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Mit Augentraining Sehschwächen verbessern

Rollen, blinzeln, sonnen - regelmäßige Augenübungen sollen Fehlsichtigkeit korrigieren, Bildschirmschäden an den Augen beheben und Altersweitsichtigkeit aufhalten können. Mit dem richtigen Training könnten sich gut 40 Millionen Bundesbürger ihre Brille oder Kontaktlinsen sparen. So lautet das Versprechen vieler Sehtrainer. Was steckt dahinter? Kann reines Muskeltraining das Sehen verbessern.

Ist Augentraining sinnvoll?

Ob Augentraining etwas bringt, ist nicht wissenschaftlich erwiesen. Es gibt keine aussagekräftigen Studien, die den Effekt der Augenübungen beweisen. Trotzdem gibt es viele Betroffene, denen Augentraining sehr geholfen hat. Der Gründervater des Augentrainings ist William Bates. Der amerikanische Augenarzt entwickelte in den 1920er Jahren ein Sehtraining, welches die Augenmuskeln stärken und Entspannung fördern soll. Bates vertrat die Auffassung, dass Augen bis ins Alter ohne Brille auskommen können. Laut Bates dürfen die Augen nur nicht überanstrengt werden, müssen genügend Wärme und Sonnenlicht bekommen und die Muskulatur muss trainiert werden.

Augentraining: das Prinzip

Augentraining geht von der Annahme aus, dass körperliche oder seelische Überanstrengung zu unscharfem Sehen führt. Ständige Bildschirmarbeit belastet die Augen besonders, weil dabei einige Muskeln überstrapaziert werden. Mithilfe der Übungen soll der Stress des Sehens reduziert werden. Die Techniken zielen außerdem darauf ab, Nacken und Schultern zu entspannen. Mit gezielten Muskelübungen sollen die Augenbewegungen dynamischer und kontrollierter werden. Ziel ist es, die Augenstellung und die Weite der Linse beim Sehen bewusst zu beeinflussen. Zum Beispiel beim Prozess der Akkomodation. Von Akkomodation sprechen Ärzte, wenn das Auge einen Gegenstand scharf stellt. Hierbei können gut trainierte Augen nach Annahme vieler Augentrainer Objekte schärfer sehen, indem die Augen ihre Position und ihren Winkel verändern. Sehtrainer versuchen außerdem, Veränderungen des Augapfels auszugleichen. Das passiert zum Beispiel bei Menschen, die täglich länger als drei Stunden auf einen Bildschirm starren. Der Augapfel verlängert sich. Das kann zu Kurzsichtigkeit führen. Studien zufolge haben Bildungsgrad und Verhalten sogar einen höheren Einfluss auf Kurzsichtigkeit als genetische Faktoren. Ob und inwieweit zu nahes Sitzen am Bildschirm allein das Wachstum des Augapfels in die Länge fördert und somit Kurzsichtigkeit begünstigt, ist aber unklar. Um die Sehkraft zu verbessern, müssen Patienten die Übungen regelmäßig und konzentriert über einen langen Zeitraum ausüben. Damit würde das Sehen leichter und klarer. Der versprochene Effekt sei nicht immer in Dioptrien messbar, trotzdem können viele Teilnehmer und Augentrainer eine Angleichung oder Reduzierung der Seh-Unschärfe bestätigen.

Wann ist Augentraining geeignet?

Augentraining kann bestehende Sehschäden nicht nachweislich beheben. Jedoch können die Übungen eine Verschlechterung der Sehkraft vorbeugen, die Sehmuskulatur anregen und Verspannungen lösen. So lässt sich zum Beispiel Alterssichtigkeit hinausschieben. Ziel ist immer ein entspannteres Sehen. Grundsätzlich gilt: Sehtraining ist immer dann sinnvoll, wenn die Sehstörung durch Stress oder häufiges Starren auf Texte oder einen Bildschirm bedingt ist. Die besten Erfolge beim Augentraining lassen sich nach Angaben des Vereins für Gesundes Sehen e.V. bei Alterssichtigkeit, Weitsichtigkeit und Kurzsichtigkeit erzielen. Zudem sollen Augenübungen auch bei Bildschirmschäden, Schielen und Hornhautverkrümmungen helfen. Welche Übungen im Einzelfall helfen, muss individuell geklärt werden.

