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Unsere Heldin Jane Fonda

Es gibt berühmte Persönlichkeiten, die man toll findet ­– und man weiß nicht genau, warum. Und dann ist da noch Jane Fonda. Es gibt etwa 1000 Gründe, sie zu lieben, findet femininINNEN-AutorIN Tina Epking.


An manchen Tagen gucke ich morgens in den Spiegel, und mir fällt mal wieder auf, dass ich schon länger nicht mehr 25 bin. Manchmal mache ich mir dann ganz kurz Sorgen und frage mich, wie es wohl sein wird, wenn ich alt bin – aber dann denke ich einfach an Jane Fonda. Denn sie war nicht nur immer schon der Hammer. Das Tollste an ihr ist, dass sie immer noch großartiger wird. Mit jedem Jahr ein bisschen mehr.

Eine meiner ehemaligen ChefINNEN sagte immer: „Kinder, verlasst euch nicht auf euer Aussehen, denn das bleibt nicht. Verlasst euch auf das, was hier drin ist". Dabei tippte sie sich an den Kopf. Jane Fonda scheint das ähnlich zu sehen: Denn auch wenn sie schon immer schön war, hat die Hollywoodikone sich nie auf ihre Attraktivität verlassen. Sie hat sich auch nicht auf ihr außergewöhnliches Talent als Schauspielerin verlassen. Fonda hat sich weitergebildet, in die verschiedensten Thematiken eingearbeitet und sich seit vielen Jahrzehnten politisch engagiert. Spätestens seit Oktober 2019 weiß das die ganze Welt. Denn da entstand ein Foto, auf dem sie in Handschellen abgeführt wird. „Jane Fonda bei Klimaprotesten verhaftet" stand zum Beispiel darunter. Es war ihre fünfte Verhaftung in Folge - und die Schauspielerin sichtlich stolz darauf.

Es gibt viele Menschen, die berühmt oder beliebt sind, aber man weiß bei manchen nicht so recht, warum. Bei Jane Fonda ist das anders: Es gibt etwa 1000 Gründe, sie zu lieben, finde ich. Ihr Fitness-Buch aus dem Jahr 1983 trägt den Titel „Ich fühle mich gut" – und tatsächlich sorgt Jane Fonda dafür, dass ich mich besser fühle. Allein eine Folge von „Grace und Frankie" macht mich ein bisschen glücklicher. Nicht nur, weil sie witzig ist, sondern weil ich es mag, der 83-Jährigen dabei zuzusehen, wie sie beherrscht, was sie tut und offensichtlich große Freude daran hat. Sie lässt mich vor dem Bildschirm sitzen und lächeln.

Ich war noch nie ein Fangirl, Jane Fonda aber ist ein Vorbild für mich. Ich bewundere sie. Die Schauspielerin vereint so vieles, was ich als gut und richtig empfinde. Da ist nicht nur diese Stärke, der Mut, die Willenskraft und die Leidenschaft, mit der sie alles tut, was sie tut, sondern sie ist außerdem für mich das, was man heute so gern „authentisch" nennt. Die Frau, macht, was sie will: Selbst, wenn sie dafür auf dem Polizeirevier landet oder angefeindet wird. Sie ist eine Kämpferin, eine, die nie aufgibt. Eine, die sich immer wieder verändert, um sich selbst treu zu bleiben. Robert Redford sagte übrigens einmal über sie: „Jane nimmt das Leben mit Humor, aber sie war von Anfang an ehrlich mit ihren Zweifeln, Ängsten und Frustrationen." Man glaubt es ihm sofort.

Cool ist sie auch noch. In der großartigen HBO-Dokumentation „Jane Fonda in Five Acts" erzählt die 83-Jährige trocken, dass sie es nervt, dass es bei den Golden Globes, für die sie gerade geschminkt wird, nur Wein gibt. Als der Make-up-Artist fragt, ob sie dort denn keinen Champagner servieren würden, antwortet Fonda: „Ich trinke keinen Champagner, ich trinke Wodka". Zu den Oscar-Verleihungen, bei denen sie zweimal gewann, machte sie übrigens ihr Make-up und Styling selbst. Von Staralluren keine Spur.

