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Teamleiter eines Softwareunternehmens: "Ich habe mir den Luxus erarbeitet, nicht aufs Geld achten zu müssen"

In der Serie "Kontoauszug" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben - und wie viel sie in Zeiten hoher Inflation zurücklegen können. Hier berichtet Lucas Heldt*, Mitte 30, der ein Team in einem Softwareunternehmen führt.

Beruf: Ich bin als Teamleiter eines Softwareunternehmens dafür zuständig, dass unsere Serverplattform funktioniert. Unsere Software-Spezialisten nutzen die Server, um ihre Produkte zu entwickeln. Wir sind also firmeninterne Dienstleister, die den Kolleginnen und Kollegen die Arbeitsplattform zur Verfügung stellen.

Eigentlich mag ich meinen Beruf, mir gefällt das Technische. Seitdem ich die Teamleiterposition habe, hänge ich allerdings in noch mehr Onlinemeetings als vorher. Dort bespreche ich mich mit meinem Team und den Anwendern. Kommunikation macht einen großen Anteil meines Arbeitsalltags aus. Diese Position liegt mir, ich kann das ganz gut. Das höre ich auch immer wieder von meinem Team. Manchmal denke ich aber, ich würde mich ganz gerne mal wieder nur aufs Coden konzentrieren. 

Ausbildung: Seit meinem 15. Lebensjahr arbeite ich mit Computern. Damals habe ich für den Blumenladen an der Ecke eine Website gebaut, um mir ein bisschen was zu verdienen. Nach dem Abi und meinem Zivildienst begann ich, Informatik zu studieren. Aber schon nach einem Semester war mir klar, dass mir ein Studium an der Uni zu theoretisch ist. Deshalb habe ich abgebrochen und eine Lehre zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung begonnen, also eine klassische IT-Ausbildung. Wirklich was Neues lernte ich dort allerdings nicht mehr. Ich habe diese Ausbildung eher gemacht, "weil man es eben so macht". Als ich fertig war, wechselte ich zu einem kleinen Start-up. Das wurde jedoch ausgerechnet an meinem ersten Arbeitstag von einem Konzern aufgekauft und kurz danach abgewickelt. Es folgten zwei weitere Zwischenstationen: Zuerst war ich bei einem weiteren Start-up, bei dem ich aber mit den Kollegen nicht zurechtkam und nach einem Jahr wieder aufgehört habe. Anschließend habe ich sechs Jahre lang in einer IT-Beratung gearbeitet, bevor ich zu meiner jetzigen Firma wechselte. 

Mir gefällt es bei kleineren Unternehmen besser als bei Konzernen. Das hat vor allem mit den Strukturen zu tun: Wenn etwas nicht funktioniert, möchte ich das ansprechen und nicht lange überlegen, wie ich es so verpacke, dass sich niemand angegriffen oder übergangen fühlt. Ich arbeite sehr lösungsorientiert. 

Arbeitszeit: Ich arbeite rund 40 Stunden pro Woche und bin dabei sehr flexibel. Wenn ich morgens um sechs Uhr anfangen oder am Wochenende arbeiten möchte, mache ich das. Und wenn ich an anderen Tagen ausschlafen oder früher aufhören will, ist das kein Problem. Bei meinem Team ist das genauso: Wir haben alle vor, diesen Job noch ein paar Jahre zu machen. Deshalb achte ich auf meine Leute, verlange zum Beispiel nicht, dass sie Dutzende Überstunden machen. Allerdings haben wir im Team abwechselnd Rufbereitschaft, alle paar Wochen ist man dran. Das bedeutet dann, dass man 24/7 erreichbar sein muss, falls unsere Server ausfallen und schnelle Reparatur nötig ist.


Meine Einnahmen

Bruttoeinkommen: Ich bekomme ein Grundgehalt von rund 108.000 Euro im Jahr oder 9.000 Euro pro Monat. Dazu kommt die Vergütung der Rufbereitschaft. Das schwankt, ein paar Hundert Euro sind das aber schon. So komme ich auf rund 9.300 Euro.  

Nettoeinkommen: Davon bleiben mir ungefähr 5.300 Euro netto übrig. Das ist für meine Branche eine gute Bezahlung, aber nicht absurd hoch. Bei Google würde ich mehr verdienen. Da zu arbeiten, hätte aber auch Nachteile: Dort ist man ein kleines Rad in einer großen Maschine. Firmenpolitik und vorgegebene Prozesse spielen da eine größere Rolle, als ich aushalten würde.

Sonstige Einnahmen: In meinen vorherigen Jobs arbeitete ich nebenbei als Freiberufler. Das habe ich allerdings nicht unbedingt wegen des Geldes getan, sondern weil es mir Spaß gemacht hat. Mittlerweile bin ich so zufrieden mit meiner Stelle, dass ich keine anderen Aufträge mehr annehme.

