Das Coronavirus verändert für viele Menschen, wie und wo sie arbeiten. Und auch, wie viel Geld sie verdienen. Wer kann, arbeitet im Homeoffice. Für Freiberufler brechen Aufträge weg, sie wissen nicht, wie sie ihre Miete bezahlen sollen, andere mussten ihre Geschäfte schließen und hoffen auf finanzielle Unterstützung. In der Serie "Kontoauszug" stellen wir Menschen vor, die genau davon erzählen: Was heißt Corona für meine Arbeit - und für mein Konto? Hier berichtet die 36-jährige Maria Volkmer*, die als Bibliothekarin an einer Unibibliothek arbeitet.
Beruf: Ich bin verbeamtete Bibliothekarin an einer Universitätsbibliothek in Bayern. Dort arbeite ich in verschiedenen Bereichen. Zum einen mache ich das, was man sich klassischerweise vorstellt, wenn man an Bibliothekare denkt: Ich arbeite mit Büchern und Zeitschriften. Das sind teils sehr alte Werke vom Jahr 1500 bis zu 1830, aber auch moderne Zeitschriften und elektronische Medien. Diese Bücher katalogisiere ich, das heißt, ich sorge dafür, dass sie in unserem Universitätsverzeichnis auch nachgewiesen und aufzufinden sind. Zum anderen arbeite ich aber auch sehr viel mit Geld, weil ich in die Erwerbung neuer Bücher und Magazine eingebunden bin. Damit bin ich sehr glücklich: Bibliothekarin ist mittlerweile mein Traumjob, es hat also nicht nur der Sicherheitsaspekt des Staatsdienstes eine Rolle gespielt, obwohl auch der für mich wichtig war.
Ausbildung: Ich habe Abitur gemacht, anschließend eine Geisteswissenschaft studiert und mit Diplom abgeschlossen. Im Anschluss habe ich das gemacht, was viele Geisteswissenschaftler so tun: Ich hatte erst mal einen befristeten Vertrag als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Universität. Ich habe dann einen Freiwilligendienst an einer Mutter-Kind-Klinik gemacht und anschließend hier und dort gejobbt. Das habe ich ein paar Jahre lang so durchgezogen, bis ich beschlossen habe, die große Freiheit der Wissenschaft gegen die Sicherheit des Staatsdienstes zu tauschen. Deshalb habe ich die Laufbahn als Bibliothekarin eingeschlagen und dafür drei Jahre an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern studiert. Nach meinem Abschluss habe ich mich auf meine jetzige Stelle beworben und bin genommen worden.
Arbeitszeit: Auch in der Corona-Zeit arbeiten in meiner Bibliothek fast alle Mitarbeiter die für sie vorgesehene Arbeitszeit, wobei auch bei uns nach Möglichkeit Homeoffice gemacht wird. In meinem Fall bedeutet das: Ungefähr die Hälfte meiner 40 Wochenstunden arbeite ich von zu Hause aus. Bei denjenigen, die mit elektronischen Medien arbeiten, ist das natürlich einfacher möglich als bei anderen. Wer Bücher von A nach B transportiert, kann nicht ins Homeoffice. Selbst als die Lesesäle und unsere Uni komplett geschlossen wurden, war die Bibliothek einer der wenigen Orte, an denen noch etwas Leben herrschte. Zeitweise konnten Bücher nur noch per Postversand ausgeliehen werden. Das alles musste organisiert und durchgeführt werden, die Bibliothek war also durchgehend besetzt. Die Nachfrage nach elektronischen Medien oder Leihen außer Haus sind in dieser Zeit natürlich sprunghaft angestiegen. Trotzdem ist es auch in dieser Zeit bei meinen 40 Stunden pro Woche geblieben, deshalb bin ich ein großer Fan von Arbeitszeiterfassung. Ich muss selten Überstunden machen, wenn ich nicht will. Falls doch, kann ich die an anderen Tagen abbauen und mir freinehmen. Auch an meiner Fünftagewoche wird nicht gerüttelt: Am Wochenende habe ich frei!
Was mir Sorgen bereitet: Ich kann mich unglaublich glücklich schätzen: Ich darf arbeiten gehen und meine Arbeitsstelle ist gesichert - der Staat ist verpflichtet, mich weiter zu bezahlen. Beruflich geht es mir wirklich gut und ich weiß um dieses Privileg. Deshalb mache ich mir eher Sorgen um die Studierenden und um den wissenschaftlichen Nachwuchs an der Uni. Beide Gruppen kommen in der aktuellen gesellschaftlichen Debatte überhaupt nicht vor, wenn es um Corona-Regeln und -Hilfen geht. Die Universitäten sind relativ schnell in den digitalen Unterricht verabschiedet worden und dabei ist es seit über einem Jahr geblieben. Gerade für diejenigen, die gerade erst angefangen haben und ihre Kommilitonen vielleicht noch nie im echten Leben gesehen haben, keine Freunde finden und kein Gemeinschaftsgefühl entwickeln - für diese jungen Menschen ist das eine wirklich harte Zeit. Das gesamte studentische Leben bis auf den Wissenserwerb ist weggebrochen.