Wir kennen sie als Fitnessikone, Barbarella oder eben als Grace, aber Jane Fonda ist so viel mehr als der oberflächliche Hollywoodstar, für den man sie bei erster Betrachtung halten könnte - und den sie als junge Frau gern für ihr Publikum verkörpert hat. Tochter eines berühmten Schauspielers, beschloss sie mit Anfang 20, dass auch sie auf die Bühne möchte und lernte bei Lee Strasberg, der sofort sah, dass mehr hinter der Fassade dieses hübschen, zurückhaltenden Mädchens steckte, die für die anderen vor allem die Tochter des berühmten Peter Fonda war. Über ihre Mutter liest man nicht oft: Jane war zwölf, als diese sich mit einer Rasierklinge die Kehle durchschnitt. Ihr sagte man, sie sei an einem Herzinfarkt gestorben. Erst ein Jahr später erfuhr sie aus der Presse, was wirklich geschehen war. Ihr Vater hatte zum Zeitpunkt des Suizids längst eine andere FreundIN, die er nicht viel später heiratete. Er reiste nach der schrecklichen Mitteilung sofort wieder ab, um zu arbeiten. Allein diese Geschichte lässt erkennen, warum Jane Fonda so stark werden musste, wie sie heute wirkt.

Fonda vereinte Gegensätze, blieb dabei aber, wie ich finde, immer glaubwürdig. Sie machte sich für die Rechte von Native Americans und die Black Panthers stark, demonstrierte gegen den Vietnamkrieg, war Sexsymbol und CharakterdarstellerIN zugleich. Fonda war sich nie zu fein dafür, sich auf die Straße zu stellen und zu protestieren. Sie flog sogar persönlich nach Vietnam, um auf die Situation dort aufmerksam zu machen. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass Jane Fonda die Welt verändert hat. Einer ihrer größten Filmerfolge war der Film „Das China-Syndrom" aus dem Jahr 1979, bei der es um die Gefahr von Kernkraftwerken geht. Er führte zu einer Diskussion über Kernenergie weltweit.

Fonda gab zwar die ersten Jahre ihrer Karriere das harmlose good girl, blinkerte mit den großen Augen und vertrat mehrere Jahrzehnte eine ziemlich heftige Linie, wenn es um Fitness ging. Dass die Produktion des ersten Fitnessvideos nur stattfand, weil sie und ihr Mann damit eine politische Kampagne finanzieren wollten, ist aber eher unbekannt.

Auch wenn das Pogewackel in ihren Fitnessvideos oder der Strip der Barbarella nicht gerade feministisch wirken, hat sich Fonda sehr wohl für Frauen eingesetzt. In dem sie immer das getan hat, was sie tun wollte, und so mehr Macht in Hollywood bekam als mancher Mann sie jemals haben wird. Zum Thema Feminismus sagte sie einmal in einem Interview mit der Berliner Zeitung: „Feminismus hat einfach nichts damit zu tun, ob man Make-up trägt oder nicht. Es geht dabei um die eigene Selbstwahrnehmung! Darum, dass sich Frauen darüber im Klaren sind, dass sie ein Grundrecht darauf haben, sich selbst zu verwirklichen. Egal, ob sie zu Hause bleiben, Kinder aufziehen oder im Beruf Karriere machen. Sie haben das Recht auf gleichen Zugang, gleiche Möglichkeiten wie ein Mann. Das ist Feminismus". Auch das kann ich so unterschreiben.

Besonders an Jane Fonda mag ich aber, dass sie Fehler eingestehen kann. Sie spricht ganz offen darüber, dass sie 30 Jahre unter Bulimie und Anorexie gelitten hat, beim Dreh von Barbarella permanent betrunken war, eine Zeit lang Speed genommen und sich zugunsten ihres politischen Engagements zeitweise zu wenig um ihre erste Tochter gekümmert hat. Auch für ihre stark kritisierten Auftritte mit vietnamesischen Soldaten während des Krieges, die ihr den Namen „Hanoi Jane" einbrachten, entschuldigte sie sich Jahre später. Neben der GöttIN, die ich in ihr sehe, ist sie eben auch nur ein Mensch. Deswegen finde ich so übrigens noch toller.