Wie mich die Inflation betrifft: Mit meinem Einkommen muss ich mich nicht einschränken. Ich wohne in einer gut isolierten Wohnung und lebe sparsam, was den Energieverbrauch angeht. Ich drehe die Heizung nur selten auf und habe so kaum Kosten. Meine Lebensmittelkosten sind sicherlich gestiegen, aber davon merke ich nicht viel. 


 

Meine Ausgaben

Wohnen: Ich wohne allein in einer zentral liegenden Zweizimmerwohnung mit 65 Quadratmetern und kleinem Garten. Dafür zahle ich 1.100 Euro warm. Dazu kommen noch einmal 60 Euro für den Strom. Als ich vor fünf Jahren hier eingezogen bin, klangen diese 1.160 Euro teuer. Mittlerweile ist es ein guter Preis für die Stadt. Deshalb würde ich hier auch nur rausgehen, um in eine Eigentumswohnung oder ein Haus zu ziehen.

Lebensmittel: Meine Lebensmittelkosten schwanken relativ stark und liegen meist zwischen 200 und 400 Euro im Monat. Ich habe eine Bio-Box abonniert, deshalb bekomme ich einmal pro Woche frisches Gemüse vor die Tür geliefert. Bis auf die Avocado, die immer mit dabei ist, sind das vor allem regionale Lebensmittel. Die Box kostet mich 25 bis 30 Euro, je nach Inhalt. Weil ich kein Auto habe, lasse ich mir auch die Lebensmittel vom Supermarkt gerne liefern. Das erklärt, warum meine Ausgaben so stark schwanken: In manchen Monaten bestelle ich nichts, in anderen dann die Vorräte für die nächsten Monate. Diesen Luxus habe ich mir in der Corona-Zeit angewöhnt und beibehalten. 

Ich gehöre zu einer der Corona-Risikogruppen und war deshalb für zweieinhalb Jahre mehr oder weniger abgeschottet. Mittlerweile gehe ich wieder raus und zwei- bis dreimal pro Monat in Restaurants. Außerdem bestelle ich mindestens zweimal in der Woche Pizza nach Hause, meistens nach dem Sport. Weil ich Wert auf Qualität lege, gebe ich fürs Auswärtsessen und die Bestellungen im Schnitt 230 Euro aus. Je nach Monat komme ich auf Gesamtkosten von rund 560 Euro. 

Haustiere: Meine beiden Katzen habe ich aus einer früheren Beziehung mitgenommen. Für sie gebe ich monatlich rund 60 Euro aus. Darin sind Futter, Katzenstreu und der Monatsdurchschnitt der jährlichen Ausgaben für Tierarztbesuche enthalten. 

Hygieneprodukte: Mehr als zehn oder 20 Euro pro Monat kommen dafür nicht zusammen. Shampoo, Deo und Zahnpasta genügen mir. Ich kümmere mich selbst um meine Frisur und meinen Bart, gebe also auch dafür wenig Geld aus. 

Kleidung: Bei meinen Klamotten achte ich darauf, dass die Qualität hoch ist und die Herstellungsbedingungen akzeptabel sind. Oft läuft es deshalb auf eine bekannte Outdoormarke hinaus. Da gebe ich im Schnitt 75 Euro pro Monat aus. Die Produkte sind gut, aber dementsprechend teuer. 

Telefon und Internet: Für meinen DSL-Anschluss zahle ich 40 Euro in Monat, mein Mobilfunkvertrag kostet noch einmal 20 Euro. Handys kaufe ich mittlerweile selbst, statt sie über den Vertrag zu finanzieren, deswegen ist der Mobilfunkvertrag so günstig. Die Kosten liegen also bei 60 Euro im Monat.

Abonnements: Eine Weile lang habe ich jeden Samstagmorgen mit einem Kaffee die gedruckte ZEIT gelesen. Mittlerweile bin ich auf die digitale Variante umgestiegen. Sie kostet rund 25 Euro. Das Netflix-Standardabo 13 Euro, für Spotify zahle ich zehn Euro. Außerdem habe ich Amazon Prime, das sind im Schnitt noch einmal 7,50 Euro. Alles monatlich, diese Summen gehen irgendwann von meinem Konto ab, darauf achte ich kaum. Außerdem nutze ich Parqet, eine App, die mein Investmentportfolio trackt. Sie kostet acht Euro im Monat. Zusammen sind das 63,50 Euro. 