Genauso ist es bei den Nachwuchswissenschaftlern: Viele sind dort von Forschungsprojekten abhängig. Wenn an den Unis gespart wird, fällt auch Geld für Projekte weg und damit viele offene Stellen. Die Rechnung ist relativ einfach. Ich befürchte, dass wir hier viele gute junge Wissenschaftlerinnen auf dem Weg verlieren werden, weil sie unter diesen Bedingungen einfach nicht arbeiten können. Ich würde mir wünschen, dass die Universitäten wieder stärker in den Fokus der Politik rücken und man nicht nur sagt: "Das sind gebildete erwachsene Leute, das klappt schon irgendwie."
Bruttoeinkommen: Mein Grundgehalt liegt bei 2.843,59 Euro. Das entspricht der Besoldungsgruppe A 9, Stufe 2 in Bayern. Hinzu kommt die sogenannte Strukturzulage in Höhe von 98,44 Euro. Zusammengerechnet bekomme ich also ein Bruttoeinkommen von 2.942,03 Euro.
Miete: Die Wohnung, in der ich lebe, gehört meiner Mutter. Die hat sie vor mehreren Jahren gekauft, seit zehn Jahren bin ich ihre Mieterin. Das heißt, ich wohne in einem sehr günstigen Mietverhältnis und zahle viel weniger, als das auf dem freien Markt der Fall wäre. In den Zeiten, als mein Einkommen wegen befristeter Verträge nicht so sicher war wie heute, war das natürlich ein immenser Vorteil. Sowohl ökonomisch als auch emotional, weil ich wusste, dass mich meine Mutter nicht vor die Tür setzen wird. Heute versuche ich sie davon zu überzeugen, mehr Miete zu verlangen, aber bisher weigert sie sich. Für meine Zweizimmerwohnung zahle ich deshalb noch immer nur 400 Euro – Nebenkosten schon eingerechnet. 26 Euro Stromkosten kommen da obendrauf, zusammen zahle ich also 426 Euro für meine Wohnung.
Lebensmittel: Meine Haushaltsapp zeigt mir, dass ich auf den Monat gerechnet 280 Euro für Lebensmittel ausgebe. Für eine Einzelperson ist das eine ordentliche Summe. Das liegt zum einen daran, dass ich mir mittags meistens etwas zu essen hole. Ich bin Stammkundin in einem Restaurant, das nicht billig ist, aber dafür sehr gut. Vor Corona war ich oft in der Unimensa, aber die hatte erst zu und dann ein ausgedünntes Angebot zum Mitnehmen. Deshalb bin ich auf das Restaurant umgestiegen. Das hat die Qualität meiner Ernährung sicherlich erhöht und ist mir das Geld wert. Auch bei meinen übrigen Einkäufen achte ich auf Nachhaltigkeit und kaufe Biolebensmittel. In Corona-Zeiten ist mir dabei aufgefallen: die Spannweite meiner Ernährung ist größer geworden – auf der einen Seite ist meine alltägliche Ernährung durch mein Lieblingslokal deutlich gesünder geworden, auf der anderen Seite habe ich öfter als früher auch mal meinen Corona-Frust mit Tiefkühlpizza getröstet.
Kleidung: Ich gebe laut meiner Haushaltsapp im Monat 145 Euro für Klamotten und Schuhe aus – obwohl die Geschäfte lange geschlossen hatten und man alles im Internet kaufen musste. Gerade bei Kleidung ist es mir wichtig, auf Nachhaltigkeit und faire Produktionsbedingungen zu achten. Bei Lebensmitteln gebe ich mir Mühe und schaffe es nicht immer, aber Kleidung kaufe ich nur zu diesen Bedingungen. Unter dieser Prämisse ist man recht schnell in einer teuren Preisklasse. Ich vermisse, einfach in Läden zu gehen, um sich umzuschauen und Sachen auch mal anzuprobieren. Besonders Schuhe online zu kaufen finde ich fürchterlich.
