8 subscriptions and 2 subscribers
Article

„Augsburg ist erwacht": Der erste Europacup-Abend des FCA - Transfermarkt

3. Teil der Serie „Augsburg ist erwacht": Der erste Europacup-Abend des FCA

In einer neuen Serie beleuchtet Thomas Hürner den Weg des FC Augsburg aus der Oberliga Bayern bis in die Europa League mit Interviews und Fanreportagen. Im dritten Teil berichtet er vom ersten Europapokal-Abend in der Vereinsgeschichte des Vereins.

Augusta Vindelicorum, das ist der römisch-antike Name von Augsburg, war einst eine der wichtigsten Städte im heutigen Europa. Von diesem Stellenwert ist der FCA auf fußballerischer Ebene zwar noch ein gutes Stück weit entfernt, allerdings ist die Zielsetzung klar: „Wir werden alles daran setzen, dass uns am Ende der Saison mehr als drei Mannschaften in Europa kennen", sagt etwa Daniel Baier. Nun stand das erste internationale Heimspiel der Vereinsgeschichte an. Zu Gast: Partizan Belgrad.

Das Drumherum

Die Partie gegen die Serben wurde von der Polizei als Risikospiel eingestuft. Dementsprechend gab es rund um das Stadtzentrum und die Arena ein massives Polizeiaufgebot, welches ob der friedlichen Atmosphäre im Vorfeld des Spiels aber etwas fehl am Platz wirkte. So freuten sich beide Fanlager auf dem Augsburger Rathausplatz neben- und teils auch miteinander auf die anstehende Europa League-Partie.

Als es Richtung Anpfiff ging, machte sich aber auch ein wenig Ernüchterung breit: So sehr hatte sich die gesamte Region auf dieses Ereignis gefreut - und dennoch blieben vereinzelt Plätze im Stadion unbesetzt. „Das lag daran, dass im Gästeblock nur etwa 800 Karten verkauft wurden", sagte FCA-Pressesprecher Dominik Schmitz. „Dort kamen dann noch einige Partizan-Fans aus dem normalen Bereich hinzu, weshalb es da voller aussah, als es eigentlich war." Da in Europa League-Spielen keine Stehplätze angeboten werden dürfen, sank das Fassungsvermögen der WWK-Arena aber ohnehin schon von 30.660 auf 26.160 Zuschauer.

Das Spiel

Trainer Markus Weinzierl musste mit Tobias Werner und Caiuby auf zwei wichtige Akteure verzichten, konnte ansonsten aber aus den Vollen schöpfen. Entgegen der offiziellen UEFA-Aufstellung agierte der FC Augsburg in einem 4-4-2, bei dem Halil Altintop leicht zurückgezogen hinter Tim Matavz stürmte. Die beiden sollten vor allem über den rechten Flügel von Raúl Bobadilla Unterstützung erhalten. Da auf der anderen Seite Dong-Won Ji den Vorzug vor Alexander Esswein bekam, blieb für den zuletzt so formstarken Offensivspieler zunächst nur ein Platz auf der Bank. In der Abwehr hielt Weinzierl am zuletzt so gescholtenen Jeong-Ho Hong fest.

Von Beginn an war der FCA die tonangebende Mannschaft und kam vor allem durch Bobadilla zu zahlreichen Chancen in der ersten Halbzeit. Gästekeeper Zivko Zivkovic vereitelte aber alles, was auf sein Tor kam, ehe sein Namensvetter Andrija Zivkovic nach einem Konter Hong umkurvte und trocken zur Führung der Serben abschloss. Auf das 19-jährige Offensivtalent (Marktwert: 4 Mio. €) soll unter anderem Borussia Dortmund ein Auge geworfen haben. Die Fuggerstädter erholten sich von dem Schock aber schnell und hatten noch vor dem Pausenpfiff durch Bobadilla die Chance auf den Ausgleich - nach einer klasse Einzelaktion im Strafraum ging dessen Schuss aber über das Tor.

Der zweite Spielabschnitt begann fulminant: Nur wenige Sekunden waren gespielt, als eine Flanke des eingewechselten Philipp Max den ebenfalls neu gekommenen Esswein fand - der vergab aber freistehend. Ähnlich erging es kurz darauf Bobadilla, der erneut nach toller Einzelleistung nicht vollstrecken konnte. Und dann kam es, wie es kommen musste: Nach einem Eckball erzielte Ji ein unglückliches Eigentor und verdoppelte so die Führung für Partizan. Zwar kam der FCA nach toller Kombination von Altintop und Bobadilla, der den Ball doch noch im gegnerischen Tor unterbringen konnte, noch zum Anschlusstreffer, das Aufbäumen sollte aber zwecklos bleiben. Als Baier nach einem Ellenbogencheck am Boden lag, spielten die Serben weiter und erzielten - wieder durch Zivkovic - den 3:1-Endstand. Auch der Platzverweis gegen Partizan-Akteur Aleksandar Subic und eine darauffolgende Augsburger Drangphase sollten am Ende nicht mehr reichen.