Augentraining bei Kurzsichtigkeit

Bei Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit ist vor allem die Brechkraft des Auges, also das scharfe Sehen beeinträchtigt. Das Licht auf der Netzhaut kann nicht richtig fokussiert werden. Ob Augentraining bei Kurzsichtigkeit hilft, hängt von der Art der Erkrankung ab. Wenn die Sehschwäche durch Stress bedingt ist, können Übungen das Sehen entspannen und Objekte wieder schärfer wahrgenommen werden. Bei Kindern, die seit Ihrer Geburt einen zu langen Augapfel haben, sind Erfolge durch Augentraining schwieriger zu erzielen.

Augentraining bei Weitsichtigkeit

Ob Augentraining bei Weitsichtigkeit Erfolg hat, ist wie bei der Kurzsichtigkeit zu unterscheiden. Bei Kindern hängt Weitsichtigkeit mit dem Wachstum des Augapfels zusammen. Er ist kürzer und kann deshalb nicht alles scharf sehen. Meistens liegt eine Wachstumsstörung des Augapfels vor. Diese kann Augentraining nicht beheben. Wer allerdings erst im Alter erkrankt ist, zum Beispiel durch ständiges Starren oder Anstrengung der Augen, kann sein Sehen durch die Übungen entspannen.

Augentraining bei Schielen

Augentraining kann helfen, schielende Augen zu stabilisieren und besser zu kontrollieren. Vor allem Kindern sind die Übungen sehr erfolgreich. Ziel ist es, die Augenmuskulatur der einzelnen Augen zu stärken. Außerdem sollen Patienten durch Beidäugigkeitsübungen ein Gefühl für die Fehlstellung der Linse entwickeln, um sie bewusst korrigieren zu können. Bei Schielen helfen außerdem Kovergenzübungen, einäugige Übungen zur Entspannung und Durchblutung der Muskulatur und Mobilitätsübungen, die den Stoffwechsel anregen.

Augentraining gegen Alterssichtigkeit

Wer seine Augen im Alltag durch Bildschirmarbeit oder lesen stark belastet, trägt ein hohes Risiko Alterssichtigkeit zu entwickeln. Durch ständiges Starren wird die Augenmuskulatur träge und das Sehen erschwert. Augentraining kann helfen, Alterssichtigkeit vorzubeugen und hinauszuschieben. Durch Mobilitätsübungen wird beispielsweise die Durchblutung rund um das Augen angeregt und die Linse wieder elastischer.

Augentraining bei Schlaganfall

Augenschäden sind häufig das Resultat eines Schlaganfalls. Verantwortlich für die Sehstörung sind unter anderen bestimmte Hirnnerven, die Reize zu Augen schicken. Durch Augentraining sollen Patienten die gewohnte Sehleistung wiederherstellen. Hat der behandelnde Arzt diagnostiziert, welcher Sehausfall bei dem Schlaganfallpatienten vorliegt, können ausgebildete Augentrainer ein geeignetes Übungsprogramm für ihn entwickeln. Welche Übungen sich eignen ist individuell unterschiedlich. Sie werden meist in spezialisierten Instituten, mit Unterstützung von Trainingsprogrammen und oft am Bildschirm durchgeführt.

Augentraining bei Hornhautverkrümmung

Hornhautverkrümmungen Durch Augentraining kann man nicht jede Hornhautverkrümmung, die durch eine Verspannung der Augenmuskeln bedingt ist, mindern. In diesem Fall sind die Muskeln um das Auge nicht gleichmäßig angespannt und ziehen an der Hornhaut. Sie verkrümmt. Mit Harmonisierungsübungen kann man die Verspannung lösen, sodass sich auch die Hornhaut wieder normal auf das Auge legt. Ob die Übungen auch die Augenlänge, Krümmungen der Linse oder die Struktur der Hornhaut verändern können, ist umstritten. Augenärzte bezweifeln, dass dies möglich ist.

Augentraining bei ungleichen Augen

Bei manchen Menschen ist ein Auge kurzsichtig, das andere weitsichtig. Beim Sehen ohne Brille muss das Gehirn die unterschiedlichen Wahrnehmungen ständig ausgleichen, damit ein möglichst klares Bild entsteht. Oftmals "schalten" die Betroffenen ein Auge ab. Wie beim Schielen werden hier die Augen einzeln trainiert. Sie sollen lernen, ihre Muskulatur zu kontrollieren und sich so besser zu ergänzen.

