Terence Hill prügelte sich, zusammen mit seinem Kumpel Bud Spencer, sprücheklopfend durchs europäische 70er-Jahre-Kino. In den 80ern brachten ihre Filme die heimischen Videorekorder zum Glühen. Nun wird der blauäugige Italo-Amerikaner 75 Jahre alt.
Zack, ein Schlag von rechts und Zong, noch einen von links und zum Schluss gibt's noch einen deftigen Hieb - mitten in die Fresse. Die Gegner taumeln grinsend zu Boden. "Der müde Joe" (Terence Hill) und "Der Kleine" (Bud Spencer) grinsen sich an. Sie haben soeben einer ganzen Horde Halunken die Blödheit aus- oder eingeprügelt (liegt im Auge des Betrachters). Noch ein flapsiger Spruch in die Szenerie geworfen und ein weiteres Tagewerk ist vollbracht. Schnitt.
"Die rechte und die linke Hand des Teufels" (so der deutsche Titel des ersten komödiantischen Hill/Spencer-Westerns 1970) hatten mit ihrem Hau-Drauf-Klamauk Kinogeschichte geschrieben. Sie führten mit ihrem Abgesang auf die harten Italo-Western der 1960er, unter der Regie von Enzo Barboni, das Genre der Prügel-Komödie in die europäischen Kinos ein. Hill und Spencer legten damit den Grundstein ihrer fast fünfzehnjährigen erfolgreichen Zusammenarbeit und schufen gleichzeitig den Auftakt einer ganzen Reihe von Western,- Abenteuer und Gaunerkomödien. Die Handlung stand bei diesen Projekten nicht immer im Vordergrund. Der Kernpunkt lag im Verdreschen von bösen Buben, garniert mit lockeren Sprüchen, und der Sound einer Schelle musste klatschend durch den Kinosaal peitschen. Das Rezept ging auf.
Terence Hill und Bud Spencer drehten 17 gemeinsame Filme. Ihre zweite Western-Parodie "Vier Fäuste für ein Halleluja" (1971) lockte in Deutschland fast zwölf Millionen Zuschauer in die Kinos und gilt unter Fans als einer ihrer besten Filme. Die Mischung vom schlagfertigen, smarten Hill und seinem gutmütigen, bärenstarken Partner Spencer traf den Nerv des damaligen Publikums. Heute wirken ihre Filme etwas angestaubt, altbacken und zum Teil ein bisschen kindisch. Hill und Spencers Film-Charaktere tragen ihr Herz aber stets auf dem rechten Fleck, die Geschichten sind simpel und haben einen extrem hohen Unterhaltungswert.
Dramaturgie und Anspruch werden von den beiden Schauspielern zwar, zusammen mit ihren Gegnern, aus dem Bild geprügelt, dennoch versprüht die Naivität und Einfachheit der filmischen Struktur und ihrer Protagonisten einen ganz ureigenen Charme. Der ungebrochene Erfolg eines ganzen Jahrzehnts spricht für sich.
Aus Mario wird Terence oder "Gott vergibt ... Django nie!"
Im Alter von zwölf Jahren hatte Terence Hill in dem italienischen Film "Vacanze col gangster" (1951) sein Filmdebüt und entschied sich, in der Folgezeit seinen Lebensunterhalt mit der Schauspielkunst zu verdienen. Er schlug sich mit vielen kleinen und größeren Produktionen durch und war in den 1960ern auch in einigen Karl-May-Verfilmungen zu sehen. In diesen Jahren arbeitete der am 29. März 1939 in Venedig geborene Hill noch unter seinem bürgerlichen Namen Mario Girotti.
Als der italienische Schauspieler Peter Martell verletzungsbedingt seinen Part in "Gott vergibt... Django nie!" (1967) aufgeben musste, suchte Regisseur Giuseppe Colizzi einen schnellen Ersatz. Die Wahl fiel auf den damals 28-jährigen Mario Girotti. Da sein Name den Produzenten nicht so recht ins Konzept passte, sollte Girotti sich einen entsprechenden Künstlernamen zulegen. "Ich bekam eine Liste mit 20 Namen und 24 Stunden Zeit, einen davon auszuwählen. Ich entschied mich für Terence Hill", sagt der Italo-Amerikaner über diese Zeit. Sein Partner bei diesem Projekt war der Schauspieler Carlo Pedersoli, der sich als Künstlername eine Kombination aus seinem Lieblingsbier Budweiser und seinem Lieblingsschauspieler Spencer Tracy zimmerte. Heraus kam: Bud Spencer.
