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Arminia Bielefeld steigt in die Bundesliga auf: Ein wahrer Almtraum


Abstiege, Schulden, Beinahe-Insolvenz: Arminia Bielefeld war zwischenzeitlich sehr weit weg von der Bundesliga, nun ist der Klub nach elf Jahren zurück. Mit viel Hoffnung, Fabian Klos und einem No-Name-Kader.


Der König gehörte zu den ersten Gratulanten. Es war erst wenige Minuten her, seitdem das 1:1 zwischen dem Hamburger SV und dem VfL Osnabrück letzte Zweifel an einem Aufstieg von Arminia Bielefeld zerstreut hatte, als Artur Wichniarek eine Videobotschaft verschickte. Wichniarek, 43, ist bis heute der Schütze des letzten Bundesliga-Treffers von Bielefeld, das war im Mai 2009. Es hat überhaupt niemand mehr Tore in der Bundesliga für den Klub erzielt als Wichniarek, den sie in Ostwestfalen noch heute "König Artur" nennen.


"Glückwunsch, Arminia", sagte also König Artur, der viele Jahre das Gesicht der Bielefelder Mannschaft war, und dann lobte er den Mann, der das heute ist. "Er hat natürlich einen großen Anteil gehabt", sagte Wichniarek und sprach über Fabian Klos, Kapitän und Torjäger der Arminia. Denn mit dem Bundesliga-Aufstieg der Bielefelder, es ist der achte der Vereinsgeschichte, nur Nürnberg kann da mithalten, ist es ja so: Man könnte einige schöne Geschichten schreiben, doch es ist die Erzählung über Klos, die beinahe alle Kapitel verbindet (Lesen Sie hier mehr über Fabian Klos).


Klos war nie in einem Nachwuchsleistungszentrum, seine Karriere hat er in der Kreisliga begonnen und beinahe wäre er Bankkaufmann geworden und nicht Fußballprofi. Als Wichniarek vor elf Jahren ein letztes Mal für Bielefeld traf, spielte Klos in der Oberliga für den MTV Gifhorn. Mittlerweile ist er seit neun Jahren in Bielefeld, er ist mit dem Verein zweimal in die zweite Liga auf- und einmal wieder abgestiegen, in 324 Pflichtspielen hat er 150 Tore erzielt. Nur in der Bundesliga hat Klos noch nie gespielt.


Viel mehr als nur Klos

Am Montag, beim 4:0 gegen Dynamo Dresden, hat Klos bereits zum 19. Mal in dieser Saison getroffen, er könnte auch noch Torschützenkönig werden. Es wäre also eher keine Überraschung, wenn man den Aufstieg sehr eng mit der Personalie Klos verknüpfen würde. Dabei ist Bielefeld noch viel mehr als nur Klos, wie der Blick auf die Tabelle zeigt: Keine Mannschaft hat öfter gewonnen (16 Siege), keine seltener verloren (zwei Niederlagen), keine weniger Gegentore kassiert.


Man landet dann schnell bei Uwe Neuhaus, dem Trainer von Arminia Bielefeld. Als Neuhaus im Dezember 2018 das Traineramt übernahm, stand Bielefeld auf Platz 14, seitdem holte die Mannschaft im Schnitt 1,92 Punkte pro Spiel. Und es war sehr bald zu sehen, welche Art von Fußball Neuhaus mag: Offensiv soll es sein im 4-3-3 und schön anzuschauen, gern mit flachen Kurzpässen. "So etwas wie die Spielidee von Uwe Neuhaus, und vor allem, wie sie erarbeitet und umgesetzt wird, habe ich noch nicht erlebt", hat Klos kürzlich in einem "11 Freunde"-Interview gesagt.


Und tatsächlich hat Neuhaus in Bielefeld eine Mannschaft um den Torhüter Stefan Ortega, den Flügelspieler Jonathan Clauss und Andreas Voglsammer, den zweiten Torjäger neben Klos, geformt, die seit dem 15. Spieltag Tabellenführer der zweiten Liga ist. Von der vermeintlichen individuellen Überlegenheit der Konkurrenz aus Hamburg und Stuttgart hat man zuletzt wenig gesehen. "Es war ein überragendes Jahr", sagt dann auch Neuhaus, der sonst eher kein Mann für Superlative ist.


Gesucht: Passende Zugänge für wenig Geld

Es ist eine Entwicklung, mit der vor gar nicht allzu langer Zeit eher nicht zu rechnen war. Seit 2009 hat Arminia Bielefeld drei Jahre in der dritten Liga gespielt und sieben in der zweiten und mit dem sportlichen Niedergang ging ein Anstieg der Verschuldung einher, Ende 2017 waren es 29 Millionen Euro. Es war die Zeit der Albträume, nicht nur einmal drohte Bielefeld in dieser Zeit die Insolvenz. Dann schlossen sich regionale Unternehmer als "Bündnis Ostwestfalen" zusammen und trugen viel Kapital zur Entschuldung des Vereins bei.


Über ein besonders großes Budget wird Samir Arabi, der Geschäftsführer Sport, in der Bundesliga dennoch nicht verfügen. Es ist eher so, dass sie in Bielefeld in finanzieller Hinsicht die Außenseiterposition des ostwestfälischen Nachbarn SC Paderborn einnehmen könnten. Die Frage ist nun: Gelingt es Arabi und Arminia auch in diesem Sommer, für wenig Geld die passenden Zugänge zu holen? Vor der laufenden Saison verpflichtete Bielefeld etwa Joakim Nilsson aus Schwedens erster Liga, heute ist er Abwehrchef. Oder den Spielmacher Marcel Hartel, dessen Dribblings und Pässe Zweitligaverteidiger vor Probleme gestellt haben, obwohl ihm zuvor weder beim 1. FC Köln noch bei Union Berlin der Durchbruch gelungen war.


Gesucht wird nun unter anderem ein Mann für die offensive Außenbahn: Jonathan Clauss, den Arabi vor zwei Jahren aus Frankreichs dritter Liga geholt hatte, wechselt ablösefrei zum Erstliga-Aufsteiger RC Lens. Dort, so war es zu lesen, kann er mehr Geld verdienen als in Bielefeld.


Die Zeiten der Albträume, so scheint es, sind trotzdem erst einmal vorbei in Bielefeld. In Anlehnung an das Stadion, das einst schlicht Alm hieß, könnte man sagen: Dies ist nun die Zeit für Almträume.

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