles, was übrig bleibt, landet auf meinem Tagesgeldkonto. Und wenn ich doch mal mehr ausgegeben habe, lege ich etwas weniger Geld zurück. 


*Der Name der Protagonistin wurde geändert, ist der Redaktion aber bekannt.

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