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Lehrerin: "Im Monatsdurchschnitt gebe ich rund 800 Euro für Reisen aus"

In der Serie "Kontoauszug" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben - und wie viel sie in Zeiten hoher Inflation zurücklegen können. Hier berichtet die 58-jährige Lehrerin Lena Reis*.


Mein Job

Beruf: Ich arbeite seit mehr als 20 Jahren als Lehrerin für Mathematik, Geschichte und Psychologie an einem Gymnasium in Baden-Württemberg. Im Prinzip unterrichte ich von der fünften Klasse bis zum Abitur alle Jahrgangsstufen, aktuell habe ich aber vor allem Oberstufenklassen. Für die Schülerinnen und Schüler sind das die wichtigsten Jahre, so kurz vor dem Abschluss. Meine Schulleitung sieht in mir wohl die richtige Lehrkraft für diese Aufgabe. Dafür gibt es mehrere Gründe: Man braucht Sachkenntnis. Und es ist von Vorteil, dass ich das Fach Psychologie unterrichte, weil das viele meiner Kolleginnen und Kollegen nicht tun und ich dadurch oft einen guten Zugang zu Menschen habe. Zudem bin ich eine Frau der Praxis. Wann immer möglich, unterrichte ich nicht nur aus dem Theoriebuch heraus, sondern binde die Schülerinnen und Schüler mit ein. Wenn es dann auch noch gelingt, die Jugendlichen gelegentlich zum Lachen zu bringen, erinnern sie sich meiner Erfahrung nach oft besser an die Unterrichtsinhalte. Sonst kann das mit bis zu 30 Schülerinnen und Schülern kaum gelingen.

Ausbildung: Ich habe ein passables Abitur abgelegt und mich anschließend für ein Medizinstudium an der Uni eingeschrieben. Davon bin ich am Ende zurückgetreten, als mir klar wurde, dass ich dazu auch Leichen sezieren muss. Daraufhin habe ich Geschichte, Mathematik und Psychologie studiert, in Psychologie habe ich anschließend promoviert. Die Idee, Lehrerin zu werden, hatte ich schon während meines Abiturs. Andere Pläne, wie Schauspielerin in Wien zu werden, Urlaubern in der Schweiz das Skifahren beizubringen oder eine philosophische Akademie auf den Fidschi-Inseln zu gründen, habe ich allesamt verworfen. Zwischenzeitlich überlegte ich, in die Wirtschaft zu gehen. Ich hatte sogar ein Angebot von einer großen Firma. Gleichzeitig war mir da schon klar, dass ich später mal haben möchte, und das wäre mit der mir in Aussicht gestellten Führungsposition nicht machbar gewesen. Ich bin ein Ganz-oder-gar-nicht-Typ. Hätte ich mich für das Angebot entschieden, hätte ich voll durchstarten wollen. Und das wäre mit einem Kind nicht machbar gewesen. Weil ich aber schon immer gerne mit Menschen gearbeitet und deren persönliche Entwicklung begleitet habe, war der Beruf der Lehrerin eine Alternative, die ich nie bereut habe.

Arbeitszeit: Ich unterrichte jeden Tag und fange morgens früh an. Ich starte um 7.45 Uhr mit dem Unterricht und bin meist um 7.20 Uhr schon vor Ort, um Nachrichten zu lesen, mögliche Vertretung zu organisieren und dringende Anfragen noch vor dem Unterricht in den Griff zu bekommen. Oft habe ich bis in den Nachmittag hinein Unterricht. Wenn ich doch mal eine Pause zwischen zwei Klassen habe, übernehme ich in diesen sogenannten Hohlstunden entweder Vertretungen für erkrankte Kolleginnen und Kollegen oder ich bereite meinen Unterricht vor. 35 Stunden in der Woche bin ich somit mit Unterrichten beschäftigt, weitere 20 brauche ich für Vorbereitungen. Und das ist nur die Arbeitszeit in der Schule. Hinzu kommen zum Beispiel Korrekturen, die ich oft zu Hause und am Wochenende mache. Das ist deutlich mehr, als bei einem vollen Lehrauftrag vorgesehen ist. Viele Leute denken bei Lehrern an Vormittagsarbeit und wochenlange Ferien. Das hat mit der Realität heutzutage nicht mehr viel zu tun.