Die Stimmung

„Seht ihr diese Pracht, Augsburg ist erwacht" hieß es auf dem Banner der wirklich beeindruckenden Choreo. Diese hatte jedenfalls nicht zu viel versprochen, denn von Beginn an waren die FCA-Fans voll da und versuchten, ihre Mannschaft nach vorne zu peitschen. Die Rückschläge der vergangenen Wochen und auch während des Spielverlaufs waren für die Anhänger kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil: Je unglücklicher und aussichtsloser die Situation, desto lauter wurde es in der WWK-Arena. Zurückstecken? Aufgeben? Keine Spur. Dieser Funke sprang auch auf die Mannschaft über, die geradezu euphorisiert spielte und bis zuletzt an ihre Chance glaubte.

Auch die mitgereisten Partizan-Fans unterstützten ihre Mannschaft lautstark und sorgten für eine ungemein hitzige Stimmung in der gesamten Arena. Nach dem Schlusspfiff feierten beide Lager ihre Teams: Die Serben den Auswärtssieg, die FCA-Anhänger den großartigen Kampf ihrer Mannschaft. Wer bei der ersten Augsburger Europapokalnacht bis dahin keine Gänsehaut hatte, der bekam sie jetzt definitiv - denn spätestens nun war Augsburg erwacht.

Ein Ausblick

Die nackten Zahlen sind ernüchternd: Als erstes deutsches Team ist der FC Augsburg mit zwei Niederlagen in eine Europa League-Saison gestartet und ist in der Tabelle dementsprechend Letzter. Aus den bisherigen zehn Pflichtspielen konnte der FCA bislang nur einen einzigen Sieg mitnehmen. Zehn Gegentore hagelte es in den vergangenen drei Partien. Doch Zahlen sind nicht alles. Und wenn doch, dann gibt es auch welche, die Mut machen: Mit 30 Schüssen konnten die Augsburger im Spiel gegen Partizan einen neuen Rekordwert seit dem Bundesliga-Aufstieg aufstellen. Die Mannschaft spielt einen engagierten und guten Fußball, für den sie sich einfach nicht belohnt. Allerdings sind Niederlagen nicht unbedingt förderlich für das Selbstvertrauen und deshalb besteht die Gefahr, dass durch die Euro League die Abwärtsspirale schneller wird. Trainer Weinzierl muss vor allem die Konzentration der Mannschaft in den entscheidenden Spielsituationen verbessern, damit endlich wieder Zählbares eingefahren werden kann. Die grundlegenden Tugenden, um die Krise zu bewältigen, zeigen die Spieler nämlich Woche für Woche.

Stimmen aus der Mixed Zone

Markus Weinzierl: „Spiele wie heute haben wir in den letzten Wochen häufiger erlebt. Wir nutzen die Chancen nicht und machen in entscheidenden Situationen immer wieder die gleichen Fehler. Was die Fans heute aber organisiert haben, war ein tolles Erlebnis. Nur zu gerne hätten wir das auch mit Punkten gefeiert."

Daniel Baier: „Wir strotzen derzeit nicht gerade vor Selbstvertrauen, gerade nach so einem Spiel. Es geht jetzt darum, die Köpfe oben zu halten und das Positive mitzunehmen. Wir halten aber zusammen und kommen da auch zusammen wieder raus."

Markus Feulner: „Ich habe selten ein Spiel gesehen, bei dem man den Gegner so hinten reingedrückt hat und zu so vielen klaren Tormöglichkeiten kam. Es ist schlimmer, wenn man schlecht spielt und verliert. Wir spielen gut und wissen, dass wir vieles richtig machen und vor allem Kleinigkeiten verbessert werden müssen."

Marwin Hitz: „Jeder Spieler gehört zur aktuellen Situation dazu, egal ob es ums Verteidigen oder Toreschießen geht. Da nehme ich mich nicht aus. Gegen Leverkusen ist vielleicht ein Spiel, wo mal einer von uns mit Krämpfen am Boden liegt. Es ist momentan zu sehen, dass die Gegner mit Krämpfen runtergehen und wir nicht. Vielleicht ist das das Quäntchen, das fehlt."

Original