Es gibt berühmte Persönlichkeiten, die man toll findet ­- und man weiß nicht genau, warum. Und dann ist da noch Jane Fonda. Es gibt etwa 1000 Gründe, sie zu lieben, findet femininINNEN-AutorIN Tina Epking.
Von Tina Epking

An manchen Tagen gucke ich morgens in den Spiegel, und mir fällt mal wieder auf, dass ich schon länger nicht mehr 25 bin. Manchmal mache ich mir dann ganz kurz Sorgen und frage mich, wie es wohl sein wird, wenn ich alt bin - aber dann denke ich einfach an Jane Fonda. Denn sie war nicht nur immer schon der Hammer. Das Tollste an ihr ist, dass sie immer noch großartiger wird. Mit jedem Jahr ein bisschen mehr.

Eine meiner ehemaligen ChefINNEN sagte immer: „Kinder, verlasst euch nicht auf euer Aussehen, denn das bleibt nicht. Verlasst euch auf das, was hier drin ist". Dabei tippte sie sich an den Kopf. Jane Fonda scheint das ähnlich zu sehen: Denn auch wenn sie schon immer schön war, hat die Hollywoodikone sich nie auf ihre Attraktivität verlassen. Sie hat sich auch nicht auf ihr außergewöhnliches Talent als Schauspielerin verlassen. Fonda hat sich weitergebildet, in die verschiedensten Thematiken eingearbeitet und sich seit vielen Jahrzehnten politisch engagiert. Spätestens seit Oktober 2019 weiß das die ganze Welt. Denn da entstand ein Foto, auf dem sie in Handschellen abgeführt wird. „Jane Fonda bei Klimaprotesten verhaftet" stand zum Beispiel darunter. Es war ihre fünfte Verhaftung in Folge - und die Schauspielerin sichtlich stolz darauf.

Es gibt viele Menschen, die berühmt oder beliebt sind, aber man weiß bei manchen nicht so recht, warum. Bei Jane Fonda ist das anders: Es gibt etwa 1000 Gründe, sie zu lieben, finde ich. Ihr Fitness-Buch aus dem Jahr 1983 trägt den Titel „Ich fühle mich gut" - und tatsächlich sorgt Jane Fonda dafür, dass ich mich besser fühle. Allein eine Folge von „Grace und Frankie" macht mich ein bisschen glücklicher. Nicht nur, weil sie witzig ist, sondern weil ich es mag, der 83-Jährigen dabei zuzusehen, wie sie beherrscht, was sie tut und offensichtlich große Freude daran hat. Sie lässt mich vor dem Bildschirm sitzen und lächeln.

Ich war noch nie ein Fangirl, Jane Fonda aber ist ein Vorbild für mich. Ich bewundere sie. Die Schauspielerin vereint so vieles, was ich als gut und richtig empfinde. Da ist nicht nur diese Stärke, der Mut, die Willenskraft und die Leidenschaft, mit der sie alles tut, was sie tut, sondern sie ist außerdem für mich das, was man heute so gern „authentisch" nennt. Die Frau, macht, was sie will: Selbst, wenn sie dafür auf dem Polizeirevier landet oder angefeindet wird. Sie ist eine Kämpferin, eine, die nie aufgibt. Eine, die sich immer wieder verändert, um sich selbst treu zu bleiben. Robert Redford sagte übrigens einmal über sie: „Jane nimmt das Leben mit Humor, aber sie war von Anfang an ehrlich mit ihren Zweifeln, Ängsten und Frustrationen." Man glaubt es ihm sofort.

Cool ist sie auch noch. In der großartigen HBO-Dokumentation „Jane Fonda in Five Acts" erzählt die 83-Jährige trocken, dass sie es nervt, dass es bei den Golden Globes, für die sie gerade geschminkt wird, nur Wein gibt. Als der Make-up-Artist fragt, ob sie dort denn keinen Champagner servieren würden, antwortet Fonda: „Ich trinke keinen Champagner, ich trinke Wodka". Zu den Oscar-Verleihungen, bei denen sie zweimal gewann, machte sie übrigens ihr Make-up und Styling selbst. Von Staralluren keine Spur.