Meine Einnahmen

Brutto: Als verbeamtete Lehrerin in der Besoldungsgruppe A 14 bekomme ich ein monatliches Grundgehalt in Höhe von 6.448 Euro brutto.

Netto: Netto bleiben mir davon 4.540 Euro übrig.

Wie mich die Inflation betrifft: Natürlich spüre ich die gestiegenen Preise. Besonders deutlich ist es bei den Energiekosten, beim Benzin und bei den Lebensmitteln. Zum Beispiel habe ich eine Gasheizung. Weil ich aber schon lange Kunde bei meinem Energieversorger bin, ist der Aufschlag noch zu verkraften. Trotzdem zahle ich jetzt rund 70 Euro mehr im Monat. Zum Glück verdiene ich gut.

Meine Ausgaben

Wohnen: Zusammen mit meinem Mann lebe ich in einem frei stehenden Haus auf rund 160 Quadratmetern. Dieses Haus gehört mir, es wurde mir im Zuge der Scheidung von meinem ersten Mann überschrieben. Es ist abbezahlt, ich muss also keine Miete zahlen. Und es ist schon etwas älter. Zwar wurde es saniert, aber man hat permanent Kosten, um das Haus instand zu halten. Deshalb habe ich ein zweites Konto nur für das Haus, auf das ich monatlich 1.100 Euro überweise. Davon kann ich im Fall der Fälle das Dach reparieren oder die Fenster erneuern lassen. Hinzu kommen Heizungskosten in Höhe von jetzt 180 Euro. Für Wasser, Strom und Müllabfuhr zahle ich noch einmal 220 Euro. Außerdem leiste ich es mir, dass zweimal im Monat eine professionelle Firma kommt, um das Haus zu reinigen. Das kostet 150 Euro im Monat. Insgesamt zahle ich also monatlich 1.650 Euro für das Haus. Mein jetziger Mann ist bereits in Rente, von diesen Kosten übernimmt er 400 Euro. Ich zahle die restlichen 1.250 Euro. Grundsätzlich haben wir aber getrennte Konten.  

Familie: Ich habe eine erwachsene Tochter. Sie wohnt nicht mehr bei mir, ich unterstütze sie aber dennoch finanziell. Auch sie wird Lehrerin und ist derzeit im Referendariat. Während dieser Zeit verdient man nicht besonders viel. Deshalb gebe ich ihr 180 Euro monatlich dazu.

Lebensmittel: Für Lebensmittel zahle ich monatlich rund 570 Euro. Weil ich relativ häufig essen gehe, veranschlage ich 300 Euro im Monat für Restaurantbesuche. Dreimal in der Woche esse ich sicherlich auswärts, meistens mit Kollegen in der Mittagspause oder mit Freundinnen am Wochenende. Hinzu kommen noch einmal 270 Euro für Einkäufe. Dabei achte ich darauf, hauptsächlich Bioprodukte einzukaufen. Meine Lebensmittel sind deshalb nicht billig, gleichzeitig gibt es bei mir eine Besonderheit: Ich esse nur zweimal am Tag. Morgens habe ich ein Frühstück und dann nur noch eine weitere Mahlzeit am Tag – meistens ein Mittagessen. Mittlerweile bin ich in einem Alter, in dem ich gemerkt habe, dass ich mehr Essen einfach nicht brauche. Am Abend bin ich dann auch nicht hungrig und stürze mich auf Süßkram. Mein Körper kommt mit den zwei Mahlzeiten gut aus. Über den Tag verteilt trinke ich sehr viel, sicher drei bis vier Liter. Zudem achte ich darauf, keine Lebensmittel wegzuwerfen. Diese Verschwendung stört mich persönlich. Deshalb plane ich gut vor, portioniere viel und friere Teile gegebenenfalls ein. Ich kaufe auch Lebensmittel nahe am Mindesthaltbarkeitsdatum, da bin ich nicht pingelig. Dass immer mehr Leute zur Tafel gehen müssen und gleichzeitig die Supermärkte und Restaurants containerweise Essen wegwerfen, finde ich problematisch.  

