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Probleme mit dem Nachbarn (neues deutschland)

Von Ullrich Kroemer, Leipzig

An diesem Freitag empfängt RB Leipzig den FC Erzgebirge. Aue pflegt keine Beziehung zu RB - im Gegensatz zu zwei sächsischen Konkurrenten.

Fahren oder nicht fahren? Die Fans von Erzgebirge Aue haben lange mit sich gerungen, ob sie die Reise zum Spiel bei RasenBallsport Leipzig antreten sollen. Wie viele Anhänger von Traditionsvereinen in der 2. Liga erwogen auch die Auer den Boykott der Partie gegen RB. Schließlich entschieden sie sich, ihre Mannschaft doch beim verhassten Retortenklub zu unterstützen - und werden am Freitagabend mit 4500 Unterstützern im Stadion sein. "Ein komisches Gefühl" sei es dennoch, sagte Aue-Fan Jörg Püschmann, da "Rasenballsport kein wirklicher Verein ist, sondern bloß eine Werbeveranstaltung. Da kommt es einem so vor, als würde man nur zur Präsentation eines Produktes fahren."

Geteilt wurde die Abneigung gegen RB Leipzig auch von Aues Präsident Lothar Lässig. Der Klubboss hatte vor einem Jahr gemeinsam mit Kollegen von Energie Cottbus und Dynamo Dresden öffentlich über den neuen Konkurrenten aus der Messestadt gelästert. Dass RB die besten Talente aus der Region abwirbt, erzürnt die etablierten Klubs im Osten Deutschlands. Lässig drohte sogar, dass Auer Nachwuchsteams ihre Spiele gegen die Leipziger verweigern.

Dass auch Funktionäre so denken, hatte eine neue Qualität. Mit solchen Überlegungen benutze Aues Präsident die Kinder und Jugendlichen aus seinem Verein als "Spielball für alles andere als hehre Interessen", konterte RB-Nachwuchsleiter Frieder Schrof. Es müsse die Frage erlaubt sein, ob "nicht dem Vorschub geleistet wird, wogegen 99,9 Prozent der Vereins- und Verbandsfunktionäre ankämpfen: Unfairness und Gewalt im Sport."

Etwa ein Jahr nach den gegenseitigen Vorwürfen, sind die Konkurrenten aus der Region im Begriff, sich mit dem übermächtigen Gegner zu arrangieren. Nicht bei den Profis, da herrscht Funkstille zwischen den Verantwortlichen. Funktionäre aus Dresden, Aue und vom 1. FC Union Berlin wollten sich nicht zum Verhältnis zu RB äußern. Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick sagt zur Beziehung zu Erzgebirge Aue nur: "Aus meiner Sicht gibt es kein Verhältnis, also weder positiv noch negativ."

Im Nachwuchs jedoch hat sich das Klima gewandelt. Offiziell erteilt RB keine Auskünfte über die Beziehungen zu anderen Klubs und unterband die Veröffentlichung von Zitaten der nd-Gesprächspartner. Doch nach Informationen dieser Zeitung haben die Leipziger Kontakte zu Dynamo Dresden und dem Chemnitzer FC. Es habe bislang geheime Gespräche mit Vereins- und Nachwuchsverantwortlichen der sächsischen Nachbarn gegeben, bei denen Kooperationen im Jugendbereich vereinbart wurden. Laut Heiko Nowak, CFC-Nachwuchschef, fanden Verhandlungen statt. "Momentan ruhen die Gespräche aber, wir sind zu keiner Einigung gekommen", sagt Nowak. Da eine Kooperation mit RB Zündstoff für die Fans darstellt, soll sich Dynamo Dresden erbeten haben, die Zusammenarbeit nicht öffentlich zu machen.

Konkret sei abgesprochen worden, wie man bei Vereinswechseln von Talenten miteinander umgeht und wie man sie abwickelt. Bislang lief das so: Dynamo ließ ein Toptalent nach Leipzig ziehen und bekam dafür drei Spieler zurück, die in Leipzig aussortiert wurden. Insgesamt wurden etwa 35 der 200 RB-Talente von Klubs aus der Region abgeworben. Viele Trainer und Verantwortliche der RB-Nachwuchsabteilung hoffen auf ein besseres Verhältnis zu den Klubs in der Region. Sagen dürfen sie das jedoch nicht öffentlich. Die meisten gegnerischen Fans dürften daran kein Interesse haben. Für die Unterstützer der Kampagne "nein-zu-rb.de" - darunter Fangruppen aus Aue, Erfurt und Cottbus - ist der Klub nicht existent. Sie führen ihre eigene Tabelle mit nur 17 Teams in der 2. Liga - RB Leipzig fehlt.

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