Hygieneprodukte: Das Klischee, dass ich als Frau besonders viel ausgebe, stimmt schon irgendwie: Ich gebe ungefähr 80 Euro im Monat für Hygieneprodukte und alles, was dazu gehört, aus. Ich habe eine sehr praktische Frisur, deshalb gehe ich nur zwei Mal im Jahr zum Friseur und habe dadurch auch unter den Corona-Beschränkungen kaum gelitten. Rechnet man das mit ein, lande ich bei 85 Euro im Monat.
Telefon und Internet: Mein Handyvertrag kostet mich im Monat 25 Euro. Außerdem habe ich eine zweite SIM-Karte, für die zahle ich drei Euro zusätzlich – ein Relikt aus einem früheren Vertrag, das ich endlich loswerden muss. Zudem habe ich einen Festnetzvertrag für Telefon und Internet für 20 Euro pro Monat. Das ist allerdings noch ein Lockangebot, weil ich gerade den Anbieter gewechselt habe. Nach den ersten 12 Monaten wird das wahrscheinlich ganz schön teuer, dafür ist mein Internet jetzt ziemlich schnell. Wie wichtig das ist, wurde mir unter Corona-Bedingungen klar. Deshalb habe ich mir vor Kurzem auch einen teuren Router für 200 Euro und eine externe Webcam für 100 Euro gekauft. Rechnet man das alles zusammen, komme ich auf 72 Euro im Monat, die ich für Telefon und Internet ausgebe. Das ist ein relativ hoher Betrag, der aber abbildet, wie wichtig das aktuell für mein Homeoffice und auch meine privaten Kontakte ist. Als Beamtin habe ich vom Staat in dieser Hinsicht gar nichts bekommen. Eine Freundin ist Lehrerin – die hat nach 12 Monaten Wartezeit einen Dienstlaptop bekommen. Bei uns ist so was nicht mal im Gespräch.
Abos: Trotz der schnellen Internetverbindung habe ich weder Netflix noch Spotify. Ich habe das Gefühl, das wäre mein Untergang, weil ich die Wohnung dann gar nicht mehr verlassen würde. Dafür habe ich ein Digital-Abo der Süddeutschen Zeitung für monatlich 15 Euro. Für meine GMX-Premium-Mailadresse zahle ich drei Euro im Monat. Das einzige weitere Abo, das ich habe, ist das für mein Virenprogramm: Das kostet mich 35 Euro im Jahr. Zusammengezählt und auf den Monat heruntergebrochen gebe ich deshalb 22 Euro für Abos aus.
Transport: Der innerstädtische Nahverkehr in meinem Wohnort ist so fürchterlich, dass ich ihn kaum nutze. Ich habe allerdings auch kein Auto. Deshalb fahre ich im Sommer Fahrrad und gehe im Winter zu Fuß oder nutze den Bus, wenn er denn zufällig mal fährt. Hierfür sind meine Ausgaben also minimal. Meine Transportkosten steigen schnell, wenn ich den Zug nutze, um Leute außerhalb meiner Stadt zu treffen. Das wiederum war in der Corona-Zeit kaum möglich. Trotzdem habe ich eine Bahncard 50 für 229 Euro. Wenn ich diese Kosten zusammenzähle, lande ich bei 60 Euro im Monat. Und das ist ganz sicher unterdurchschnittlich: Ich schätze, das ist in etwa die Hälfte dessen, was ich in normalen Jahren ausgeben würde.
Reisen: Im vergangenen Jahr war ich eine Woche lang Bergsteigen in den Bayerischen Alpen. Dort habe ich in der Ferienwohnung meiner Familie übernachtet und hatte deshalb neben Lebensmitteln und einer Zugfahrkarte keine weiteren Ausgaben. Außerdem habe ich mit Freunden eine Reise nach Frankreich gemacht, auch das für eine Woche. Wir sind allerdings Spezialisten im günstigen Verreisen: Die Kosten für Wanderkarten, Tickets, Verpflegung und die Ferienwohnung lagen deshalb für mich bei rund 400 Euro. Im Jahr mache ich etwa eine Reise in dieser Preisklasse, würde aber ohne Corona mehr Kurztrips einrechnen. Ich reise kaum außerhalb von Europa und fliege eher selten, würde aber gerne wieder öfter für ein Wochenende den Kontinent erkunden. Und so ein Städtetrip am Wochenende kostet dann verhältnismäßig viel. Weil das aber nicht möglich ist, komme ich derzeit nur auf monatliche Reisekosten von ungefähr 35 Euro.