Hygieneprodukte: Für Hygieneprodukte, die ich im Bioladen oder im Drogeriemarkt kaufe, gebe ich noch einmal rund 100 Euro im Monat aus. Auch dabei achte ich auf hochwertige Naturkosmetika. Zudem gehe ich in etwa alle sechs Wochen zum Friseur und regelmäßig am Samstag mit Freundinnen zur Massage und danach Kaffee trinken. Eine Lomi-Lomi-Massage oder Thai-Massage kostet rund 50 Euro, aber die gönne ich mir, weil ich einen stressigen Alltag habe. Insgesamt komme ich so auf monatliche Kosten in Höhe von etwa 300 Euro.  

Kleidung: Auch bei der Kleidung achte ich auf Nachhaltigkeit, aber weniger sklavisch als bei Lebensmitteln oder Kosmetik. Zudem brauche ich einfach nicht viel, weil ich unvorstellbar viele Stücke in meinem Kleiderschrank habe. So viele, um bis an mein Lebensende versorgt zu sein. Wenn man gute Qualität einkauft, hält das auch länger. So hat sich diese Menge über Jahre hinweg angesammelt. Alles, was ich gelegentlich neu kaufen muss, sind Büstenhalter und Slips. Andere Klamotten besorge ich nur, wenn ich sie unbedingt haben möchte, also eher selten. Oft kommt das im Urlaub vor. Dann gehe ich in eine nette Altstadtboutique und suche nach qualitativ hochwertigen Produkten, die mir gefallen. Das ist dann gleichzeitig ein Urlaubsmitbringsel, das mich an eine bestimmte Reise erinnert. Zu Hause gehe ich eher in einen Secondhandladen. Durchschnittlich gebe ich auf den Monat gerechnet rund 80 Euro für Kleidung aus.  

Telefon und Internet: Ich habe einen günstigen Mobilfunkvertrag für 15 Euro. Das reicht mir aber, weil ich am Smartphone keine Filme anschauen muss. Dafür nutze ich den Rechner oder meinen Fernseher. Für meinen Festnetzanschluss und das Internet zu Hause kommen noch einmal 45 Euro dazu, sodass ich auf Gesamtkosten in Höhe von 60 Euro komme.

Abonnements: Ich habe ein Abo der regionalen Tageszeitung. Ich genieße das sehr, morgens bei einer Tasse Kaffee in einer Zeitung aus Papier zu blättern. Das sind mir die 55 Euro im Monat wert. Nur eine Onlinezeitung wäre mir einfach zu wenig. Trotzdem habe ich zusätzlich einen ZEIT-ONLINE-Zugang für 5,60 Euro im Monat. Weitere Abos wie die von Spotify oder Netflix brauche ich nicht. Stattdessen habe ich die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender für mich entdeckt. Dafür zahle ich gerne die 18,36 Euro Gebühr im Monat. Rechnet man das alles zusammen, komme ich auf Ausgaben in Höhe von rund 80 Euro für Abonnements.  

Transport/Mobilität: Ich habe eine Bahncard 50 und ein Jahresabo für den öffentlichen Nahverkehr, zusammen ergibt das Kosten in Höhe von 60 Euro monatlich. Für die Fahrten zur Schule nutze ich ein altes Fahrrad, das mich nichts kostet. Für mein Auto bezahle ich dafür umso mehr: Nicht nur Benzin, auch die Wartung kostet durch die Inflation mehr. Schaut man nur auf regelmäßige Kosten wie Kraftstoff, Reifen, Inspektion, Versicherung und Steuer zahle ich rund 150 Euro im Monat für das Auto. Damit fahre ich allerdings auch mehrmals in der Woche, um einzukaufen, Freunde zu besuchen oder zu meinem Fitnessclub zu kommen. Für alles andere nutze ich den ÖPNV.  

