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Am Hauptbahnhof: Neuer Platz erinnert an Hitler-Gegner

Ein namenloser Platz beim Hauptbahnhof heißt nun Karl-Stützel-Platz. Die Stadt München würdigt damit einen vehementen Hitler-Gegner.

In der Maxvorstadt schließt sich der Ring der Geschichte: Bisher kannten die meisten Münchner die Stelle an der Kreuzung Elisen-/Luisenstraße vor allem wegen des großen roten Metall-Rings, der hier als Kunstwerk aufgestellt ist. Seit gestern hat der Platz nun einen Namen: Bisher namenlos, heißt er nun ganz offiziell Karl-Stützel-Platz. Die Stadt würdigt damit einen Mann, der in München vehementen Widerstand gegen die Nationalsozialisten leistete: Der einstige bayerische Innenminister Karl Stützel kämpfte mit aller Kraft gegen das NS-Regime und versuchte bis zuletzt, die Machtergreifung Adolf Hitlers zu verhindern.

Karl Stützels Nachkommen waren beim feierlichen Anbringen der Schilder dabei. Die Freude über den neuen Namen des Platzes war ihnen anzusehen. Unter den Gästen war auch Eva Rambichler (82): Sie ist die letzte noch lebende Enkelin Stützels. An ihren Großvater erinnert sie sich gern: Er sei ein toller Geschichtenerzähler gewesen und habe Rambichler und ihren drei Geschwistern immer Wärme, Sicherheit und Geborgenheit geschenkt. „Und das, obwohl der Opa selbst sein Leben lang in größter Unsicherheit, Sorge und ständiger Angst lebte." Die Besuche des Großvaters bei der Familie in Salzburg spendeten häufig Kraft und Trost: Nach dem frühen Tod von Rambichlers Vater musste die Mutter die vier Kinder alleine aufziehen.

Karl-Stützel-Platz in München: Nachkommen freuen sich über „schöne Wertschätzung"

Dass ihrem Großvater nun ein Münchner Platz gewidmet wird, erfüllt Eva Rambichler und die gesamte Verwandtschaft mit großem Stolz. „Es ist eine schöne Wertschätzung seines politischen Engagements und ein Zeichen gegen das Vergessen", so Stützels Enkelin.

Auch Urenkel Michael Stützel (51) freut sich, dass der Platz künftig den Familiennamen trägt. Auch wenn er seinen Uropa nicht mehr persönlich kennengelernt hat: Dass er als bedeutender Widerstandskämpfer der Nazi-Zeit gilt, erfüllt den Urenkel mit Ehrfurcht. Die Nachfahren Stützels leben mittlerweile in ganz Deutschland. „Aber Opas Platz mitten in München, das verbindet uns." Am neuen Karl-Stützel-Platz, eingebettet zwischen Altem Botanischen Garten und Hauptbahnhof, kommen täglich viele Menschen vorbei. Die Nachfahren hoffen, dass einige von ihnen innehalten und sich intensiver mit dem Namensgeber und seiner Biografie auseinandersetzen.

Karl-Stützel-Platz in München: Hitler fürchtete den Namensgeber

Tatsache ist: Den Namensgeber fürchtete sogar Adolf Hitler. 1924 wurde Karl Stützel zum Bayerischen Staatsminister des Innern ernannt und leistete fortan tatkräftig Widerstand gegen die Nazis. Er war ein entschiedener Gegner der NSDAP, verhängte 1925 ein Redeverbot gegen Adolf Hitler, erließ ein Uniformverbot und verbot zeitweise SA und SS. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde er 1933 von der SS verhaftet und abgesetzt. Er lebte bis zu seinem Tod 1944 in München.

Trotz seiner bedeutenden Biografie ist Stützels Name den wenigsten Menschen ein Begriff. Mehr als sieben Jahrzehnte nach seinem Tod könnte sich das durch den neuen Karl-Stützel-Platz ändern.

Vanessa Hahn
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