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"Sag beim Abschied leise Servus" – Hera Rauch schließt legendären Kostümverleih

Schriller Vogel und Münchner Original: In Hera Rauchs Kostümverleih in der Buttermelcherstraße gibt es nichts was es nicht gibt. Besser gesagt gab: Nach 17 Jahren ist Schluss.


„Nur noch ein Paar Plateauschuhe und eine riesige Sonnenbrille, dann ist das Outfit für die 70er-Jahre-Party perfekt!" - Hera Rauch wuselt durch ihren verwinkelten Laden, zieht eine Kiste hinter einem Kleiderständer hervor und zaubert ein paar bunte Plateauschuhe mit dickem Absatz heraus. Ihr kleiner Laden in der Buttermelcherstraße ist bis zur Decke gefüllt mit Kostümen und Verkleidungen, Perücken, Hüten, Smokings und Abendkleidern. „Es gibt nichts, was es hier nicht gibt", sagt die 61-Jährige stolz - etwa 3000 Stücke hat sie im Angebot, so schätzt sie, das Zählen hat sie schon lange aufgehört.

Doch nach knapp zwei Jahrzehnten gibt Hera Rauch ihren Kostümverleih nun auf: Ende des Jahres schließt sie ihre Schatztruhe in der Isarvorstadt für immer. Für Hera Rauch ist es das Ende einer Ära, ein bisschen Wehmut ist natürlich dabei - „aber knapp zwei Jahrzehnte sind einfach genug", sagt sie. Und sie hat bereits Zukunftspläne: „Ich will jetzt ein Buch über die Erlebnisse aus all den Jahren schreiben", sagt sie, „über die Promis und Stammkunden und die lustigen, tragischen und kuriosen Geschichten, die ich tagtäglich in meinem Kostümverleih erlebt habe."

1972 hatte Hera Rauch ihr Geschäft als Schneiderei-Betrieb gegründet, vor 17 Jahren entstand dann die Idee, einen Kostümverleih zu betreiben. „Mit fünf, zehn Kostümen hat damals alles angefangen", erinnert sie sich. Eine der ersten Anfragen eines potentiellen Kunden: Ob sie einen König Ludwig im Angebot habe. „Da bin ich losgezogen, habe Stoffe gekauft, und das royalblaue Jacket mit der roten Schärpe genäht."

Das Märchenprinz-Kostüm verleiht sie noch heute und ihr Laden ist über die Jahre zu einer wahren Institution inmitten der Isarvorstadt geworden: Aus ganz München kommen Kunden auf der Suche nach der perfekten Verkleidung oder dem Smoking für einen festlichen Anlass, viele selbstgeschneiderte Stücke hat sie europaweit verliehen.

„Hier im Kostümverleih ist kein Tag wie der andere", sagt Hera Rauch. „Eine Kundin braucht ein Tierkostüm, eine andere will als Kleopatra zur Motto-Party und der nächste Kunde ist auf der Suche nach Smoking und elegantem Abendkleid."

Rauch liebt es, extravagante Kostüme zu kreieern und die perfekten Outfits zusammenzustellen - „da kann ich meiner Kreativität freien Lauf lassen", schwärmt sie.

Ihre Schätze hat sie teils angekauft, selbst genäht oder von unzähligen Reisen aus der ganzen Welt mitgebracht. Und auch viele wertvolle Unikate gibt es in ihrem Fundus, beispielsweise Vintagekleider aus den 20er-Jahren oder Anzüge aus dem Besitz von Freddy

Mercury oder Rainer Werner Fassbinder, die ihr damals von den Erben zum Ankauf angeboten wurden. „Das habe ich beim Verleihen natürlich niemandem verraten", erinnert sich Rauch, „sonst hätte ich diese wertvollen Teile wohl nie wieder gesehen."

Nun freut sie sich darauf, all ihre Geschichten aufschreiben, beispielsweise die eines ganz besonderen Stammkunden. „Rudolph Moshammer kam häufiger vorbei - aber nicht um ein Kostüm zu leihen." Der Grund für die Besuche: Mosi hat der Kostümschneiderin angeboten, für ihn zu arbeiten. „Doch ich habe abgelehnt", sagt Rauch, „mein eigener Laden war mir damals einfach wichtiger."

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