Wir kennen sie als Fitnessikone, Barbarella oder eben als Grace, aber Jane Fonda ist so viel mehr als der oberflächliche Hollywoodstar, für den man sie bei erster Betrachtung halten könnte - und den sie als junge Frau gern für ihr Publikum verkörpert hat. Tochter eines berühmten Schauspielers, beschloss sie mit Anfang 20, dass auch sie auf die Bühne möchte und lernte bei Lee Strasberg, der sofort sah, dass mehr hinter der Fassade dieses hübschen, zurückhaltenden Mädchens steckte, die für die anderen vor allem die Tochter des berühmten Peter Fonda war. Über ihre Mutter liest man nicht oft: Jane war zwölf, als diese sich mit einer Rasierklinge die Kehle durchschnitt. Ihr sagte man, sie sei an einem Herzinfarkt gestorben. Erst ein Jahr später erfuhr sie aus der Presse, was wirklich geschehen war. Ihr Vater hatte zum Zeitpunkt des Suizids längst eine andere FreundIN, die er nicht viel später heiratete. Er reiste nach der schrecklichen Mitteilung sofort wieder ab, um zu arbeiten. Allein diese Geschichte lässt erkennen, warum Jane Fonda so stark werden musste, wie sie heute wirkt.

Fonda vereinte Gegensätze, blieb dabei aber, wie ich finde, immer glaubwürdig. Sie machte sich für die Rechte von Native Americans und die Black Panthers stark, demonstrierte gegen den Vietnamkrieg, war Sexsymbol und CharakterdarstellerIN zugleich. Fonda war sich nie zu fein dafür, sich auf die Straße zu stellen und zu protestieren. Sie flog sogar persönlich nach Vietnam, um auf die Situation dort aufmerksam zu machen. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass Jane Fonda die Welt verändert hat. Einer ihrer größten Filmerfolge war der Film „Das China-Syndrom" aus dem Jahr 1979, bei der es um die Gefahr von Kernkraftwerken geht. Er führte zu einer Diskussion über Kernenergie weltweit.

Fonda gab zwar die ersten Jahre ihrer Karriere das harmlose good girl, blinkerte mit den großen Augen und vertrat mehrere Jahrzehnte eine ziemlich heftige Linie, wenn es um Fitness ging. Dass die Produktion des ersten Fitnessvideos nur stattfand, weil sie und ihr Mann damit eine politische Kampagne finanzieren wollten, ist aber eher unbekannt.

Auch wenn das Pogewackel in ihren Fitnessvideos oder der Strip der Barbarella nicht gerade feministisch wirken, hat sich Fonda sehr wohl für Frauen eingesetzt. In dem sie immer das getan hat, was sie tun wollte, und so mehr Macht in Hollywood bekam als mancher Mann sie jemals haben wird. Zum Thema Feminismus sagte sie einmal in einem Interview mit der Berliner Zeitung: „Feminismus hat einfach nichts damit zu tun, ob man Make-up trägt oder nicht. Es geht dabei um die eigene Selbstwahrnehmung! Darum, dass sich Frauen darüber im Klaren sind, dass sie ein Grundrecht darauf haben, sich selbst zu verwirklichen. Egal, ob sie zu Hause bleiben, Kinder aufziehen oder im Beruf Karriere machen. Sie haben das Recht auf gleichen Zugang, gleiche Möglichkeiten wie ein Mann. Das ist Feminismus". Auch das kann ich so unterschreiben.

Besonders an Jane Fonda mag ich aber, dass sie Fehler eingestehen kann. Sie spricht ganz offen darüber, dass sie 30 Jahre unter Bulimie und Anorexie gelitten hat, beim Dreh von Barbarella permanent betrunken war, eine Zeit lang Speed genommen und sich zugunsten ihres politischen Engagements zeitweise zu wenig um ihre erste Tochter gekümmert hat. Auch für ihre stark kritisierten Auftritte mit vietnamesischen Soldaten während des Krieges, die ihr den Namen „Hanoi Jane" einbrachten, entschuldigte sie sich Jahre später. Neben der GöttIN, die ich in ihr sehe, ist sie eben auch nur ein Mensch. Deswegen finde ich so übrigens noch toller.

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