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Diese Toiletten sind keine stillen Örtchen

Kreative Notdurft-Nutzung

München - Vom Restaurant über die BA-Servicestelle zur Kunstgalerie - Hallo präsentiert Münchens nicht ganz so stille stille Örtchen

Sie schlief im WC

Groß ist Johanna Eders zuhause auf Zeit nicht: Nur acht Quadratmeter misst das kleine Häuschen am Westeingang der Großmarkthalle. Auch die Innenausstattung klingt nicht besonders: die Wände deckenhoch gekachelt mit hellgelben Fliesen, fünf bodentiefe Urinale, eine Sichtschutzwand mit milchigen Glasbausteinen. Das kleine unscheinbare Gebäude an der Thalkirchner Straße 81 ist ein ehemaliges Klohäuschen - aber kein gewöhnliches.

Dass ihr Kunstprojekt auch die prekäre Wohnsituation in München thematisiert, ist Eder erst aufgefallen, als sie explizit darauf angesprochen wurde. „Doch wenn man darüber nachdenkt, stimmt das", sagt sie, „denn Knappheit zwingt Menschen dazu, in immer wohnfeindlichere Räume einzuziehen." Das Experiment würde sie durchaus wiederholen - trotzdem ist sie froh, über ihre eigenen vier Wände - in einer ganz gewöhnlichen Wohnung, unweit des Kolumbusplatzes.

Vanessa Hahn

Am Donnerstag, 20. September, öffnet Johanna Eder das Klohäuschen von 18 bis 19 Uhr. Das nächste Projekt soll Mitte Oktober stattfinden.

Ein Pissoir als Street-Art-Galerie?

Ein Klohäuschen als Leinwand für Graffiti - diese Idee stammt von Martin Arz, einem Verleger aus der Isarvorstadt. Den Vorschlag, das einstige Pissoir am Holzplatz beispielsweise mit Bildern von Freddie Mercury oder Rainer Werner Fassbinder umzugestalten, unterbreitete er bereits dem örtlichen Bezirksausschuss - und der zeigte sich angetan ( Hallo berichtete). Denn: Das verwahrloste Klohäuschen im Herzen des Glockenbachviertels ist Viertelpolitikern und auch vielen Anwohnern ein Dorn im Auge. Doch, so schön die Idee, so schwer die Umsetzung. Prinzipiell kann sich zwar jeder mit einem Konzept für eine Umgestaltung bewerben, aber das Problem sind die hohen Kosten", erklärt Birgit Unterhuber von Kommunalreferat.

Café schlürfen in Bedürfnisanstalt Die Not mit der Notdurft

Schließungswelle: Insgesamt knapp 30 Klohäuschen im gesamten Stadtgebiet wurden im Zeitraum von 1992 bis 1994 aus finanziellen Gründen geschlossen, erklärt das Kommunalreferat.

Einst Klo - jetzt Bürgerbüro Laura Felbinger Gartelkunde in der WC-Anlage

Vor mehr als einem Jahrhundert, nämlich im Jahre 1905, wurde eine kleine öffentliche Toilette auf dem Gelände der Carl-von-Linde-Realschule gebaut. In den 60er-Jahren wurde das runde Gebäude mit Türmchen dann geschlossen und erst vor knapp einem Jahrzehnt restauriert. „Heute dient es als Unterrichtsraum - vor allem in Verbindung mit dem Schulgarten", erzählt Friedrich Hahnel vom Sekretariat. „Unsere Schüler sind beim Garteln sehr aktiv und stellen sogar ihren eigenen Honig her."

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