Freizeit: Ich engagiere mich in einer Kirchengemeinde, das kostet mich nichts außer Zeit. Ich singe in einem Chor, wenn das Virus es zulässt. Ich gehe sehr gerne wandern. Tagestouren kosten wenig, ich brauche aber passende Kleidung und vor allem gutes Schuhwerk. Für Equipment gebe ich deshalb im Monat ungefähr 25 Euro aus. Normalerweise mache ich Pilates und gehe dafür in ein Studio. Auch wenn das im letzten Jahr schwierig war, habe ich 150 Euro ausgegeben. Außerdem gehe ich sehr gerne in die Therme: Diese Besuche können sehr schnell sehr teuer werden. Auch das war im vergangenen Jahr nur selten möglich, deshalb habe ich rund 150 Euro ausgegeben – sonst würde ich eher 300 Euro veranschlagen. Um nicht nur Bücher aus dem 16. Jahrhundert zu lesen, habe ich im vergangenen Jahr 170 Euro für meine private Lektüre ausgegeben. Und wie wahrscheinlich viele Leute habe auch ich in der Corona-Zeit Handarbeits- und Bastelprojekte angefangen und manche sogar fertig gemacht. Strickwolle, Häkelnadeln, Kerzenverzierwachs und so weiter haben mich noch einmal 140 Euro gekostet. Und schließlich ein Punkt, den ich bewusst nicht unter Lebensmittel gefasst habe, sondern Freizeit, weil es nicht ums Überleben, sondern um die Entspannung geht: Ich setze mich, wenn das möglich ist, in meiner Freizeit unglaublich gerne ins Café – mit Freunden oder auch alleine. Ich habe zwei Stammcafés, bei denen ich gar nicht mehr bestellen muss, wenn ich reinkomme – so gut kennt man mich dort. Wenn die Cafés offen haben, gebe ich dort mindestens 60 Euro pro Monat aus. Zählt man das alles zusammen, gebe ich 135 Euro für meine Freizeitaktivitäten aus.
Investments und Sparen: Ich habe nur einen Bauspar-Riester, der mich 25 Euro im Monat kostet. Zusätzlich lege ich aber jeden Monat 100 Euro zurück, um etwas auf der hohen Kante zu haben. Die landen auf einem Tagesgeldkonto. Ich habe immer wieder von meinen Ersparnissen gelebt, deshalb habe ich das dringende Bedürfnis, diese Reserven wieder aufzufüllen. Und trotz Beamtenstatus ist bis heute das Gefühl da, dass ich lieber einen Puffer auf dem Konto habe, als alles auszugeben. Natürlich bin ich durch meine Stelle auch künftig gut versorgt. Trotzdem habe ich schon darüber nachgedacht, Geld anzulegen – gerade in Zeiten von Negativzinsen. Doch da überlege ich noch. Deshalb sind es bisher nur diese 125 Euro.
nur diese 125 Euro.
Versicherungen: Als Beamtin bin ich privatversichert. Meine Kranken- und Pflegeversicherung kostet mich zusammengerechnet 317 Euro. Zudem habe ich eine Privathaftpflichtversicherung für zehn Euro und eine Hausratversicherung zum selben Preis. Damit komme ich auf 337 Euro Versicherungskosten im Monat.Spenden: Ich verdiene gut und habe mich in dieser Krisenzeit deshalb in der Pflicht gesehen, auch anderen etwas davon zu geben. Deshalb spende ich vor allem für die Bereiche Umweltschutz, Nothilfe und soziale Gerechtigkeit. Das waren im vergangenen Jahr viele Einzelspenden, zweimal habe ich zum Beispiel 100 Euro an Unicef gespendet. Dort hat mich fasziniert, dass man sich aussuchen kann, wofür man spendet. Ich habe beispielsweise ein Set Masernimpfstoff oder Fußbälle für Kinder finanziert. Ich wusste also wirklich, was genau mit dem gespendeten Geld passiert. Außerdem habe ich verschiedene kirchliche Hilfswerke unterstützt und auch lokale Initiativen für Geschäfte. Aufaddiert komme ich so auf 100 Euro pro Monat, die ich spende. Ich bin damit aufgewachsen, dass man etwas abgibt, wenn man kann. Und das möchte ich auch nach Corona so beibehalten.
Das bleibt am Ende übrig: Mit leichten Schwankungen komme ich auf rund 600 Euro, die mir pro Monat übrig bleiben. Dieses Geld liegt dann nicht einfach auf dem Konto rum: Davon leiste ich mir manchmal Dinge, die ich schön finde, oder kaufe anderen ein Geschenk, ohne mir vorher lange Gedanken machen zu müssen. Aber selbst wenn ich diese Ausgaben mit einbeziehe, bleibt immer noch was übrig. Und das ist ein total gutes Gefühl.