Augentraining gegen Bildschirmschäden

Durch ständige Bildschirmarbeit trocknen die Augen aus. Es können Sehschwächen entstehen, denn das Auge sieht ständig in eine "Zwischendistanz" zwischen Ferne und Nähe und die Blaulichtanteile schädigen die Netzhaut dauerhaft. Sehtrainer empfehlen Entspannungsübungen, die die Bildschirmarbeit für die Augen erträglicher machen und Kurzsichtigkeit vorbeugen. Es reichen kleine regelmäßige Pausen, wie blinzeln oder der Blick in die Ferne. Durch die Erholung beim Palmieren werden die Augen wieder feuchter. Dabei legt man sich die Hände für einen Moment auf die geschlossenen Augen, bis man die Dunkelheit wahrnimmt und die Sehzellen entspannen. Für Menschen, die viel vor einem Bildschirm sitzen, macht Augentraining durchaus Sinn. Allein der Sehstress kann durch zwischenzeitliches Blicken in die Ferne nachweislich reduziert werden und Kopfschmerzen vorbeugen. Die Augen werden befeuchtet und der Lidschlag wieder häufiger. Leichte Übungen am Arbeitsplatz reichen aus, um einen Effekt zu erzielen. Experten raten außerdem, angebotene Sehuntersuchungen bei Bürojobs wahrzunehmen. Zum Beispiel kann eine perfekt angefertigte Brille den Blick auf Bildschirme entspannen.

Augentraining: welche Arten gibt es?

Je nach Sehstörung helfen unterschiedliche Übungen die Sehkraft zu verbessern. Das Angebot für Patienten reicht von zweitägigen Seminaren für rund 200 Euro, über kostenpflichtige und kostenlose Onlinekurse, bis hin zu Handbüchern bekannter Augentrainer.

Augentraining Apps und kostenlose Übungen

Im App Store oder im Internet finden sich zahlreiche kostenlose Übungsmöglichkeiten für Augentraining. Hier finden sich allerhand Entspannungsübungen, die vor allem Bildschirm bedingten Sehstress reduzieren und die Beweglichkeit der Augen fördern. Leichte Entspannungsübungen sind nicht schädlich und können ohne ärztliche Anleitung ausgeführt werden, zum Beispiel Zuhause oder am Arbeitsplatz. Wer allerdings eine starke Sehschwäche hat, die seit der Kindheit besteht, sollte die Übungen mit Vorsicht genießen. Falsch ausgeführtes Augentraining kann zusätzliche Sehschäden verursachen. Zum Beispiel können Entspannungsübungen im Nahbereich vor den Augen für Menschen mit einer Konvergenzschwäche, äußerst kontraproduktiv sein. Welche Augenübungen helfen, ist individuell unterschiedlich. Nicht jeder Kurzsichtige kommt mit demselben Übungsprogramm zurecht. Denn jedes Augenpaar funktioniert anders. Experten raten deshalb, die Ursache von Sehproblemen generell fachmedizinisch abklären zu lassen. Welche Augenübungen zu Ihrer Sehschwäche passen, können Sehtrainer dann mithilfe der ausführlichen Befundung eines Augenarztes ableiten. Manche Augentrainer kombinieren geeignete Sehübungen, zum Beispiel mit neurologisch wirksamer Akupunktur oder Lichttherapie.

Standardübungen und Palmieren

Ganz wichtig ist bei allen Sehtrainings das zwischenzeitliche Ausruhen der Augen. Das wird erreicht, indem man "palmiert". Dabei wärmt man die Hände durch Reiben etwas an und bedeckt mit der Handfläche die Augen, sodass diese vollkommen dunkel abgedeckt sind. Diese Dunkelheit wird so lange beibehalten, bis sie hinter den geschlossenen Lidern wahrnehmbar ist. Dann schalten auch die Sehzellen ab und das Auge entspannt. Eine spezielle Variante des Palmierens ist das Augensonnen, ein Schauen mit geschlossenen Augen in die Sonne. Die Wahrnehmung über die Lichteffekte ist heilsam, sagen Sehtrainer. Ihre Idee ist, mit der Wärme Krankheiten zu lindern. Dies hat der amerikanische Optometrist Jakob Liberman in seinen Werken ausführlich beschrieben. Allerdings dürfe man die Übung auf keinen Fall in der prallen Mittagssonne machen.