 Transport/Mobilität: Weil ich in der Stadt lebe, habe ich kein Auto. Stattdessen besitze ich vier Fahrräder. Für die meisten Wege nutze ich mein E-Bike, das ich in der Regel auch selbst warte und repariere. Wenn ich meine Eltern besuche oder raus in die Natur fahre, miete ich mir ein Elektroauto. Das kommt relativ oft vor, sodass ich dafür rund 100 Euro im Monat ausgebe. Das ist immer noch nur gut ein Drittel des Geldes, das mich ein eigenes Auto kosten würde.

Freizeit: Für meine Mitgliedschaft beim Urban Sports Club zahle ich dank Arbeitgeberzuschuss 50 Euro pro Monat. Für mich lohnt sich das. Ich gehe zweimal pro Woche klettern, würde ich jedes Mal den Eintrittspreis zahlen, wäre das teurer. Beim Klettern zahle ich zudem fürs Material: Seile, Karabiner, Schuhe und Kleidung. Für alles zusammen gebe ich im Jahr rund 500 Euro aus, auf den Monat gerechnet also etwa 41,50 Euro. Zudem fahre ich gerne Rennrad. Auch hier übernehme ich die Wartung selbst. Zwischen Sport und Arbeit passt bei mir nur noch Dating. Bei der Freizeit komme ich also auf 91,50 Euro pro Monat. 

Reisen: Seit der Corona-Pandemie reise ich viel weniger als früher. Mittlerweile besuche ich aber wieder Freunde und fahre zum Wandern oder Klettern mit dem Zug durch Europa. Es fällt mir schwer, die Ausgaben zu schätzen, ich gehe von 1.000 bis 2.000 Euro pro Jahr aus. Für mich muss es kein Luxushotel sein. Wenn ich mir eine Airbnb-Unterkunft mit Freunden teile, ist das auch okay. Als Monatsdurchschnitt würde ich 125 Euro für Reisen veranschlagen.

Versicherungen: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung hätte ich gerne, habe ich aber leider nie abgeschlossen. Durch meine gesundheitliche Vorgeschichte wäre das mittlerweile wohl viel zu teuer. Ich habe eine Pflegeversicherung von meinen Eltern übernommen, in die ich 60 Euro pro Monat einzahle. Ich bin aber fast sicher, dass sie nutzlos ist, deshalb werde ich sie kündigen. Ansonsten versichere ich mich gegen Dinge, die mich ruinieren könnten: Deshalb habe ich die Klassiker, eine Haftpflicht- und eine Hausratversicherung. Für die Haftpflicht zahle ich 38 Euro im Jahr, für die Hausrat sind es 70. Zusammen ergibt das einen Durchschnitt von 9 Euro pro Monat, sodass ich mit der Pflegeversicherung auf 69 Euro monatlich komme.  

Sparen und Investitionen: Aktuell stecke ich 2.100 Euro pro Monat in ETFs. Das Geld fließt in den MSCI-World-ETF, aber auch in ETFs mit Fokus auf Europa, auf aufstrebende Märkte und auf kleinere Unternehmen. Der MSCI World investiert vorwiegend in US-amerikanische Firmen, was mir nicht so gut gefällt, deshalb wollte ich mein Geld gerne breiter streuen. 100 Euro fließen außerdem in einen Dividenden-ETF. Insgesamt habe ich so inzwischen rund 60.000 Euro investiert. Mein Ziel ist es, irgendwann nicht mehr arbeiten zu müssen. Dafür bräuchte ich allerdings ein paar Hunderttausend Euro, das dauert also noch ein paar Jahre. Ganz aufhören werde ich wohl nie, dafür macht mir mein Job zu viel Spaß. Aber ich will irgendwann nicht mehr fürs Geld arbeiten müssen. Wenn ich mal Kinder habe, kann ich dann reduzieren. Darüber hinaus horte ich drei Monatsnettogehälter auf einem Tagesgeldkonto, für Notfälle. 

Spenden: Ich spende regelmäßig. Meist zwischen 50 und 70 Euro im Monat an Ärzte ohne Grenzen und das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Auch an die Deutsche Umwelthilfe habe ich schon gespendet. Außerdem kompensiere ich meinen Treibhausgasausstoß über die Non-Profit-Organisation atmosfair. Ich fliege zwar nicht und habe ja kein eigenes Auto, aber wie bei allen Westeuropäern kommen trotzdem ordentlich Emissionen zusammen. Für mein ökologisches Gewissen gleiche ich sie aus. 


Was am Ende übrig bleibt: An sich möchte ich, dass am Monatsende kein Geld auf dem Girokonto liegen bleibt. Das liegt dort nur herum und verliert an Wert. Ist es doch mal so, investiere ich diesen Überschuss oder gebe ihn aus. Dann leiste ich mir zum Beispiel mal ein neues Sofa, ohne dafür den "Notgroschen" anzufassen. Ich habe mir den Luxus erarbeitet, nicht aufs Geld achten zu müssen – und das genieße ich. 

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