Abgesehen von der Produktion Hannibal (1959), in der die beiden Schauspieler Nebenrollen absolvierten, ist "Gott vergibt ... Django nie!" die erste Zusammenarbeit von Hill und Spencer. Dieser Streifen war aber noch in einer ernsteren Gangart angelegt und kam im Stile des zu dieser Zeit üblichen Spaghetti-Western daher. Der humoristische Aspekt des Hill/Spencer-Erstlingswerks ist der deutschen Nachvertonung geschuldet, die nach ihren späteren Komödien Erfolgen eingeführt wurde.
Ein "Nobody" zum Küssen und ein Hill/Spencer-Comeback zum Weinen
Die Rolle des "Nobody" im gleichnamigen Western-Klassikers aus dem Jahre 1973 ist der Part, mit dem man Hill, neben seinen Buddy-Filmen, am ehesten identifiziert. Das nach einer Idee der italienischen Filmlegende Sergio Leone konzipierte und von Regisseur Tonino Valerii inszenierte Werk ist ein Highlight seines Genres. US-Film-Ikone Henry Fonda verkörpert neben Hill den Hauptpart in "Mein Name ist Nobody". Fonda bietet hier eine zahme und freundlichere Variante seiner diabolischen Verkörperung des Bösen in Leones Western-Meilenstein "Spiel mir das Lied vom Tod" (1968). Zwei Jahre später hatte Hill in "Nobody ist der Größte" einen weiteren Auftritt in seiner wohl berühmtesten Rolle.
Terence Hill war nie ein besonders herausragender Schauspieler, aber die Art seiner Performance, zugeschnitten auf das Muster eines schlitzohrigen Westernhelden, Haudegens oder Abenteurers, hebt ihn dennoch von der Masse des Genres ab. Seine funkelnden stahlblauen Augen, sein spitzbübischer Charme (der ihm selbst bis ins hohe Alter erhalten geblieben ist) und seine sympathische lässige Art machten ihn zu einer Kino- und Video-Ikone der 70er und 80er Jahre. Terrence Hill stand für schlagkräftige, unkomplizierte und solide Prügel-Komödien.
"Die Troublemaker" markierten 1994 den Versuch, das Gespann Hill/Spencer für eine neue Generation zu etablieren. Nach fast zehnjähriger Pause war den beiden Prügel- und Sprüche-Helden von einst aber der Spaß abhandengekommen. Die Produktion, bei der Terence Hill diesmal auch Regie führte, scheiterte auf ganzer Linie. Dies war und wird wahrscheinlich auch die letzte Zusammenarbeit eines der erfolgreichsten Film-Duos aller Zeiten gewesen sein.
Das Krokodil und sein Nilpferd
Hill, der von 1943-1947 mit seiner Familie im deutschen Lommatzsch bei Dresden lebte, sieht, nach eigener Aussage, in Deutsch seine Muttersprache, die er auch heute noch fließend beherrscht. Seit 1973 lebt der Schauspieler in den USA und ist derweilen auch im Besitz der amerikanischen Staatsbürgerschaft. Welche Rollen und Genres Hill in seiner Schauspielerkarriere auch streifte, das Metier des Westerns ließ ihn nie richtig los.
Anfang der 1990er versuchte er, die belgische Comic-Serie "Lucky Luke" des Zeichners Morris erfolgreich als Realfilm zu etablieren. Leider blieb es nur beim Versuch. Auch wenn sich die Verfilmung (Pilot und acht Folgen) eng an die Geschichte des Comics hält, so gelingt es dem Venezianer nicht im Geringsten, den Zauber, die Komik und die Ironie der Vorlage einzufangen.
Nach den großen Erfolgen vergangener Tage fand Hill, abseits von der großen Leinwand, seine schauspielerische Wirkungsstätte mehr und mehr im Fernsehen. Die Serie "Don Matteo", in der er einen Pfarrer spielt, der Kriminalfälle löst, läuft seit nunmehr fast 15 Jahren im italienischen Fernsehen. Im Januar 2014 startete die neunte Staffel. Die zehnte ist schon in Planung. In "Un passo dal cielo" spielt Hill den Förster Pietro, der zurückgezogen in Südtirol, den Verlust seiner Frau beklagt. Auch hier leistet er der örtlichen Polizei Dienste bei der Verbrechensbekämpfung.
Heute wird Mario Girotti 75 Jahre alt. Den Schalk im Nacken hat "Mr. Nobody" nicht verloren. Noch immer kämpft er augenzwinkernd gegen Ganoven. Nur, dass er die Halunken im Alter nicht mehr mit einer klatschenden Backpfeife zu Boden schickt. In den Herzen seiner Fans wird er immer das Krokodil bleiben, das auf den breiten Schultern seines Nilpferdes sitzt, die Arme lässig auf ein Gewehr gelehnt, und dabei frech in die untergehende Sonne grinst.
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