1 subscription and 0 subscribers
Article

Coronaerkrankungen im Spitzensport: Unterschätze Gefahr

Handball-Nationalspieler Hendrik Wagner (Foto: dpa)

Trotz eines starken Immunsystems leiden auch immer mehr Profisportler an den Folgen einer Corona-Erkrankung. Bei zu früher Rückkehr in den Sport können die Folgen fatal sein.


Gerade einmal fünf Minuten dauerte die Handball-EM für Hendrik Wagner. Für ein Tor reichte es. Mehr war nicht drin für den 24-Jährigen. "Er kriegt keine Luft mehr", hatte Nationaltrainer Alfred Gislason nach dem Spiel gegen den späteren Europameister Schweden berichtet.


Coronavirus schlägt bei Höchstleistung durch


Der PCR-Test nach überstandener Corona-Infektion war negativ, im Training vor dem Spiel fühlte er sich topfit. Doch die Folgen des Virus machten sich bei Höchstleistung bemerkbar.

Wagners Fall ist ebenso einleuchtend wie sinnbildlich. Ein gutes Immunsystem schützt nicht automatisch vor einer Erkrankung an Covid-19 - und den - Langzeitfolgen. Wann FC-Bayern-Star Alphonso Davies wieder spielt, ist nicht klar. Er kuriert eine Herzmuskelentzündung aus. Die beiden Regionalliga-Spieler Ugur Ogulcan Tezel und Kwabe Schulz brachen während des Spiels mit Kreislaufproblemen zusammen - nach überstandener Covid-Infektion.


Maximale Belastung macht verwundbar


Professor Wilhelm Bloch, Experte für Kreislaufforschung an der Sporthochschule Köln, erklärt: "Ein Leistungssportler holt unter Wettkampfbedingungen das Maximum heraus, weshalb das Immunsystem stark gestresst wird."

Obwohl die Impfung und das starke Immunsystem einen großen Anteil an einem milden Verlauf haben, sei die Erkrankung "noch nicht ausreichend" erforscht, um alle Risiken abschätzen zu können.


14 Tage Pause nach Corona-Infektion


Deshalb gelte als medizinischer Grundsatz: Die Infektion muss vollständig auskuriert sein, frühestens nach 14 Tagen sollen Leistungssportler die Belastung wieder langsam steigern. Es sei sinnvoll, vorher einen Belastungstest zu machen. Oft spürt man selbst nicht, womit der Körper noch zu kämpfen hat.


Handballnationalspieler Wagner wollte nicht so lange warten - ein EM-Spiel stand an. Für Bloch ist die Entscheidung zwar aus medizinischer Sicht heikel, menschlich sei sie nachvollziehbar.


Sein liebstes Beispiel ist Ex-Basketballer Dirk Nowitzki, der einst mit Fieber im zweiten Spiel der NBA-Finalserie in der Halle stand. Der Einbruch sei erst nach dem Spiel gekommen.

Wagners Einsatz ohne Folgen


Der Fall zeigt: Um schnellstmöglich wieder zu Höchstleistungen auflaufen zu können, nehmen Athleten in Kauf, krank zu werden, Rückfälle zu erleiden. "Kritisch ist es, wenn jemand in den Wettkampf hineingeht und dann wieder herausgenommen werden muss", sagt Bloch.



Bei Wagner ging der Kurzeinsatz beim EM-Spiel glimpflich aus, so wie bei den meisten Athleten. Bei den Regionalligafußballern Tezel und Schulz hätte der Zusammenbruch tödlich enden können.


Warum Corona-Folgen tödlich enden können


Auch wenn sich Risiken noch schwer abschätzen lassen, beobachtet Bloch, dass die "postakute Covid-Situation länger anhaltend" zu sein scheint als bei anderen Viruserkrankungen. Dazu gehören Beschwerden, die von der Lunge oder vom Herz ausgehen, aber auch Müdigkeit oder Konzentrationsschwäche.


Eine Impfung trage zwar dazu bei, dass die Erkrankung harmloser verläuft, schützt aber nicht generell vor Symptomen und Nebenwirkungen.


Organe, Muskeln, Gehirn können betroffen werden


Bloch hat mit zwei Kollegen daran geforscht, wie Covid-19 die Zellen verändert und festgestellt, dass das Virus dazu beiträgt, dass Sauerstoff in den roten Blutkörperchen schlechter abgegeben werden kann. Das kann sich auf die Organe, die Muskulatur, das Gehirn auswirken.


Bloch sagt, das schlimmste Szenario sei immer, wenn ein Sportler auf dem Platz einfach umfällt. Herzkreislauferkrankungen können tödlich enden - auch für Athleten, für die die Olympischen Spiele oder ein Fußballspiel am Wochenende anstehen.

Original