Augen-Yoga

Beim Augentraining nach William Bates haben viele Standard-Übungen mit Bewegungsabläufen zu tun. Wer zum Beispiel den Kopf und Oberkörper leicht von rechts nach links dreht, entspannt sich und regt gleichzeitig seine Durchblutung an. Eine weitere sehr bekannte Technik ist das Augen-Yoga. Dabei werden die Augen erst langsam nach links und rechts bewegt, nach oben und unten sowie diagonal nach rechts oben und links unten sowie umgekehrt. Man kann die Übung mit offenen oder geschlossenen Augen machen und für eine bessere Koordination auch den Finger zur Hilfe nehmen. Augen-Yoga soll die Muskulatur stärken und das Gesichtsfeld erweitern.

Augentraining mit Lochbrille und Rasterbrille

Wer eine Lochbrille oder Rasterbrille aufsetzt, schaut durch unterschiedliche Kreise und Quadrate. Diese Brillen werden als Lockerungshilfsmittel eingesetzt und helfen, wenn die Augen starren. Normalerweise sorgen Mikrobewegungen der Augenmuskulatur dafür, dass unsere Augen entspannen. Wenn man jedoch über lange Zeit auf einen Text oder einen Bildschirm starrt, nimmt diese Bewegung ab. Die Augen werden schwer. Loch- und Rasterbrillen regen die Mikrobewegungen wieder an, weil sich die Augen beim Blick durch die Quadrate und Kreise automatisch mehr bewegen. Anfänger sollen die Brillen nicht länger als drei bis vier Minuten aufsetzen. Wichtig ist außerdem, dass man dabei gemütlich umher spaziert, den Blick schweifen lässt und bewusst entspannt. Öfter als fünfmal am Tag sollte man Loch- oder Rasterbrillen nicht aufsetzen.

Schärfeverlagerung

Beim Augentraining wird durch bewusstes Fokussieren auch die Akkomodation und die Vergenz des Auges gestärkt. Die Akkomodation ist die Fähigkeit, Objekte zu fokussieren. Als Vergenz bezeichnet man entgegengesetzte Rotationsbewegungen der Augäpfel, wie zum Beispiel beim Schielen. Um Akkomodation und Vergenz zu trainieren, benötigt man bloß einen Finger. Hält man sich diesen mit einem Abstand von etwa 20 Zentimetern vor die Augen, kann man gleich zwei Übungen ausführen. Bei der ersten Übung wird die Schärfe zwischen Finger und Hintergrund immer abwechselnd verlagert. Die Augen wechseln sich dabei zwischen Nah- und Fernsicht ab. Dabei ist es wichtig, dass die Kurzsichtigen beim Finger beginnen, die Weitsichtigen in der Ferne. Bei der zweiten Übung bleibt der Fokus auf dem Finger. Man führt ihn zur Nase und wieder zurück, ohne dabei den Blick vom Finger abzuwenden. Die Übungen sorgen dafür, dass die Augenlinse länger beweglich bleibt und nicht so schnell verhärtet. Damit lässt sich eine Lesebrille zwar nicht verhindern, aber eventuell für einige Zeit hinausschieben.

Brille loswerden durch Augentraining?

Brille weg mit Augentraining? So leicht geht es dann doch nicht. Selbst, wenn man Augentrainern glaubt und davon absieht, dass der helfende Effekt der Übungen nicht wissenschaftlich belegt ist. Die Brille sollen Patienten auch mit Augentraining auf keinen Fall einfach weglassen. Experten raten sogar davon ab, sich zu früh von seiner Sehhilfe zu trennen. Denn: Ohne Brille steigt das Stresslevel für die Augenmuskulatur. Dabei soll es durch Augenübungen eigentlich gesenkt werden. Selbst wer durch die Augenübungen eine verbesserte Sehleistung spürt, schadet den Augen damit.

Fotocredit: Cookie Studio/Shutterstock

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