Freizeit: 100 Euro zahle ich als Monatsbeitrag für meinen Fitnessclub. Darin enthalten sind auch Yogastunden, das brauche ich, um weniger gestresst zu sein. Hinzu kommen im Durchschnitt 80 Euro für andere Hobbys: Ich gehe ins Kino, besuche Konzerte und Ausstellungen. Die Bücher, die ich lesen möchte, bekomme ich zum Geburtstag geschenkt. Weitere Ausgaben habe ich für meine Freizeit nicht, sodass ich 180 Euro pro Monat ausgebe. 

Reisen: Reisen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Ich war in vielen Ländern, besonders liegt mir Südamerika am Herzen. Strandurlaub ist dabei nicht so meins, stattdessen versuche ich, viel zu erleben: Ich habe beispielsweise mal Schamanen im Amazonasgebiet besucht. An solche Orte muss ich meist fliegen, und ich bin mir bewusst, dass das nicht zu meinem sonstigen Lebensstil passt. Ich sage mir immer: "Irgendeine Sünde braucht der Mensch." Und für mich ist es das Reisen. Darauf möchte ich nicht verzichten. Unterwegs kann ich mich am besten erholen. Meistens mache ich zweimal im Jahr solche größeren Reisen. Hinzu kommen Kurztrips, wenn ich in den Ferien für eine Woche nach Italien fahre. Im Monatsdurchschnitt gebe ich deshalb rund 800 Euro für Reisen aus.   

Versicherungen: Als Beamtin muss ich mich privat krankenversichern. Dafür zahle ich im Monat rund 350 Euro. Zudem habe ich ein Versicherungspaket aus Haftpflicht-, Hausrat- und Gebäudeversicherung, dazu gehören Dinge wie Feuerschutz oder Elementarschäden. Das alles kostet auf den Monat gerechnet circa 80 Euro. Weitere Versicherungen habe ich keine, sodass ich auf Gesamtausgaben in Höhe von 430 Euro komme.  

Sparen und Investitionen: Weil ich meine Tochter unterstütze, kann ich aktuell weniger sparen, als ich möchte. Sobald sie mit ihrer Ausbildung fertig ist, kann ich etwas mehr in meine Altersvorsorge investieren. Im Moment lege ich monatlich 350 Euro beiseite, um meine Pension aufzubessern. Als Mutter habe ich lange in Teilzeit gearbeitet und dementsprechend weniger eingezahlt. Das ist ein Problem, an das gerade junge Frauen oft nicht denken. So viel kann man meist gar nicht arbeiten, um diese Lücke wieder aufzuholen. Gerade wenn dann eine Beziehung endet, sorgt das für Probleme. Ich habe bei der Scheidung von meinem ersten Mann zwar einen Ausgleich bekommen, doch eine Versorgungslücke bleibt. Viele Frauen sind dabei ziemlich naiv, dabei ist eine private Absicherung gerade für sie in meinen Augen besonders wichtig. Deshalb muss ich jetzt zusätzliches Geld ansparen, um diese Lücke auszugleichen. Von den 350 Euro gehen 200 Euro in eine Kapitallebensversicherung. Die restlichen 150 Euro sind für eine private Rentenversicherung. Ich schätze, das wird mir monatlich rund 250 Euro zusätzlich einbringen, wenn ich mal nicht mehr arbeite. Durch mein Psychologiestudium plane ich, später als Coach zu arbeiten. Das habe ich auch vor Corona getan und mir ein ordentliches Zubrot verdient: bis zu 800 Euro, je nach Auftragslage. Mit dieser Tätigkeit könnte ich mir im Ruhestand noch etwas Geld hinzuverdienen.  


Was am Ende übrig bleibt

Aktuell kaum etwas. Zieht man alle Ausgaben von meinem Gehalt ab, bleiben theoretisch circa 250 Euro übrig. Praktisch fließt all das in ungeplante Ausgaben: Ein kaputter Rasenmäher oder ein Küchengerät müssen ersetzt werden, man kauft Weihnachtsgeschenke – und schon ist das Geld wieder weg.   

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