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US-Sport: Baseball wird den Amerikanern zu langweilig

Die World Series sind der Höhepunkt der Baseball-Saison. Doch die Einschaltquoten sinken, das Interesse schwindet. Baseball wird von schnelleren Sportarten überholt.

Am Mittwoch kehren die Teams zurück in den Bostoner Fenway Park. 48.000 Zuschauer werden live dabei sein, ein paar Millionen vor dem Fernseher, beim sechsten und womöglich entscheidenden Spiel der World Series. Im Finale der Major League Baseball (MLB) kämpfen die Boston Red Sox und die St. Louis Cardinals um den Titel. Dem Gewinner winken Titelseiten, Ruhm und Ehre. Es geht schließlich um Baseball, dieses Spiel, das in Europa kaum jemand versteht. Aber die Amerikaner sind ja bekanntlich verrückt danach. Oder?

So einfach ist es nicht mehr. Der Baseball verliert seine Anhänger. Viele Jugendliche lassen sich nicht mehr für America's national pastime begeistern, weder auf dem Feld, noch vor dem Fernseher, weil das Spiel die Langsamkeit zelebriert, während das Bedürfnis nach Abwechslung und Spannung bei den Zuschauern wächst. Hinter Baseball steckt eine andere Philosophie als hinter Hochgeschwindigkeitssportarten wie Basketball und Football. Die Langsamkeit hat zwar weiterhin Verfechter, sie zieht aber nur noch bedingt Massen an.

Im Oktober 1980 sahen 54 Millionen Zuschauer das sechste und entscheidende Match der World Series zwischen Kansas und Philadelphia. Das ist bis heute Rekord. Seit den Achtzigern sinken die Zuschauerzahlen. 2013 haben den ersten vier Spielen nur noch zwischen 12,5 und 16 Millionen Menschen zugeschaut.

Eine Sportart für Menschen mit Zeit

Wayne G. McDonnell Jr. wird von seinen Kollegen an der New York University Dr. Baseball genannt wird, weil er sich als Sportwissenschaftler auf die wirtschaftliche Situation im Baseball spezialisiert. Er sagt: "Baseball ist noch immer der nationale Zeitvertreib." Das ist optimistisch und beschreibt zugleich das Problem: Baseball schauen die US-Amerikaner, wenn sie gerade Zeit haben. Aber eben nur dann.

Es gibt wenig Hoffnung, dass sich daran Grundlegendes ändert, zu wenig Spielraum ist auf dem Feld und in den Köpfen der Traditionalisten. Es gibt zwar eine stabile Anhängerschaft, aber vor allem junge Zuschauer zappen weg. Ähnlich ist die Tendenz auf dem Platz. Von 2000 bis 2009 sank die Zahl der Kinder und Jugendlichen zwischen 7 und 17 Jahren, die Baseball spielen, um 24 Prozent, während sie im Football um 21 Prozent und im Eishockey um 38 Prozent anstieg.

Fußball als Provokation

"Die Zeiten sind vorbei, in denen Babys schon im Kinderbett einen Baseball-Handschuh neben sich liegen haben", sagte kürzlich Leonard Coleman Jr., ehemaliger Präsident der National League, die gemeinsam mit der American League die Major League Baseball (MLB) bildet. Sein eigener Sohn entschied sich gegen Baseball und für Fußball - für die europäische Variante. Eine Provokation.

Das allgemein sinkende Interesse hat verschiedene Gründe. Der Doping-Skandal, der kürzlich bekannt wurde, und wegen dem nun 13 Spieler gesperrt sind, hat dabei wahrscheinlich gar keine entscheidende Rolle. Die MLB hat umfangreiche Tests durchgesetzt und ist den Kampf gegen Doping offen angegangen. Bedeutender ist, dass die Gesellschaft sich verändert, der Baseball aber nicht. Patrick Rishe, der für Forbes Sports schreibt und als Analyst des Sportmarktes arbeitet, sagt: "Es gibt viel mehr Möglichkeiten als früher, Sport im Fernsehen anzuschauen, ob nun Football oder Extremsport. Für Baseball ist die Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer einfach nicht mehr hoch genug."

Baseball raubt die Zeit des Zuschauers, weil er ein Sport ohne Uhr ist. Wie lange ein Spiel dauert, kann man nicht vorhersagen, es können zweieinhalb Stunden sein oder fünf. Wenn eine Partie bis nach Mitternacht läuft, schließt das viele Zuschauer aus, vor allem Jugendliche.

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